European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0140OS00001.15A.0303.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Goga G***** des Verbrechens des gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1 und Z 2, 130 dritter und vierter Fall, 15 StGB (A) und zweier Vergehen der Annahme, Weitergabe oder des Besitzes falscher oder verfälschter besonders geschützter Urkunden nach § 224a StGB (B) schuldig erkannt.
Danach hat er
(A) mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von schweren (§ 128 Abs 1 Z 4 StGB) und durch Einbruch (§ 129 Z 1 und Z 2 StGB) begangenen Diebstählen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, Nachgenannten durch Einsteigen durch ein Fenster (I), Aufzwängen eines Schlosses (II) und einer Türe (III) sowie Aufschneiden von Tresoren mittels eines Winkelschleifers (I, II und III) und Aufbrechen einer Handkassa (II), sohin durch Einbruch in Gebäude und Aufbrechen von Behältnissen, Bargeld in jeweils 3.000 Euro, insgesamt 50.000 Euro übersteigender Höhe weggenommen (I/a, II/, III/a) und durch versuchtes Aufschneiden von Tresoren weiteres Bargeld wegzunehmen versucht (I/b und III/b), und zwar
I) am 22. Februar 2014 in G***** im einverständlichen Zusammenwirken (zumindest) mit dem abgesondert verfolgten Mittäter Givi P***** Gewahrsamsträgern der A***** GmbH 19.210,18 Euro;
II) zwischen 10. und 11. Mai 2014 in P***** im einverständlichen Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten Mittäter Anton K***** Gewahrsamsträgern der M***** GmbH (AD*****) 2.900 Euro;
III) zwischen 17. und 18. Mai 2014 in H***** im einverständlichen Zusammenwirken mit den abgesondert verfolgten Mittätern Anton K*****, Shalva Go***** und Edgar N***** Gewahrsamsträgern der A***** GmbH 31.035,16 Euro;
(B) in einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitraum bis zum 18. Mai 2014 in W***** falsche besonders geschützte Urkunden (§ 224 StGB), nämlich zwei im Urteil näher umschriebene litauische Führerscheine, mit dem Vorsatz, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden, durch Aufbewahrung in seiner Wohnung zwecks künftiger Verwendung sonst besessen.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus den Gründen der Z 4, 5, 5a und 9 lit a StPO des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel.
Die Verfahrensrüge (Z 4), die sich gegen die Abweisung eines Antrags „auf Anfrage beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in W*****, … betreffend die Ausforschung vom Zeugen Givi P***** … namentlich genannter Personen“, richtet, der angeblich „in der Hauptverhandlung am 26. November 2014“ zum Nachweis dafür gestellt wurde, dass der Beschwerdeführer ‑ entsprechend seiner insoweit leugnenden Verantwortung und den Angaben des genannten Zeugen (nach der er den Angeklagten nicht kenne und den Einbruchsdiebstahl vom 22. Februar 2014 in G***** [Schuldspruch I/A/I] ausschließlich mit anderen Mittätern, nämlich eben den auszuforschenden georgischen Staatsangehörigen, verübte) ‑ „nichts“ mit der dem Schuldspruch I/A/I zugrunde liegenden Tat „zu tun hatte“, scheitert schon daran, dass sie die ‑ bei (wie hier) umfangreichem Aktenmaterial stets gebotene ‑ Bezeichnung der Fundstellen des Beweisbegehrens unterlässt (RIS-Justiz RS0124172).
Der Beweisantrag wurde im Übrigen zu Recht abgewiesen. Abgesehen davon, dass er offen ließ, inwiefern aus einer (ausschließlich beantragten) Behördenauskunft Rückschlüsse auf die Täterschaft des Angeklagten möglich sein sollten, unterblieben nämlich erforderliche Ausführungen dazu, warum die begehrte Beweisaufnahme ‑ ungeachtet der Depositionen des Zeugen Michael H***** zu den diesbezüglichen erfolglosen umfangreichen (eine Anfrage im zentralen, österreichweit geltenden Fremdenregister inkludierenden) Erhebungen im In- und Ausland das (der Sache nach) behauptete Ergebnis (nämlich die Ausforschung der genannten Personen und eine [durch deren spätere Vernehmung bewirkte] Entlastung des Beschwerdeführers zu I/A/I) erwarten ließ, sodass er auf eine im Erkenntnisverfahren unzulässige Erkundungsbeweisführung abzielte (RIS-Justiz RS0118444; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 327, 330).
Entgegen dem Einwand von Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) haben sich die Tatrichter sowohl mit den ‑ den Beschwerdeführer hinsichtlich der Einbruchsdiebstähle zu den Schuldsprüchen I/A/I und I/A/II (in der Beschwerde ersichtlich irrig als „Urteilsfaktum III“ bezeichnet) entlastenden ‑ Angaben der abgesondert verfolgten Mittäter Givi P***** und Anton K***** (US 14 f und 17), als auch mit jenen des Zeugen Temur T***** in der Hauptverhandlung (US 11) auseinandergesetzt und ausführlich dargelegt, aus welchen Gründen sie dennoch von einer Täterschaft des Angeklagten ausgingen (US 12 ff).
Die Ableitung der diesbezüglichen Feststellungen aus einer vernetzten Betrachtung einer Reihe von Indizien (den Ergebnissen der Auskunft über Daten einer Nachrichtenübermittlung bezüglich des Mobiltelefons des Goga G*****, dem Umstand, dass das ‑ nach den ursprünglichen, als glaubwürdig erachteten Angaben des Zeugen Temur T***** ‑ nur von Goga G***** benutzte Navigationsgerät zur Tatzeit in der Nähe des Tatorts zum Schuldspruch I/A/II eingeloggt war, und dem modus operandi [samt gezielter Auswahl jeweils von Einkaufsmärkten als Tatobjekte], der jenem beim Einbruchsdiebstahl vom 17. Mai 2014 [Schuldspruch I/A/III], zu dem sich der Beschwerdeführer geständig verantwortet hatte, exakt entsprach, im Verein mit der darin zum Ausdruck gekommenen professionellen Vorgangsweise der Täter; US 12, 18) begegnet ‑ dem Beschwerdeeinwand bloßer „Vermutungen zu Lasten des Angeklagten“ zuwider ‑ unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit (Z 5 vierter Fall) keinen Bedenken.
Mit dem Hinweis auf fehlende „objektive“ oder „konkrete“ Beweisergebnisse und „Nachweise“ wird einerseits verkannt, dass eine logisch zwingende Begründung nicht erforderlich ist, sondern ‑ wenn sie wie hier logisch, somit vertretbar sind ‑ auch Wahrscheinlichkeitsschlüsse das Gericht nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung zu Tatsachenfeststellungen berechtigen, und andererseits übersehen, dass auch Indizienbeweise zulässig sind (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 449, 452; RIS-Justiz RS0098471, RS0098249 [T2]). Dass die Überlegungen der Tatrichter den Beschwerdeführer nicht überzeugen oder aus den aufgenommenen Beweisen auch andere, für ihn günstigere Schlüsse möglich gewesen wären, als jene des Erstgerichts stellt einen Begründungsmangel im Sinn der Z 5 vierter Fall nicht her (Ratz, WK‑StPO §§ 444 ff; für viele: RIS-Justiz RS0099455).
Die Berufung auf den Zweifelsgrundsatz (in dubio pro reo) behauptet ebenfalls keinen der von der Z 5 bezeichneten Fehler (RIS‑Justiz RS0117445).
Soweit die Mängelrüge den Vorwurf offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) auch hinsichtlich der Annahme von Mittäterschaft (§ 12 erster Fall StGB) anstatt bloßer Beitragshandlungen (in Form von „Aufpasserdiensten“; § 12 dritter Fall StGB) des Angeklagten bei den von den Schuldsprüchen I/A/I und I/A/II umfassten Einbrüchen erhebt, spricht sie ‑ angesichts der rechtlichen Gleichwertigkeit der Täterschaftsformen des § 12 StGB ‑ keine für die Lösung der Schuld- oder der Subsumtionsfrage entscheidenden Tatsachen an (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 398 und 646; RIS-Justiz RS0117604, RS0013731, RS0089835).
Der formelle Nichtigkeitsgrund der Z 5a greift seinem Wesen nach erst dann, wenn aktenkundige Beweisergebnisse vorliegen, die nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen. Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der
Überzeugungskraft von Beweisergebnissen ‑ wie sie die Berufung wegen Schuld des Einzelrichterverfahrens einräumt ‑ wird dadurch nicht eröffnet (RIS-Justiz RS0119583; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 470 ff).
Diesen Anfechtungsrahmen verlässt die ‑ gleichfalls gegen die Schuldsprüche I/A/I und I/A/II gerichtete Tatsachenrüge, indem sie die vom Schöffengericht umfassend gewürdigten Verfahrensergebnisse (US 12 ff), nämlich die Verantwortung des Angeklagten, die Bekundungen der abgesondert verfolgten Mittäter Givi P***** und Anton K*****, die Aussagen der Zeugen Nana Ge*****, Alexandre M*****, Nikolos Ku*****, Merab M*****, Temur T***** und Thomas Pu***** sowie die Ergebnisse der Auskunft über Daten einer Nachrichtenübermittlung, einer eigenständigen Bewertung unterzieht, davon ausgehend einen eigenen urteilsfremden Sachverhalt konstruiert und abermals auf den Zweifelsgrundsatz (§ 14 zweiter Halbsatz StPO) hinweist. Sie erschöpft sich solcherart darin, unzulässig die Beweiswürdigung des Erstgerichts (vgl US 12 ff, 14, 16 ff) in Zweifel zu ziehen.
Weshalb in Bezug auf die Konstatierungen zur subjektiven Tatseite zum Schuldspruch (richtig:) B der Gebrauch von verba legalia - unter konkretem, von der Beschwerde übergangenen Sachverhaltsbezug (US 8 f) ‑ als Tatsachengrundlage für die vorgenommene Subsumtion ungenügend sein soll und welcher darüber hinausgehenden Feststellungen es bedurft hätte, lässt die Rechtsrüge (Z 9 lit a) offen (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 584; RIS-Justiz RS0099620, RS0095939).
Soweit mit dem Vorbringen erneut offenbar unzureichende Begründung auch der diesbezüglichen Konstatierungen moniert werden soll (Z 5 vierter Fall), stellt sie den hiezu angestellten - logisch und empirisch einwandfreien (vgl dazu auch Ratz, WK-StPO § 281 Rz 452) ‑ Erwägungen des Erstgerichts (US 17 f) erneut bloß eigene Auffassungen und Schlussfolgerungen gegenüber und bekämpft damit ein weiteres Mal die Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufung und der (implizit ergriffenen) Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).
Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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