European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0140OS00124.14P.1216.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Gabriel D***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB (I) und des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (II) schuldig erkannt.
Danach hat er am 28. Jänner 2014 in N***** Zuzana P*****
(I) mit Gewalt zur Duldung des Beischlafs genötigt, indem er sie an den Haaren erfasste, auf ein Bett warf, ihr die Unterwäsche trotz heftiger Gegenwehr auszog, ihre Hände am Rücken fixierte, ihre Beine mit Körperkraft anhob und in weiterer Folge mehrfach vaginal in sie eindrang;
(II) im Anschluss an die zu Punkt I bezeichnete Tat am Körper verletzt, indem er sie an den Haaren aus dem Bett riss, sodass sie vor ihm auf den Knien auf dem Boden landete, und ihr mit beiden Händen Schläge ins Gesicht versetzte, wodurch sie ein Hämatom am rechten Auge, Schwellungen an der rechten Schläfe, Kratzspuren rechts am Hals, Prellungen und Rötungen an beiden Knien und eine leichte Blutung am Hinterkopf erlitt.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus den Gründen der Z 3 und 4 des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht im Recht.
Die Verfahrensrüge wendet sich aus Z 3 gegen die Vorführung der Ton- und Bildaufnahme über die kontradiktorische Vernehmung der Zeugin Zuzana P*****, vermag aber einen ‑ unter diesem Aspekt allein maßgeblichen ‑ Verstoß gegen § 252 (Abs 1 Z 2a) StPO nicht darzulegen. Die Zeugin hat nämlich anlässlich ihrer kontradiktorischen Vernehmung unmissverständlich erklärt (ON 9 S 3), für den Fall einer Hauptverhandlung auf die ihr zukommende Aussagebefreiung (§ 156 Abs 1 Z 2 StPO) nicht verzichten zu wollen. Staatsanwaltschaft und Angeklagter hatten zudem Gelegenheit, sich an dieser gerichtlichen Vernehmung zu beteiligen, weshalb die Voraussetzungen für die Durchbrechung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes vorlagen.
Verfehlt im Rahmen dieses Nichtigkeitsgrundes eingewendete (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 169 f) Nichtigkeit der kontradiktorischen Vernehmung vermag der Beschwerdeführer ‑ abgesehen davon, dass er (als Voraussetzung eines erfolgreichen Vorbringens aus Z 2) gegen die Vorführung der Ton- und Bildaufnahme in der Hauptverhandlung keinen Widerspruch erhoben hat (vgl ON 23 S 27) ‑ nicht aufzuzeigen. Bleibt mit Blick auf das Argument, dem (damals noch unvertretenen) Beschwerdeführer sei die Bedeutung der kontradiktorischen Zeugenvernehmung nicht bewusst gewesen, anzumerken, dass er den Anforderungen der oberstgerichtlichen Judikatur entsprechend (vgl RIS‑Justiz RS0125706) unter Verwendung des mit Erlass des Bundesministeriums für Justiz vom 17. Februar 2012 eingeführten Formulars („Lad 55“) vom Termin dieser Beweistagsatzung verständigt (ON 1 S 3) und solcherart in einer für ihn verständlichen Weise auf den Wert, den ein zu diesem Termin beigezogener geschulter Rechtsbeistand darstellt, und das Recht, die Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers zu verlangen, hingewiesen wurde.
Auch die aus Z 4 ergriffene Verfahrensrüge scheitert. In der Hauptverhandlung beantragte der Beschwerdeführer die (nochmalige) „Ladung und Einvernahme der Zeugin Zuzana P*****, um in der Hauptverhandlung persönlich auszusagen“ (ON 23 S 26). Weshalb sich das Opfer trotz der anlässlich der kontradiktorischen Vernehmung abgegebenen gegenteiligen Erklärung zur Aussage in der Hauptverhandlung bereit finden würde, wurde bei der Antragstellung nicht dargelegt; diese war daher auf im Erkenntnisverfahren unzulässige Erkundungsbeweisführung gerichtet (RIS‑Justiz RS0117928). Dass ein konkretes (also nicht bloß spekulatives) Antragsvorbringen zur Plausibilisierung der Aussagebereitschaft des Opfers erstattet worden sei, behauptet die weitere Kritik an ‑ für den Obersten Gerichtshof als bloße Schreibfehler leicht erkennbaren (vgl Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 312) ‑ Protokollierungsfehlern nicht.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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