OGH 13Os8/23k

OGH13Os8/23k22.3.2023

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. März 2023 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. Setz‑Hummel LL.M. in Gegenwart des Schriftführers Mag. Lung im Verfahren zur Unterbringung des * K* in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 22. November 2022, GZ 26 Hv 82/22w‑72, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0130OS00008.23K.0322.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde gemäß § 21 Abs 1 StGB die Unterbringung des * K* in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher angeordnet.

[2] Danach hat er am 19. Dezember 2021 in * unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustands (§ 11 StGB), der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad, nämlich einer schizoaffektiven Störung mit manisch-psychotischem Zustand in Kombination mit einem hirnorganischen Psychosyndrom und Alkoholmissbrauch, beruht, * J* durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) eine fremde bewegliche Sache, nämlich eine Packung Zigaretten, mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz abzunötigen versucht, indem er äußerte: „Gib mir eine Schachtel Zigaretten, weil i hab a scharfe Waffe. I daschieß di!“, wobei er den Raub ohne Anwendung erheblicher Gewalt an einer Sache geringen Wertes beging und die Tat nur unbedeutende Folgen nach sich zog, und dadurch das Verbrechen des Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1 und 2 StGB begangen.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen wendet sich die aus § 281 Abs 1 Z 5 und 11 (iVm § 433 Abs 1) StPO (idF vor BGBl I 2022/223) ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen.

[4] Sie bekämpft (ausschließlich) die vom Schöffengericht angestellte Gefährlichkeitsprognose.

[5] Allfällige Fehler der Prognoseentscheidung ressortieren im System der Nichtigkeitsgründe in den Regelungsbereich des zweiten Falls des § 281 Abs 1 Z 11 StPO. Konkret liegt Nichtigkeit aus Z 11 zweiter Fall dann vor, wenn diese Entscheidung zumindest eine der in § 21 Abs 1 StGB genannten Erkenntnisquellen (Person und Zustand des Rechtsbrechers sowie Art der Tat) vernachlässigt oder die aus diesen Erkenntnisquellen gebildete Feststellungsgrundlage die Prognoseentscheidung als willkürlich erscheinen lässt (RIS‑Justiz RS0113980, RS0118581; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 715 ff).

[6] Eine Bekämpfung aus Z 5 des § 281 Abs 1 StPO steht in Verbindung mit dem ersten, nicht jedoch mit dem zweiten Fall des § 281 Abs 1 Z 11 StPO offen (RIS‑Justiz RS0118581; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 669).

[7] Die aus dem Blickwinkel der Mängelrüge erhobene Kritik, für die Feststellung der „zu befürchtenden Prognosetaten“ (US 4: „Raube oder schwere Körperverletzungen“) nenne das angefochtene Urteil „keine nachvollziehbare[n] Gründe“, geht somit schon im Ansatz fehl. Sie bildet – der Sache nach – ein Berufungsvorbringen.

[8] Der aus Z 11 zweiter Fall erhobene Einwand, das Schöffengericht habe die Art der Anlasstat außer Acht gelassen, trifft mit Blick auf die – unmissverständliche – Bezugnahme der diesbezüglichen Urteilsbegründung (auch) auf die „Art der Begehung der Tat“ (US 4) nicht zu.

[9] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – gemäß § 285d Abs 1 StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

[10] Über die Berufung hat das Oberlandesgericht zu entscheiden (§ 285i StPO).

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