OGH 14Os131/08h

OGH14Os131/08h16.12.2008

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Dezember 2008 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp und Hon.-Prof. Dr. Schroll und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Trebuch als Schriftführer in der Strafsache gegen Gerd K***** und Dr. Edith O***** wegen Vergehen des Suchtmittelhandels nach § 28a Abs 1 und Abs 3 erster Fall SMG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung der Dr. Edith O***** gegen das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt vom 17. April 2008, GZ 12 Hv 214/07k-125, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in den Schuldsprüchen A/I/1/a, b und d sowie A/II/1 und demgemäß in dem den Angeklagten Gerd K***** betreffenden Strafausspruch und die diesen Angeklagten betreffenden Beschlüsse nach § 50 Abs 1 StGB und § 494a Abs 1 Z 2 uns Abs 6 StPO aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Eisenstadt verwiesen. Eine Entscheidung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der verstorbenen Dr. Edith O***** entfällt.

Text

Gründe:

Mt dem angefochtenen Urteil, das auch rechtskräftige Freisprüche enthält, wurden - soweit hier relevant - Gerd K***** der (Verbrechen, richtig:) Vergehen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall und Abs 3 erster Fall SMG (A/I/1/a, b und d) sowie des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall und Abs 2 SMG (A/II/1) und Dr. Edith O***** der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG (A/II/2), des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 2 WaffG (C/1) und der Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB (C/2) schuldig erkannt.

Danach hat - soweit hier relevant -

A/ Gerd K***** vorschriftswidrig Suchtgift

I/ in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge 1/ überlassen, wobei er selbst an Suchtgift gewöhnt war und die Taten vorwiegend deshalb beging, um sich für seinen persönlichen Gebrauch Suchtmittel oder Mittel zu deren Erwerb zu verschaffen, indem er Suchtgift teils gewinnbringend verkaufte und teils nicht gewinnbringend übergab, und zwar

a/ von September 2006 bis Mai 2007 in Wien an die gesondert verfolgten Joanna N***** und Philipp B***** 50 Gramm Speed und zumindest drei Stück LSD-Trips um 10 EUR pro Stück;

b/ am 19. April 2007 in Wien an den gesondert verfolgten Gerhard Ne***** fünf Gramm Cannabisharz um 40 EUR;

d/ von Anfang Oktober 2006 bis Ende November 2006 an die gesondert verfolgte Marion G***** unentgeltlich insgesamt ca 50 Gramm Kokain;

II/ erworben und besessen, und zwar

1. von einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt nach dem 8. Februar 2005 bis 18. Juli 2007 über die unter I/1 genannten Mengen hinaus ausschließlich zum persönlichen Gebrauch in zahlreichen Angriffen Kokain, LSD-Trips, Speed, Cannabiskraut und Cannabisharz zum Eigengebrauch und am 22. April 2007 in Wien insgesamt 56 Gramm Speed.

Rechtliche Beurteilung

Über die Rechtsmittel der Dr. Edith O***** ist nicht zu entscheiden, weil diese während anhängigem Rechtsmittelverfahren verstorben ist. Ihr Strafverfahren hat auf sich zu beruhen und wird vom Erstgericht zu beenden sein (RIS-Justiz RS0097073).

Aus Anlass der von Dr. Edith O***** ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde überzeugte sich der Oberste Gerichtshof, dass dem Urteil zum Nachteil des Angeklagten Gerd K***** von Amts wegen wahrzunehmende (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO) Nichtigkeit anhaftet.

Denn allein die Feststellung der Bruttomengen des laut Schuldspruch A/I/1 tatverfangenen Suchtgifts mit dem Beifügen, dass Gerd K***** durch das wiederkehrende Inverkehrsetzen verschiedener Suchtgifte insgesamt mehr als die Grenzmenge der verschiedenen Wirkstoffe anderen überlassen wollte (US 11), trägt die vorgenommene Subsumtion nicht (RIS-Justiz RS0111350). Hiezu bedarf es konkreter Konstatierungen zum Reinheitsgehalt, die dem bekämpften Urteil aber nicht zu entnehmen sind.

Da nach Aufhebung eines Schuldspruchs nach § 28a SMG wegen fehlender Feststellungen zur Beurteilung der Suchtgiftmenge als groß (§ 28b SMG) auch jene Annahmen, die einen - insoweit nicht erfolgten - Schuldspruch nach § 27 Abs 1 SMG allenfalls zu tragen vermögen, nicht bestehen bleiben, war die Kassation des gesamten Schuldspruchs A/I/1 erforderlich (RIS-Justiz RS0115884).

Im Hinblick darauf ist gemäß § 289 StPO auch in Betreff des Schuldspruchs A/II/1 mit Urteilsaufhebung und Anordnung neuer Verhandlung und Entscheidung vorzugehen, weil dessen Zulässigkeit davon abhängt, ob dem Angeklagten im zweiten Rechtsgang neuerlich eine weitere, über § 27 Abs 1 und 2 SMG hinausgehende (vgl insoweit § 35 Abs 1 iVm § 37 SMG) Straftat nach dem Suchtmittelgesetz zur Last fällt (RIS-Justiz RS0119278, RS0115884).

Die Kassation der Gerd K***** betreffenden Schuldsprüche wegen Vergehen nach dem Suchtmittelgesetz hat auch die Aufhebung des diesen Angeklagten betreffenden Strafausspruchs und der Beschlüsse nach § 50 Abs 1 StGB sowie nach § 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO zur Folge.

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