Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung wegen des Ausspruches über die Schuld werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Günther Robert B***** des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und 2 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.
Danach hat er von Frühjahr 1998 bis Februar/März 1999 in Wien ein ihm anvertrautes Gut in einem 40.000 Euro übersteigenden Wert, nämlich Geldbeträge in der Höhe von insgesamt 448.303 US $, dadurch, dass er die vom Generalunternehmer, Firma S*****, erhaltenen Geldbeträge nicht ordnungsgemäß an den ungarischen Subunternehmer, Firma T*****, weiterleitete, sondern sie für sich behielt, sich mit dem Vorsatz zugeeignet, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen diese Entscheidung gerichtete Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld war zurückzuweisen, weil ein solches Rechtsmittel gegen Urteile von Kollegialgerichten in der Strafprozessordnung nicht vorgesehen ist.
Die als Nichtigkeitsbeschwerde zu wertende Berufung wegen Nichtigkeit bezeichnet die Gründe der Z 4, 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO. Die Verfahrensrüge (Z 4) moniert die Ablehnung der gestellten Beweisanträge. In der vorliegenden Strafsache fanden am 30. Oktober 2003, am 4. März und am 8. Juli 2004 Hauptverhandlungen statt. In jeder wurde der Beschluss auf Neudurchführung gemäß § 276a StPO wegen Zeitablaufes und geänderter Senantszusammensetzung gefasst. Am 30. Oktober 2003 beantragte der Verteidiger die Vernehmung der Zeugen N. P*****, Peter A*****, Paul F***** und Robert C*****. In der Hauptverhandlung am 4. März 2004 wurde der Zeuge Peter A***** vernommen. Der Verteidiger beantragte noch die Vernehmung des Zeugen Eric N*****, Robert C*****, M. P***** und eines weiteren Mitarbeiters der CA, dessen Namen und ladungsfähige Adresse er noch bekannt geben wollte.
Der Schöffensenat wies den Antrag auf Vernehmung der Zeugen C*****, P***** und eines weiteren Mitarbeiter der CA sogleich ab. Unter anderem zur Vernehmung des Zeugen Eric N***** wurde die Hauptverhandlung vertagt.
In der am 8. Juli 2004 letztlich zum Urteil führenden und wegen geänderter Senatszusammensetzung gemäß § 276a StPO neu durchgeführten Verhandlung wurde ein von der Staatsanwaltschaft beantragter Zeuge vernommen. Dann stellte der Vorsitzende fest, dass der Zeuge Eric N***** nicht geladen werden konnte, weil dessen Aufenthalt unbekannt war.
Der Verteidiger hielt dennoch kommentarlos "die bisherigen Beweisanträge" aufrecht. Daraufhin wies ihn die Vorsitzende des Schöffengerichtes darauf hin, dass die Beweisanträge bereits in der letzten Verhandlung abgewiesen worden seien.
Die Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft nur die Abweisung der Vernehmung der Zeugen P***** und C*****.
Da in der letzten, zum Urteil führenden und daher maßgeblichen Hauptverhandlung der Verteidiger lediglich undifferenziert "die bisherigen Beweisanträge" aufrecht hielt, liegt keine eindeutige Willenserklärung dahin vor, welche Zeugen tatsächlich noch oder noch einmal vernommen werden sollten. Der Angeklagte ist daher schon aus diesem Grund zur Beschwerde nicht legitimiert.
Im Übrigen ist die Erklärung der Vorsitzenden des Schöffensenates, die Beweisanträge seien bereits in der letzten Hauptverhandlung abgewiesen worden, dahin zu verstehen, dass sie allein den Entschluss gefasst hatte, den gestellten Beweisanträgen nicht nachzukommen. Es wäre daher Sache der Verteidigung gewesen, auf eine Entscheidung des Senates hinzuwirken und sich damit die Berechtigung zur Erhebung der Nichtigkeitsbeschwerde zu sichern (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 304). Darüber hinaus wurde die Vernehmung der Zeugen P***** und C***** auch inhaltlich zurecht abgelehnt.
Der Zeuge P***** sollte beweisen, "dass sich der Angeklagte zum vereinbarten Zeitpunkt sehr wohl in der Bankfiliale aufgehalten und gewartet hat und vielmehr die Mitarbeiter oder die Geschäftsleitung von der Firma T***** nicht zum vereinbarten Zeitpunkt am vereinbarten Ort erschienen sind" (S 97/III). Bei dieser Antragstellung wurde nicht dargelegt, warum das Beweisthema für die Schuldfrage von Bedeutung ist. Soweit in diesem Zusammenhang aus dem Akt ersichtlich ist, sollte am fraglichen Tag ein Betrag von 60.000 US $ als teilweise Schadensgutmachung übergeben werden. Auch die Bezahlung dieses Betrages hätte an der Subsumtionseinheit nichts geändert und wäre dadurch ein Freispruch von der Tat nicht möglich gewesen. Das Beweisthema betraf daher keinen für die Schuld- oder Subsumtionsfrage erheblichen Umstand.
Der Zeuge C***** sollte dazu vernommen werden, dass seitens des Auftraggebers, der Firma S*****, die Weisung und der Auftrag an den Angeklagten gekommen sei, vor Ort zu sein, dh einen zweiten Wohnsitz in Budapest zu nehmen, und dass vereinbart worden sei, die Firma T***** habe für die Kosten dieses zweiten Wohnsitzes aufzukommen. Die damit behauptete Gegenforderung des Angeklagten wurde vom Verteidiger im Anschluss daran mit rund 25.000 Euro bewertet. Daraus ergibt sich, dass auch dieser Zeuge im Hinblick auf die eine Wertgrenze nicht verändernde Höhe der Gegenforderung über keine für das Verfahren relevante Tatsache vernommen werden sollte. Daher bewirkte die unterbliebene Durchführung der im Rechtsmittel bekämpften Beweise keine Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte des Angeklagten.
Einen Begründungsmangel (Z 5) erblickt der Beschwerdeführer darin, dass das Schöffengericht den Bereicherungsvorsatz lediglich unter Zitierung der verba legalia ohne weitere Begründung feststellte. Allein der Umstand, dass der Schuldspruch in sachverhaltsmäßiger Hinsicht nur mit den vom gesetzlichen Tatbestand verwendeten Worten begründet wird, beeinträchtigt die Wirksamkeit einer Tatsachenfeststellung grundsätzlich noch nicht (Ratz aaO § 281 Rz 8; 13 Os 75/93). Regelungen, an welcher Stelle des (stets in seiner Gesamtheit zu betrachtenden) Urteils die festgestellten Tatsachen anzuführen sind, kennt die Strafprozessordnung nicht (Mayerhofer StPO5 270 E 78 ff). Gleiches gilt für die in gedrängter Form abzufassende Begründung der entscheidungswesentlichen Tatsachen. Insofern übersieht der Beschwerdeführer, dass das Schöffengericht den Bereicherungsvorsatz des Angeklagten ausreichend begründete, indem es im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung in Abgrenzung zum Tatbestand des Betrugs ausführte, die Eröffnung des zweiten Kontos durch den Angeklagten sei nicht auf Täuschung der Verantwortlichen der S***** gerichtet gewesen, sondern darauf, die von der Generalunternehmerin auf dieses Konto überwiesenen Geldbeträge der Verfügungsmacht der Firma T***** zu entziehen, um auf diese Art und Weise eine unrechtmäßige Zueignung von Geldern durch nicht ordnungsgemäße Weiterleitung zu bewirken (US 6). Das Erstgericht stützte somit die Annahme des Bereicherungsvorsatzes erkennbar auf die beschriebene objektive Handlungsweise des Angeklagten. Damit genügte es seiner Begründungspflicht nach Lage des Falles, weil ein derartiger Schluss von einem gezeigten Verhalten auf ein zugrundeliegendes Wollen bei einem - wie hier - leugnenden Angeklagten in aller Regel methodisch auch gar nicht zu ersetzen ist (vgl Ratz aaO § 281 Rz 452). Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) ist nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt. Die Behauptung, im Urteil sei die subjektive Tatseite, auch betreffend den Wert des entzogenen Gutes nicht ausreichend festgestellt, übergeht die im Rahmen der Mängelrüge selbst zitierten Konstatierungen, wonach der Angeklagte sich den Betrag von 448.303 US $ mit unrechtmäßigen Bereicherungsvorsatz angeeignet hat, indem er diesen für sich behielt (S 167/III).
Soweit das Rechtsmittel unterlassene Feststellung darüber reklamiert, wie viel tatsächlich bei jeder einzelnen Transaktion von Geldern nicht weitergeleitet wurde, legt es nicht dar, warum solche im Hinblick auf § 29 StGB für die Beurteilung der Rechtsfrage entscheidend gewesen wären.
Die Beschwerde behauptet darüber hinaus einen Feststellungsmangel, "ob der Angeklagte nicht im Tatzeitpunkt über einen präsenten Deckungsfond verfügt hat". Sie unterlässt es jedoch, auf ein (im Übrigen nicht vorliegendes) Tatsachenvorbringen in der Hauptverhandlung hinzuweisen, welches die begehrten Konstatierungen erforderlich gemacht ätte (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 600). Gegenforderungen des Angeklagten wurden nicht festgestellt. Wenn dazu die Abweisung eines entsprechenden Beweisantrages eingewendet wird, ist auf die Erledigung der Verfahrensrüge zu verweisen. Im Übrigen hätte - wie erwähnt - die vom Angeklagten in der Hauptverhandlung behauptete Gegenforderung im Ausmaß von 25.000 Euro (S 97/III) keinen Einfluss auf die rechtliche Beurteilung geübt, weil sich weder an der Subsumtionseinheit etwas geändert hätte noch ein Freispruch von der Tat möglich gewesen wäre.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet, teils als nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt, dass zur Entscheidung über die Berufung und die implizierte Beschwerde der Gerichtshof zweiter Instanz zuständig ist (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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