European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0130OS00074.21P.0929.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde ***** E***** des Verbrechens des gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1, 130 Abs 2 erster und zweiter Fall (iVm Abs 1 erster Fall) und 15 StGB (1 bis 5) schuldig erkannt.
[2] Danach hat er in S***** und andernorts im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einem Mittäter (§ 12 erster Fall StGB) – sowohl hinsichtlich der Wertqualifikation als auch hinsichtlich der Einbruchsqualifikation gewerbsmäßig (§ 70 Abs 1 Z 3 erster Fall StGB) – fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 Euro übersteigenden Wert im Urteil namentlich genannten Opfern durch Einbruch mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen (1, 3 und 5 [Bargeld im Gesamtwert von 80.028,50 Euro]) und wegzunehmen versucht (2 und 4), und zwar vom 3. August 2020 bis zum 16. Oktober 2020 in fünf, im Urteil näher bezeichneten Fällen teils durch Einbruch in ein Gebäude (2 bis 5, Aufbrechen von Türen), teils durch Eindringen in ein solches und Öffnen eines Behältnisses mit widerrechtlich erlangten Schlüsseln (1).
Rechtliche Beurteilung
[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ***** E*****.
[4] Die von der Sanktionsrüge (Z 11) behauptete Verfassungswidrigkeit des § 39 StGB ist kein Gegenstand der Nichtigkeitsbeschwerde (RIS-Justiz RS0099654 [T1], RS0053859 [T3]).
[5] Zur Anregung einer Antragstellung im Sinn des Art 89 Abs 2 B‑VG genügt der Hinweis, dass der Gesetzgeber mit der seit 1. Jänner 2015 geltenden Rechtslage (Art 140 Abs 1 lit d B‑VG idF BGBl I 2013/114 iVm § 62a VfGG idF BGBl I 2014/92) ein subjektives Recht auf Normanfechtung durch die Strafgerichte ausdrücklich verneint hat (RIS‑Justiz RS0130514; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 597).
[6] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
[7] Über die Berufung hat das Oberlandesgericht zu entscheiden (§ 285i StPO).
[8] Dieses wird zu berücksichtigen haben, dass dem den Angeklagten E***** betreffenden Strafausspruch – wie die Generalprokuratur zutreffend aufzeigt – (nicht geltend gemachte) Nichtigkeit aus § 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StPO anhaftet (RIS-Justiz RS0109969, RS0116501 und RS0114427 [T2]):
[9] Wenngleich § 39 Abs 1 StGB seit dem Gewaltschutzgesetz 2019 BGBl I 2019/105 eine zwingend anzuwendende Strafrahmenerweiterung normiert (Flora in WK2 StGB § 39 Rz 1), müssen die von dieser Gesetzesstelle geforderten Rückfallsvoraussetzungen weiterhin kumulativ vorliegen (zu diesen eingehend Flora in WK2 StGB § 39 Rz 2 ff).
[10] Nach den Urteilskonstatierungen (US 7) wurde der Angeklagte E***** mit (einem näher bezeichneten) Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 10. April 2015 des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt, die er vom 27. November 2014 bis zum 27. Mai 2016 verbüßt hat. Davor wurde er mit einem (näher bezeichneten) seit 18. Jänner 2013 rechtskräftigen Urteil des Bezirksgerichts Salzburg vom 5. Oktober 2012 des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB schuldig erkannt und zu einer viermonatigen Freiheitsstrafe verurteilt, deren Vollzug am 13. Juni 2013 geendet hat.
[11] Weil Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB und die vorliegende Anlasstat eines qualifizierten Einbruchsdiebstahls (§§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1, 130 Abs 2 erster und zweiter Fall [iVm Abs 1 erster Fall] StGB) in ihrer fallkonkreten Ausgestaltung jedenfalls nicht auf der gleichen schädlichen Neigung (§ 71 StGB, dazu Jerabek/Ropper in WK2 StGB § 71 Rz 1 ff, Flora in WK2 StGB § 39 Rz 20 ff, Rainer SbgK § 71 Rz 1 ff [11]; Leukauf/Steininger/Tipold, StGB4 § 71 Rz 1 ff je mwN) beruhen, fehlt es der Anlasstat an der von § 39 Abs 1 StGB geforderten spezifischen Voraussetzung. Demnach hat das Erstgericht, das die Anwendbarkeit des § 39 Abs 1 StGB zu Unrecht bejaht und unzulässig einen um die Hälfte erhöhten Strafrahmen herangezogen hat (US 16), seine Strafbefugnis überschritten (Z 11 erster Fall; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 666 f sowie Flora in WK2 StGB § 39 Rz 44).
[12] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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