Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 2.829,75 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin sind S 257,25 an Umsatzsteuer enthalten) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger begehrt vom Beklagten die Zahlung eines Betrages von insgesamt S 28.742 brutto sA. Davon entfallen S 16.742 auf (näher aufgeschlüsseltes) rückständiges Entgelt für die Monate November und Dezember 1984 sowie März 1985 und weitere S 12.000 auf Urlaubsentschädigung.
Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die Parteien hätten in dem von ihnen abgeschlossenen Arbeitsvertrag vereinbart, daß der Kläger nur für tatsächlich geleistete Arbeitsstunden ein Arbeitsentgelt erhalten solle. Der Stundenlohn sei auf der Basis einer "Gesamtbruttomonatslohnsumme" von S 12.000 berechnet worden. Auf Grund dieser Vereinbarung sei der Kläger für alle Arbeiten voll entlohnt worden. Der Beklagte wendete ferner eine Gegenforderung in der Höhe von S 10.356 brutto ein; um diesen Betrag habe der Kläger fallweise ein das Monatsbruttogehalt von S 12.000 übersteigendes Entgelt erhalten. Der Kläger habe sich überdies "in der freien Zeit Geld erspart oder es verabsäumt, solches zu verdienen."
Der Kläger bestritt dieses Vorbringen. Die eingeklagten Entgeltbeträge seien die Differenz zwischen dem vereinbarten Monatslohn von S 12.000 und dem tatsächlich ausgezahlten Entgelt. Der Kläger sei immer arbeitsbereit gewesen, doch habe der Beklagte dem Kläger infolge Arbeitsmangels weniger Arbeit zugeteilt, als es der normalen Arbeitszeit entsprochen hätte. Die das Monatsentgelt von S 12.000 fallweise übersteigenden Entgeltbeträge seien auf Zuschläge für Nachtarbeit und auf Überstundenentgelt entfallen. Das Erstgericht erkannte die Klagsforderung mit dem Betrag von S 26.075 brutto sA als zu Recht und die Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend; es sprach dem Kläger daher den vorgenannten Teilbetrag zu und wies das Mehrbegehren von S 2.667 brutto sA ab. Es traf folgende wesentliche Feststellungen:
Der Beklagte betreibt "im Rahmen einer Gesellschaft nach bürgerlichem Recht" ein Personalleasing-Unternehmen. Mit schriftlichem Arbeitsvertrag vom 27. Juli 1984 vereinbarte er als Arbeitgeber mit dem Kläger ein Arbeitsverhältnis für die Zeit vom 30. Juli 1984 bis 31. Dezember 1984. Er besprach mit dem Kläger die Zahlung des Monatslohnes, die Vertragsdauer, die Kündigungsfrist sowie die Errechnung des Stundenlohnes auf der Basis des vereinbarten Monatslohnes. Er teilte dem Kläger ferner mit, daß dieser ihm Leistungsabrechnungen der Beschäftiger bringen müsse, weil er sonst kein Entgelt erhalte.
Im Vertrag sind ua folgende Bestimmungen enthalten:
"Gesamt-Brutto-Monatslohn: öS 12.000 .... Die Entlohnung erfolgt
nach den geleisteten Arbeitsstunden laut Stundenabrechnungen
(Leistungsabrechnungen) .... In den jeweiligen abgerechneten Bezügen
sind ... die Urlaubsentschädigung bzw. Urlaubsabfindung ...
enthalten."
Am 2. Jänner 1985 vereinbarten die Prozeßparteien ein neues Arbeitsverhältnis zu unveränderten Bedingungen für die Zeit vom 2. Jänner bis 30. April 1985. Dieses Arbeitsverhältnis beendete der Kläger durch Kündigung zum 31. März 1985.
Der Kläger arbeitete auf Baustellen und übermittelte dem Beklagten wöchentlich die Leistungsabrechnungen der Beschäftiger. Nach diesen Leistungsabrechnungen wurde er "ordnungsgemäß" abgerechnet. In den Monaten November und Dezember 1984 sowie im März 1985 erhielt aber der Kläger insgesamt um den Betrag von S 16.742 weniger, als es dem Monatslohn von S 12.000 in dieser Zeit entsprochen hätte. In den übrigen Monaten seines Arbeitsverhältnisses erhielt er infolge Überstunden und Nachtarbeit jeweils höhere Entgeltbeträge ausgezahlt. Die vorerwähnten Minderbeträge waren dadurch bedingt, daß die Beschäftiger zum Teil an Freitagen nicht arbeiteten oder die Dienste der ihnen vom Beklagten überlassenen Arbeitnehmer nicht in Anspruch nahmen. Außerdem hatte der Beklagte, wenn ein Auftrag eines Beschäftigers beendet war, nicht immer gleich einen neuen Auftrag. Der Kläger wurde vom Beklagten dann aufgefordert, laufend bei ihm anzurufen und sich zu erkundigen, ob er Arbeit für ihn habe. Der Kläger ist diesen Aufträgen nachgekommen. Er hat beim Beklagten keinen Urlaub verbraucht.
Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, der Arbeitsvertrag sei über das Arbeitsentgelt unklar und widersprüchlich. Auf Grund der somit anzuwendenden Unklarheitenregelung des § 915 ABGB sei der vom Beklagten verfaßte Vertrag in diesem Punkt zu seinem Nachteil auszulegen und es sei von einem ohne Rücksicht auf tatsächlich geleistete Arbeit gebührenden Mindestlohn von S 12.000 pro Monat auszugehen. Die Vertragsbestimmung, wonach Urlaubsentschädigung und Urlaubsabfindung im vereinbarten Lohn enthalten seien, sei gemäß den §§ 7 und 12 UrlG unwirksam. Da der Kläger selbst gekündigt habe und das Arbeitsverhältnis noch nicht sechs Monate gedauert habe - unzulässige Kettenarbeitsverträge seien nicht vorgelegen -, stehe dem Kläger nicht ein Anspruch auf Urlaubsentschädigung, sondern nur ein solcher auf Urlaubsabfindung zu. Die Gegenforderung bestehe nicht zu Recht, weil dem Kläger der den Monatslohn übersteigende Betrag für Mehrarbeit zugestanden sei. Das Berufungsgericht bestätigte den dem Klagebegehren stattgebenden Teil dieser Entscheidung und änderte sie im übrigen dahin ab, daß es dem Kläger auch den abgewiesenen Teilbetrag zusprach. Es führte das Verfahren gemäß § 25 Abs 1 Z 3 ArbGG neu durch und traf die gleichen Feststellungen wie das Erstgericht.
Ergänzend stellte es fest:
Der Kläger war während der Zeit seiner Beschäftigung stets arbeitsbereit. Soweit seine tatsächliche Beschäftigung die Normalarbeitszeit von 40 Wochenstunden nicht erreichte, war dies auf die Unterlassung der Zuweisung von Arbeit durch den Beklagten zurückzuführen.
Das Berufungsgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß die Vereinbarung, wonach dem Kläger kein Entgeltanspruch zustehe, wenn ihm keine Arbeit zugewiesen werde obwohl er arbeitsbereit sei, infolge der darin zu erblickenden Überwälzung des Unternehmerrisikos des Beklagten auf den Kläger sittenwidrig sei. Da der Beklagte auf diese Weise Arbeitskräfte lediglich vermittle, verstoße er gegen den § 9 AMFG. Gegenstand des Arbeitsvertrages sei nicht die jeweils geschuldete Arbeitsleistung, sondern die Bereitschaft des Arbeitnehmers, dem Arbeitgeber die Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen. Ob der Beklagte dann von dieser Arbeitskraft Gebrauch mache und sie einsetze, sei für das Bestehen des Entgeltanspruchs bedeutungslos. Der Kläger habe daher Anspruch auf den vollen Monatslohn. Da die beiden befristeten Arbeitsverträge unzulässige Kettenarbeitsverträge seien, stehe dem Kläger der geltend gemachte Anspruch auf Urlaubsentschädigung und nicht bloß ein solcher auf Urlaubsabfindung zu.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Beklagten aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung. Beantragt wird die Abänderung des Berufungsurteils dahin, daß "das Klagebegehren zur Gänze, jedenfalls was den Zuspruch der restlichen Lohnforderung für November, Dezember 1984 und März 1985 betrifft, abgewiesen werde". Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Vorauszuschicken ist, daß der Beklagte die Revision in dem die Urlaubsentschädigung betreffenden Punkt nicht gesetzmäßig ausgeführt hat. Der einzige Hinweis auf seine Ausführungen in der Berufungsschrift und in der Berufungsbeantwortung - ohne auch nur mit einem Wort auf die Ausführungen des Berufungsgerichts in diesem Punkt einzugehen - entspricht nicht der Vorschrift des § 506 ZPO und muß daher unberücksichtigt bleiben (EvBl 1951/474; SZ 33/89; Arb 8562 uva). Dieser Mangel betrifft den Inhalt und nicht die Form, sodaß er auch nicht im Sinne des § 84 ZPO verbesserungsfähig ist (6 Ob 580/85 ua). Aus diesem Grund ist die Urlaubsentschädigung daher kein Gegenstand des Revisionsverfahrens. Das gleiche gilt für die Gegenforderung.
Einen Verfahrensmangel erblickt der Beklagte in der Unterlassung der Vernehmung der Parteien über den Einwand des Beklagten, der Kläger habe sich in seiner freien Zeit (also wenn er keine Arbeitsaufträge hatte) Geld erspart oder es verabsäumt, solches zu verdienen. Eine Vernehmung der Parteien zu diesem Beweisthema erübrigte sich jedoch wegen mangelnder Entscheidungsrelevanz. Dieser Behauptung des Beklagten liegt die Rechtsauffassung zugrunde, der Kläger müsse sich gemäß dem § 1155 ABGB anrechnen lassen, was er infolge Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung erworben oder zu erwerben absichtlich versäumt habe. Der Beklagte hat es jedoch unterlassen, den Anrechnungseinwand zu konkretisieren. Er hat weder behauptet, was sich der Kläger erspart (das in der Revision dazu erstattete Vorbringen über Fahrt- und Verpflegungskosten verstößt gegen das Neuerungsverbot des § 504 Abs 2 ZPO) noch welchen Erwerb er absichtlich versäumt habe. Da der Kläger jeweils nur kurzfristig keine Arbeitsaufträge erhielt, wäre es ihm schon aus diesem Grund kaum möglich gewesen, einem anderweitigen Erwerb in dieser noch dazu nicht vorhersehbaren Zeit nachzugehen.
Der Einwand der Aktenwidrigkeit ist ebenfalls nicht berechtigt.
Die vom Beklagten in diesem Zusammenhang beanstandete Feststellung
des Berufungsgerichts, der Kläger sei während der Zeit seiner
Beschäftigung beim Beklagten stets arbeitsbereit gewesen, wird durch
die Parteiaussage des Klägers gedeckt. Im übrigen verwechselt der
Beklagte die Bedeutung dieser Feststellung mit dem dem
Arbeitszeitrecht angehörenden Begriff der "Arbeitsbereitschaft" als
qualitativ minderer Form der Erfüllung der Arbeitsverpflichtung (vgl
Arb 8254; Schwarz - Löschnigg, Arbeitsrecht 2 241 f). Die vom
Beklagten beanstandete Feststellung trifft lediglich eine Aussage
darüber, daß der Kläger im Sinne des § 1155 ABGB zur Leistung bereit
war, so daß deren Unterlassung nicht in seine Sphäre fiel und er sie
nicht zu vertreten hat.
In der Rechtsrüge hält der Beklagte seine Auffassung aufrecht,
die - abdingbare - Bestimmung des § 1155 ABGB komme auf den Kläger
nicht zur Anwendung, weil im Arbeitsvertrag eine Entgeltpflicht des Beklagten ausdrücklich auf das Ausmaß der vom Kläger tatsächlich erbrachten Arbeitsleistungen beschränkt worden sei. Dieser Meinung kann, soweit der Beklagte daraus abzuleiten versucht, er sei zur Zahlung des vollen Monatslohnes nicht verpflichtet, soweit der Kläger nicht während der vollen Normalarbeitszeit gearbeitet habe, nicht zugestimmt werden. Richtig ist zwar, daß die Bestimmung des § 1155 ABGB mangels Anführung im § 1164 ABGB nicht zwingend ist und daher im allgemeinen abgedungen werden kann. Richtig ist auch, daß die Parteien eine derartige Abdingung in ihrem Arbeitsvertrag dadurch vorgenommen haben, daß sie die Entgeltpflicht des Beklagten auf das Ausmaß der vom Kläger tatsächlich erbrachten Arbeitsleistungen beschränkt haben.
Diese Vereinbarung verstößt jedoch, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, gegen ein gesetzliches Verbot und ist daher nichtig (§ 879 Abs 1 ABGB).
Gegenstand des Arbeitsvertrages der Parteien war eine sogenannte Arbeitnehmerüberlassung. Der Kläger wurde auf Grund des von ihm mit dem Beklagten abgeschlossenen Arbeitsvertrages dritten Personen, den sogenannten Beschäftigern, überlassen. Er war verpflichtet, für sie Arbeitsleistungen zu erbringen. Der Beklagte blieb aber weiterhin Arbeitgeber und war zur Entgeltzahlung verpflichtet. Eine solche Arbeitnehmerüberlassung ist grundsätzlich erlaubt, muß jedoch von der gemäß dem § 9 Abs 4 AMFG verbotenen Arbeitsvermittlung streng unterschieden werden. Arbeitsvermittlung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist gemäß dessen § 9 Abs 1 jede Tätigkeit, die darauf gerichtet ist, Arbeitssuchende mit Arbeitgebern zur Begründung von Arbeitsverhältnissen .... zusammenzuführen, es sei denn, daß diese Tätigkeit nur gelegentlich und unentgeltlich und nur auf Einzelfälle beschränkt ausgeübt wird. Gemäß dem § 9 Abs 4 AMFG gilt als Tätigkeit im Sinne des Abs 1 des weiteren auch die Zurverfügungstellung von Arbeitskräften an Dritte, sofern demjenigen, der die Arbeitskräfte zur Verfügung stellt, diesen gegenüber arbeitgeberähnliche Befugnisse zukommen, ohne daß er entsprechende Pflichten, insbesondere das wirtschaftliche Wagnis, auf längere Dauer und unabhängig davon übernimmt, ob eine Beschäftigung nachgewiesen werden kann.
Wenn nun der Arbeitgeber zur Arbeitnehmerüberlassung in Abweichung vom § 1155 ABGB mit dem Arbeitnehmer vereinbart, daß seine Entgeltpflicht bei aufrechtem Arbeitsverhältnis auf jene Zeiten beschränkt ist, in denen der Arbeitnehmer in einem Betrieb des Dritten, des Beschäftigers, arbeitet, trägt der überlassende Arbeitgeber nicht mehr das ihm durch den § 9 Abs 4 AMFG auferlegte wirtschaftliche Wagnis. Zu diesem Wagnis gehört nämlich, daß der Überlasser des Arbeitnehmers das Entgelt auch dann weiterzahlt, wenn er während des Arbeitsverhältnisses für diesen Arbeitnehmer keine Beschäftigungsmöglichkeit hat. Der Überlasser kann daher von der Möglicheit der Abdingung des § 1155 ABGB nicht rechtswirksam Gebrauch machen. Geschieht dies dennoch, liegt eine unerlaubte Arbeitsvermittlung vor (Geppert, Die gewerbsmäßig betriebene Arbeitskräfteüberlassung im Spannungsfeld von Verbot und Neuordnung, 84 f; Wachter, Gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung und Arbeitsvermittlung, ZAS 1974, 163, 166; Schwarz - Löschnigg, Arbeitsrecht 2 , 138; Schnorr, Die gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung, 14 ff).
Auf der Grundlage dieser Rechtsausführungen verstößt die Vereinbarung der Parteien, die Entlohnung erfolge (nur) nach den geleisteten Arbeitsstunden laut Stundenverrechnungen und der Kläger erhalte seinen Lohn nur für tatsächlich geleistete Arbeitsstunden, gegen den § 9 Abs 4 AMFG, weil damit das den Beklagten als Überlasser treffende wirtschaftliche Wagnis ausgeschlossen und wenigstens zum Teil auf den Kläger als zu überlassenden Arbeitnehmer überwälzt wurde. Es liegt somit geradezu der typische Fall der vom Gesetzgeber verbotenen Stellenvermittlung im Sinne der obigen Ausführungen vor. Der Arbeitsvertrag ist insoweit, nämlich als es der Zweck des sich auf die Abbedingung des § 1155 ABGB erstreckenden Verbotes erfordert, gemäß dem § 879 Abs 1 ABGB teil-nichtig. Daraus folgt, daß der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger das Arbeitsentgelt ohne Rücksicht darauf in voller Höhe zu zahlen, ob dieser über Auftrag des Beklagten eine Arbeit bei einem Dritten (Beschäftiger) verrichtet hat oder nicht. Das auf die Zahlung der Entgeltdifferenz gerichtete Klagebegehren besteht daher zu Recht. Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 ZPO begründet.
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