OGH 13Os77/04

OGH13Os77/0414.7.2004

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. Juli 2004 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Hon. Prof. Dr. Ratz, Hon. Prof. Dr. Schroll und Dr. Kirchbacher als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Felbab als Schriftführerin in der Strafsache gegen Ciro C***** wegen des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 11. März 2004, GZ 2 Hv 8/04z-17, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Ciro C***** der Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (I.) und des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (II.) und des Vergehens des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 StGB (III.) schuldig erkannt.

Danach hat er zwischen September und Dezember 2002 in Feldkirch bei

Graz

I. mit der am 19. August 1990 geborenen unmündigen Sabrina N***** den Beischlaf unternommen;

II. an der am 19. August 1990 geborenen unmündigen Sabrina N***** nachstehende geschlechtliche Handlungen teils vorgenommen, teils an sich vornehmen lassen, und zwar:

1. indem er zweimal ihre Hand ergriff, an sein Geschlechtsteil führte und in der Folge daran auf- und abbewegte, wobei es einmal zu einer Ejakulation kam,

2. indem er ihr an ihrer entblößten Brust eine "Vakuumsaugpumpe", die er zunächst an der offenen Seite nass gemacht hatte, ansetzte und zusammendrückte,

III. unter Ausnützung seiner Stellung als Lebensgefährte der Kindesmutter gegenüber der (auch) seiner Erziehung und Aufsicht unterstehenden, am 19. August 1990 geborenen unmündigen Sabrina N***** diese durch die zu den Punkten I. und II. angeführten Tathandlungen zur Unzucht missbraucht.

Rechtliche Beurteilung

Die auf Z 4 und nur nominell auch auf „Z 9" des § 281 Abs StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel. Zur Rüge der nach dem Hauptverhandlungsprotokoll von der Senatsvorsitzenden verfügten Zurückweisung des Antrags, ein von ihm vorgelegtes Privatgutachten von Dr. Patrick F***** zum Akt zu nehmen (S 181), ist der Beschwerdeführer nicht legitimiert, weil er es verabsäumt hat, die Beschlussfassung des Schöffengerichtes zu begehren (Mayerhofer/Hollaender StPO5 § 281 Z 4 E 7). Da Privatgutachten nur dazu dienen, dem Angeklagten oder seinem Verteidiger über bestimmte, von ihnen für erheblich erachtete Umstände des Strafverfahrens Aufklärung zu verschaffen, vermochte diese Entscheidung überdies Verteidigungsrechte nicht zu beeinträchtigen (aaO § 118 E 110).

Der im Ergebnis allein auf die Behauptung der Befangenheit der Sachverständigen Dr. Sylvia Wamser gestützte Antrag auf Einholung einer weiteren Expertise (zur Aussageehrlichkeit des Tatopfers) verfiel zu Recht der Abweisung (S 177 bis 182).

Befangen ist ein Sachverständiger - ebenso wie ein Richter - dann, wenn er nicht mit voller Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit an eine Sache herantritt und somit eine Beeinträchtigung der unparteilichen Beurteilung durch sachfremde psychologische Motive zu befürchten ist. Es genügt grundsätzlich schon der äußere Anschein einer Befangenheit, soweit hiefür zureichende Anhaltspunkte gegeben sind, denen die Eignung zukommt, aus objektiver Sicht, dh bei einem verständig wertenden objektiven Beurteiler, die volle Unbefangenheit des Experten in Zweifel zu ziehen (15 Os 90/03 mwN). Im konkreten Fall setzte die bestellte Sachverständige aus ihrer Sicht die Verantwortung des Angeklagten zu den Angaben der Zeugin Sabrina N***** in Relation und wies in der Hauptverhandlung ausdrücklich darauf hin, dass ihre Ausführungen dazu nur im Sinne einer Validitätsüberprüfung der Aussage des Mädchens und nicht als Beweiswürdigung der Aussage des Angeklagten zu werten seien (S 174). Weder aus dem Antrag noch aus dem Beschwerdevorbringen geht hervor, weshalb aus der Passage der Expertise, "die Verantwortung des Beschuldigten ist im Vergleich zu den Ausführungen der Zeugin dürftig und nicht nachvollziehbar" (S 131), eine Voreingenommenheit oder Parteilichkeit der Sachverständigen Dr. Wamser ableitbar sei. Es wäre Sache des Beschwerdeführers gewesen, die von ihm aus der reklamierten mangelnden Berücksichtigung diverser Alternativhypothesen, isoliert herausgegriffenen Beweisergebnissen und zum Teil spekulativen Überlegungen dazu, weshalb das Tatopfer seine belastenden Angaben "weiter ausgebaut" haben könnte, abgeleitete "Unvollständigkeit" des Gutachtens zum Anlass für eine ergänzende Befragung der Sachverständigen zu nehmen. Ein im Sinn der §§ 125 oder 126 StPO relevanter Mangel wird mit diesem Vorbringen nicht zur Darstellung gebracht. Die Beurteilung, ob ein Gutachten ausreichend und schlüssig ist, bleibt als Beweisfrage der Beurteilung der Tatsacheninstanz vorbehalten (Mayerhofer/Hollaender aaO E 132, Ratz WK-StPO § 281 Rz 351).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der inhaltlich auf die Nichtigkeitsbeschwerde verweisenden Äußerung des Angeklagten, als offenbar unbegründet bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 2 StPO), woraus die Kompetenz des Gerichtshofs zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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