Spruch:
Teils in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde, teils aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in der rechtlichen Unterstellung der vom - die Angeklagten Herbert K*****, Nikolaus S***** und Franz B***** betreffenden - Schuldspruch A/I/1 umfassten Taten auch unter § 28a Abs 2 Z 2 SMG (betreffend Nikolaus S***** und Franz B*****) und § 28a Abs 2 Z 1, Abs 4 Z 1 SMG (betreffend Herbert K*****) sowie demzufolge auch in den Strafaussprüchen zu diesen Angeklagten aufgehoben und die Sache insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.
Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen. Mit seiner Berufung wird Herbert K***** auf diese Entscheidung verwiesen.
Ihm fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden - soweit für die Entscheidung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die amtswegige Maßnahme von Bedeutung - Herbert K***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 1 und Abs 4 Z 1 SMG (A/I/1/a und b), Nikolaus S***** und Franz B***** jeweils der Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 2 SMG (A/I/1/b und c; A/I/1/d) schuldig erkannt.
Danach haben sie
A. vorschriftswidrig Suchtgift
I in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge als Mitglied einer kriminellen Vereinigung
1. anderen überlassen, und zwar
a. Herbert K***** von Anfang 2008 bis 23. Oktober 2008 in W***** und anderen Orten einer nicht bekannten Person 2,5 Gramm Kokain (aa) sowie Doris Sch***** und Barbara H***** geringe Mengen an Kokain unentgeltlich (bb);
b. Herbert K***** und Nikolaus S***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB) am 3. und 23. Oktober 2008 in G***** einem verdeckten Ermittler des Bundesministeriums für Inneres insgesamt 128,6 Gramm Kokain mit einer Reinsubstanz von 97 Gramm Kokain in zwei Angriffen;
c. Nikolaus S***** von 2007 bis 23. Oktober 2008 in G***** und an anderen Orten eine nicht mehr feststellbare Menge an Kokain und Cannabiskraut mehreren Abnehmern;
d. Franz B***** in Mödling, indem er am 3. und 23. Oktober 2008 insgesamt 118,6 Gramm Kokain mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 90 Gramm Kokain Herbert K***** gewinnbringend verkaufte. Dagegen richtet sich die aus den Gründen der Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Herbert K*****.
Rechtliche Beurteilung
Vorweg ist anzumerken, dass die Beschwerde auf eine Aufhebung des gesamten - den Beschwerdeführer teilweise gar nicht betreffenden - Schuldspruchs (zu ergänzen: A/) I abzielt, inhaltlich aber nur die Annahmegewerbsmäßiger Begehung und Begehung als Mitglied einer kriminellen Vereinigung und damit die Unterstellung (auch) unter § 28a Abs 2 Z 1 und Abs 4 Z 1 SMG bekämpft, weshalb sie im darüber hinausgehenden Umfang teils zufolge fehlender Rechtsmittellegitimation, teils mangels deutlicher und bestimmter Bezeichnung von angeblich Nichtigkeit bewirkenden Umständen, zurückzuweisen war (§ 285d iVm § 285a Z 1 und 2 StPO). Im Übrigen kommt der Nichtigkeitsbeschwerde Berechtigung zu. Sie weist zunächst zutreffend darauf hin, dass dem Urteilsspruch A/I/a und b (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) keinerlei für die Heranziehung der Qualifikation nach § 28a Abs 2 Z 1 SMG maßgebliche Tatumstände entnommen werden können, denen zufolge der Angeklagte die Taten gewerbsmäßig beging, womit das Urteil mit dem der Sache nach geltend gemachten formellen Nichtigkeitsgrund nach Z 3 behaftet ist (vgl zu Ganzen: Lendl in WK-StPO § 260 Rz 11 f, 19 und 21; Ratz in WK-StPO § 281 Rz 282 und 285).
Dazu kommt, dass die Konstatierungen zur Gewerbsmäßigkeit in den Entscheidungsgründen (US 12), die fehlende Aufnahme der den Strafsatz bedingenden Umstände in den Tenor des Urteils übrigens nicht ersetzen können (RIS-Justiz RS0098918, RS0098414), offenbar unzureichend begründet iSd Z 5 vierter Fall sind, was die Beschwerde ebenfalls mit Recht kritisiert.
Die Mängelrüge kritisiert die Feststellungen zur Gewerbsmäßigkeit (§ 28a Abs 2 Z 1 SMG) zutreffend als offenbar unzureichend begründet (Z 5 vierter Fall). Der lapidare Verweis auf „wiederholte Verkäufe auch mit Gewinnaufschlägen" (US 16) vermag den Schluss auf die Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung gleichartiger Taten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (§ 70 StGB), für sich alleine schon deshalb nicht zu rechtfertigen, weil dem Beschwerdeführer nach den Entscheidungsgründen - neben der unentgeltlichen Überlassung geringer Suchtgiftmengen an drei, teils namentlich genannte, teils unbekannt gebliebene Abnehmer - bloß eine „Übergabe" von 10 Gramm und einmaliger Verkauf von 120 Gramm Kokain (die Überlassung von „insgesamt 128,6 Gramm Kokain in zwei Angriffen") an einen verdeckten Ermittler des Innenministeriums zur Last gelegt wurde (US 2 und 13 f).
Für die Subsumtion unter § 28a Abs 4 Z 1 SMG und damit auch die - Nikolaus S***** und Franz B***** betreffende - rechtliche Unterstellung unter Abs 2 Z 2 leg cit) fehlen hinwieder Feststellungen zum Tatbestandsmerkmal einer kriminellen Vereinigung (§ 278 Abs 2 StGB), worauf die Subsumtionsrüge (Z 10) im Ergebnis zu Recht hinweist.
Die Urteilsannahme, wonach die Angeklagten „im Herbst 2008" übereinkamen, „größere Mengen an Kokain in Österreich zu verkaufen, um sich ein Zusatzeinkommen zu verschaffen", im Verein mit der anschließenden Beschreibung der „Arbeitsteilung" bloß in Bezug auf die am 23. Oktober 2008 durchgeführte Suchtgiftübergabe an einen verdeckten Ermittler des Innenministeriums (US 11 f), reichen schon mangels jeglicher Feststellungen zum zeitlichen Element des Zusammenschlusses (vgl Plöchl in WK² § 278 Rz 8 mwN; 13 Os 24/05m [zum insoweit vergleichbaren Fall des § 278a StGB]; 13 Os 83/08t) nicht für die rechtliche Beurteilung aus, ob tatsächlich eine kriminelle Vereinigung vorlag oder ob sich die Angeklagten bloß spontan zur alsbaldigen Verwirklichung einer konkreten Straftat als Mit- oder Beitragstäter zusammenschlossen, woran auch die solcherart substratlose Verwendung der verba legalia („längere Zeit") bei Beschreibung der subjektiven Tatseite (US 12) nichts zu ändern vermag. Die im Rahmen der Beweiswürdigung in diesem Zusammenhang angestellten Erwägungen zu „laufenden Anboten, die Nikolaus S***** und Herbert K***** dem verdeckten Ermittler unterbreiteten" (US 16), finden im Übrigen in den Feststellungen keine Deckung. In Betreff der von den Schuldsprüchen A/I/1/a (Herbert K*****) und A/I/1/c (Nikolaus S*****) umfassten Taten, die teilweise nach der „Übereinkunft" der Angeklagten stattfanden, wurden keinerlei Feststellungen für die Annahme der Begehung als Mitglied einer kriminellen Vereinigung getroffen.
Letztlich setzt sowohl die Subsumtion unter § 28a Abs 2 Z 1 SMG als auch jene unter Abs 4 Z 1 leg cit voraus, dass der Täter „schon einmal wegen einer Straftat nach Abs 1 verurteilt wurde", wofür die Entscheidungsgründe, die bloß von dreimaliger „einschlägiger Verurteilung nach dem Suchtmittelgesetz" des Herbert K***** ausgehen (US 10), ebenfalls keine ausreichenden Konstatierungen enthalten (vgl aber ON 9; zur Heranziehung einer Verurteilung nach dem SMG idF vor BGBl I 2007/110: 13 Os 151/07s).
Dies führt zur Aufhebung der Subsumtion der vom Schuldspruch A/I umfassten Taten in Betreff des Angeklagten Herbert K***** auch unter § 28a Abs 2 Z 1 und Abs 4 Z 1 SMG und hinsichtlich der Angeklagten Nikolaus S***** und Franz B***** jeweils auch unter § 28a Abs 2 Z 2 SMG, in Ansehung letzterer, die keine Nichtigkeitsbeschwerde erhoben haben, in Anwendung des § 290 Abs 1 zweiter Satz (zweiter Fall) StPO. Das weitere alleine gegen die Annahme der Begehung als Mitglied einer kriminellen Vereinigung gerichtete Beschwerdevorbringen kann daher auf sich beruhen.
Mit seiner Berufung war Herbert K***** auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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