Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufung des Angeklagten werden zurückgewiesen.
Die Akten werden zur Entscheidung über die Berufung der (Mutter des Angeklagten) Helene A dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Text
Gründe:
Der am 4.April 1965 geborene (nunmehrige) Buchbindereihelfer Johannes A wurde (zu A I und II) des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach § 127 Abs 1 und 2 Z. 1, 128 Abs 1 Z. 4, 129 Z. 1 StGB, (zu B II) des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach § 125, 126 Abs 1 Z. 5 und 7 StGB und (zu D) des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er (in zeitlicher Abfolge) in Gesellschaft zweier Diebsgenossen durch Einbruch in Gebäude in der Nacht zum 1.August 1980 in Thaur und in der Nacht zum 24. August 1980 in Hall Sachen in einem Gesamtwert von 36.000 S (A II 1) und von 22.000 S (A II 2) gestohlen, am 13.Jänner 1981 in Innsbruck ein Polizeifahrzeug mit Lack besprüht und dadurch (in unerhobenem Maß) beschädigt (B II), am 4.März 1981 in Innsbruck in Gesellschaft von vier Diebsgenossen durch Einbruch in ein Gebäude Bargeld von ca. 130 S und Süßigkeiten im Wert von ca. 100 S gestohlen (A I) und sodann auf der Flucht vom Tatort die Glasscheibe einer Eingangstür eingeschlagen (B II 2), am 6.März 1981 in Innsbruck eine Doppeltür durch Aufbrechen beschädigt (B II 3), am 9. Mai 1981 in Innsbruck den Ferdinand B durch Faustschläge ins Gesicht am Körper (leicht) verletzt (D) und schließlich am 18. September 1981 in Innsbruck dadurch, daß er über die Dächer von fünf geparkten Personenkraftwagen sprang, vier Fahrzeuge im Ausmaß von ca. 8.000 S beschädigt. Das Schöffengericht verhängte hiefür über ihn nach § 28, 129
StGB unter Anwendung des § 11 JGG. und unter gleichzeitiger Straffestsetzung zum Schuldspruch des Bezirksgerichts Innsbruck vom 9. Oktober 1979, AZ. 8 U 1600/79, eine Freiheitsstrafe von acht Monaten.
Die gegen dieses Urteil ergriffenen Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung sind - ungeachtet der Wendung:
'Der Angeklagte Johannes A, vertreten durch dessen gesetzliche Vertreterin Helene A, hat ....
das Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung angemeldet und führt dieses .... aus'- nicht nur als die des minderjährigen Angeklagten, sondern auch als solche seiner zur Erhebung dieser Rechtsmittel zugunsten ihres Sohns legitimierten Mutter (§ 282 Abs 1 StPO) anzusehen und zu behandeln, zumal der Angeklagte selbst nach der Urteilsverkündung sogleich einen Rechtsmittelverzicht erklärt hatte (S. 147).
Rechtliche Beurteilung
Die Nichtigkeitsbeschwerde der Mutter des Angeklagten stützt sich auf die Z. 3, 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO
Als Verletzung einer Verfahrensvorschrift (§ 281 Abs 1 Z. 3 StPO) releviert die Beschwerde, daß das im Akt erliegende Hauptverhandlungsprotokoll nach der Verhandlung 'rekonstruiert' worden sei, zumal entgegen der Bestimmung des § 271 Abs 4 StPO handschriftliche Aufzeichnungen über die Hauptverhandlung fehlen, womit nicht überprüfbar sei, ob die formellen Voraussetzungen des § 271
StPO eingehalten wurden. Das führe zu einer 'groben Benachteiligung' des Angeklagten, der, wenn auch zu den einzelnen Punkten geständig, schuldunangemessen bestraft zu werden riskiere, weil die Hintergründe und Umstände der Tathandlungen nicht im Protokoll festgehalten seien.
Die Beschwerdeführerin verkennt das Wesen einer Protokollführung im Strafprozeß, die u.a. vorsieht, daß der Antworten des Angeklagten nur dann eine Erwähnung geschieht, wenn sie Abweichungen, Veränderungen oder Zusätze der in den Akten niedergelegten Angaben enthalten (§ 271 Abs 3 StPO). Der Angeklagte war - auch von der Beschwerde unbestritten - voll geständig, was auch aus dem Hauptverhandlungsprotokoll hervorgeht (S. 143, 144, 145), sodaß hier Protokollmängel nicht vorliegen. Abgesehen davon stünde nur die gänzliche Unterlassung einer Protokollaufnahme (§ 281 Abs 1 Z. 3 in Verbindung mit § 271 Abs 1 StPO), - die aber die Beschwerde selbst nicht behauptet - nicht jedoch ihre Mangelhaftigkeit, unter Nichtigkeitssanktion (Gebert-Pallin-Pfeiffer, III/2, § 271 StPO, Nr. 22 ff.). Schon nach dem Beschwerdevorbringen ist daher die hiezu gerügte Nichtigkeit nicht gegeben. Ein Verlangen nach stenographischer Aufzeichnung von Aussagen (§ 271 Abs 4 StPO) wurde übrigens von keiner Seite geäußert. Da das Hauptverhandlungsprotokoll erst mit Beginn der Frist zur Rechtsmittelausführung fertiggestellt sein muß (Gebert-Pallin-Pfeiffer, III/2, § 271 StPO Nr. 30), kann auch nicht verlangt werden, daß es - was der Beschwerdeführerin offenbar vorschwebt - schon mit dem Abschluß der Hauptverhandlung vorliegt. Eine Mangelhaftigkeit (§ 281 Abs 1 Z. 5 StPO) erblickt die Beschwerde im Unterbleiben einer Erörterung des Inhalts von Vorstrafakten im Urteil; dies zu Unrecht, weil es sich dabei um keine für den Schuldspruch oder den anzuwendenden Strafsatz entscheidenden Umstände handelt, zumal die Beschwerdeführerin deutlich zu erkennen gibt, daß sie auch damit nur eine Strafermäßigung für ihren Sohn im Rahmen des richterlichen Ermessens anstrebt. Auf die durch nichts indizierte, bloß hypothetisch aufgezeigte Möglichkeit einer unterlaufenen Doppelverurteilung braucht, mangels einer realen Grundlage für eine solche Behauptung, nicht weiter eingegangen zu werden.
In Anrufung der Z. 11 des § 281 Abs 1 StPO behauptet die Beschwerdeführerin, daß die Vorverurteilungen durch das Landesgericht Innsbruck vom 22.Oktober 1980 (zu AZ. 23 Vr 3323/80 wegen § 15, 127 ff. StGB zu 180 Tagessätzen, bedingt auf drei Jahre) und vom 15.April 1981
(zu AZ. 23 Vr 4140/80 wegen § 127 ff. StGB zu 360 Tagessätzen), die den nunmehr zur Aburteilung gelangten gravierendsten Straftaten zeitlich nachfolgten, entgegen den Bestimmungen der § 31 und 40 StGB keine Berücksichtigung gefunden hätten. Da dies jedoch nicht den Vorwurf impliziert, daß das Erstgericht, was hier allein in Frage kommt, seine Strafbefugnis oder die Grenzen des gesetzlichen Strafsatzes überschritten hat, wird auch damit der angerufene Nichtigkeitsgrund nicht zu gesetzmäßiger Darstellung gebracht, zumal es der Beschwerdeführerin ersichtlich nur darum geht, in Würdigung des Umstands, daß die ihrer Ansicht nach schwerstwiegenden Straftaten ihres Sohns schon weit (und zwar vor den genannten Vorverurteilungen) zurückliegen, eine im Rahmen des richterlichen Ermessens mildere Beurteilung zu erreichen, was rite nur mit Berufung geschehen kann.
Mangels prozeßordnungsgemäßer Ausführung der angerufenen oder irgendeines anderen der im § 281 Abs 1 Z. 1 bis 11 StPO aufgezählten Nichtigkeitsgründe war die sich ausschließlich in einer Bekämpfung der Strafzumessung erschöpfende, zugunsten des Angeklagten von seiner Mutter ergriffene Beschwerde gemäß § 285 d Abs 1 Z. 1 StPO in Verbindung mit § 285 a Z. 2 StPO bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.
Da der Angeklagte selbst nach der Urteilsverkündung und der Rechtsbelehrung auf ein Rechtsmittel ausdrücklich verzichtet hat (S. 147), waren seine Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung (wenn überhaupt - anders als in der zu ON. 24
geschehenen Anmeldung - in dem zu ON. 26 erstatteten Schriftsatz eine Ausführung dieser Rechtsmittel auch durch den Angeklagten selbst zu erblicken ist) zurückzuweisen.
Die Zuleitung des Akts zur Entscheidung über die von der Mutter des Angeklagten zu dessen Gunsten ergriffene Berufung an das Oberlandesgericht Innsbruck beruht darauf, daß eine (die ausnahmsweise Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofs für die Erledigung der Berufung begründende) Sachentscheidung über die Nichtigkeitsbeschwerden entfällt (RiZ. 1970, S. 17, 18, 1973, S. 70 u. v.a.).
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