OGH 13Os77/13t

OGH13Os77/13t3.10.2013

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. Oktober 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Buchner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Fred L***** und einen anderen Angeklagten wegen Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 1 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Pierre N***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 17. Mai 2013, GZ 43 Hv 14/13m-131, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten Pierre N***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde relevant wurde Pierre N***** mit dem angefochtenen Urteil (A/II) des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 15 StGB, § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 1 SMG, (B) des (richtig nicht Vergehens, sondern) Verbrechens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 erster und zweiter Fall (richtig nur: erster Fall; vgl 13 Os 168/08t), Abs 2 SMG als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB und (C) des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 2 und 3 WaffG schuldig erkannt.

Danach hat er in Wien

(A/II) am 26. November 2012 vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich 273,3 Gramm Kokain brutto (mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von ca 39,77 % Kokain, mithin eine Reinsubstanz von ca 108 Gramm), Fred L***** gewerbsmäßig zu überlassen versucht, wobei er mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 14. Mai 1998, AZ 4 Vr 6138/97, Hv 3969/97, wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2, 3 und 4 SMG in der damals geltenden Fassung und somit bereits einmal wegen einer Straftat nach § 28a Abs 1 SMG verurteilt worden war;

(B) von einem nicht festzustellenden Zeitpunkt bis zum 26. November 2012 durch zur Verfügung stellen der „Bunkerwohnung“ dazu beigetragen, dass vorschriftswidrig Suchtgift in einer das Fünfzehnfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, und zwar insgesamt 815,30 Gramm Kokain (mit einem Reinheitsgehalt von ca 36,80 % Kokain, mithin eine Reinsubstanz von ca 300 Gramm) und 4.088 Gramm Cannabisharz (mit einem Reinheitsgehalt von ca 4,32 % Delta-9-THC, mithin eine Reinsubstanz von „ca 171 Gramm“) sowie weitere „0,9 Gramm Kokain“ von Unbekannten mit dem Vorsatz erworben und besessen wurde, dass es in Verkehr gesetzt werde;

(C) ab ca 2000 bis zum 26. November 2012 unbefugt vier Maschinenpistolen mit Magazinen, Munition und Schalldämpfern, ein Gewehr mit abgesägtem Lauf und Schalldämpfern, vier Pistolen, einen Revolver und Munition, mithin verbotene Waffen (§ 17 Abs 1 Z 5 WaffG), besessen, obwohl ihm dies gemäß § 12 WaffG verboten war.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen vom Angeklagten aus den Gründen der Z 5, 5a und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu.

Die Feststellungen zum Übergabeversuch (A) stützten die Tatrichter - entgegen der eine offenbar unzureichende Begründung monierenden Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) - auf „den Observations- und Anlassbericht der LPD vom 27. 11. 2012 (ON 37) sowie die Wahrnehmungen der einschreitenden Beamten“ und die „letztlich erfolgte Sicherstellung“, weiters auf das einschlägig getrübte Vorleben des Angeklagten (US 13 f). In subjektiver Hinsicht traf das Erstgericht die Feststellungen aufgrund des teilweise abgelegten Geständnisses des Angeklagten und des „äußeren Geschehens“. Weshalb diese Erwägungen gegen Denkgesetze oder grundlegende Erfahrungssätze verstoßen sollen (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 444; RIS-Justiz RS0116732, RS0118317), legt die Rüge nicht dar.

Die beweiswürdigenden Ausführungen zu den Feststellungen in Ansehung der gewerbsmäßigen Tatbegehung finden sich entgegen der weiteren Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) auf US 15 f.

Der vom Beschwerdeführer behauptete Widerspruch (Z 5 dritter Fall) zwischen der Wertung der Angaben der Angeklagten, sie hätten sich am Vorfallstag nur deshalb getroffen, um sich gemeinsam eine Sauna anzusehen, als Schutzbehauptung einerseits und den Erwägungen zum Bestehen eines Missverhältnisses zwischen Einkommen und Lebensstil bei Beschäftigungslosigkeit und Ankaufinteresse an einer Sauna andererseits liegt nicht vor. Als unglaubwürdig erachteten die Tatrichter im Hinblick auf die mitgeführten Suchtgiftmengen lediglich die Ausführungen der Angeklagten, sie hätten sich „nur deshalb“ getroffen (US 13), um sich eine Sauna anzusehen, was nicht ausschließt, dass dies auch ein Grund des Zusammentreffens war.

Inwiefern die Urteilsbegründung zur Tatsachengrundlage der Gewerbsmäßigkeit unvollständig (Z 5 zweiter Fall) sein soll, bleibt mit Blick auf die tatrichterlichen Erwägungen US 15 f, die sich - der Beschwerde zuwider - sowohl mit dem vom Angeklagten bei Werner D***** geliehenen Geldbetrag als auch der Einkommenssituation der Diana Li***** auseinandersetzen, im Dunkeln (vgl aber das Gebot deutlicher und bestimmter Bezeichnung angeblich Nichtigkeit begründender Umstände, §§ 285a Z 2, 285d Abs 1 Z 1 StPO). Unvollständig ist ein Urteil nämlich nur dann, wenn das Gericht bei der für die Feststellung entscheidender Tatsachen angestellten Beweiswürdigung erhebliche, in der Hauptverhandlung vorgekommene (§ 258 Abs 1 StPO) Verfahrensergebnisse unberücksichtigt ließ. Dem Rechtsmittelgericht obliegt dabei nur die Kontrolle, ob alles aus seiner Sicht Bedeutsame erwogen wurde, nicht aber der Inhalt der Erwägungen (RIS-Justiz RS0118316).

Indem die Tatsachenrüge (Z 5a) die Einwände der Mängelrüge wiederholt und das Urteil unter Behauptung eines „Beweisnotstands“ hinsichtlich des Übergabeversuchs und unter Hinweis auf die Verpflichtung zur Erforschung der materiellen Wahrheit bezogen auf die Einkommens- und Vermögenssituation des Angeklagten unsubstanziiert kritisiert, werden keine sich aus den Akten ergebenden erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit entscheidender Tatsachen geweckt. Vielmehr stellt der Beschwerdeführer - unter Außerachtlassung der umfassenden (US 11 bis 16) und mängelfreien (Z 5) Würdigung der Verfahrensergebnisse durch die Tatrichter - eigene Beweiswerterwägungen zu seinen Gunsten an und wendet sich damit nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung in unzulässiger Weise gegen die erstrichterliche Beweiswürdigung.

Zudem hätte eine Tatsachenrüge, die das Fehlen amtswegiger Beweisaufnahmen moniert, darzutun, wodurch der Angeklagte an der Ausübung seines diesbezüglichen Antragsrechts oder Fragerechts gehindert gewesen sei und daher hätte belehrt werden müssen (§ 6 StPO), um so die Ermittlung der Wahrheit zu fördern (§§ 232 Abs 2, 254 StPO; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 480; RIS-Justiz RS0114036).

Die von der Subsumtionsrüge (Z 10) vermissten Feststellungen zur subjektiven Tatseite betreffend die Beteiligung an der Vorbereitung von Suchtgifthandel (B) bezogen auf eine das Fünfzehnfache der Grenzmenge übersteigende Suchtgiftmenge finden sich auf US 10, worüber die Beschwerde hinweggeht.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufung kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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