Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Leopold A wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, hinsichtlich dieses Angeklagten und gemäß § 290 Abs. 1 StPO. auch hinsichtlich des Angeklagten Franz B in der rechtlichen Beurteilung laut den Punkten A III und A IV und demzufolge auch in dem beide Angeklagten betreffenden Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO. im Umfang dieser Aufhebung in der Sache selbst erkannt:
Leopold A und Franz B haben durch das ihnen laut den Punkten A III und A IV zur Last liegende Verhalten das Vergehen der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs. 1 StGB. begangen; sie werden hiefür, ferner für die ihnen nach den aufrecht gebliebenen Punkten zur Last fallenden Straftaten, nämlich beide Angeklagte für (zu A I) das Verbrechen der Notzucht nach § 201 Abs. 1 StGB., (zu A II) das Verbrechen des Zwangs zur Unzucht nach § 203 Abs. 1 StGB., sowie Leopold A für (zu B I) das Verbrechen der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs. 1, 106
Abs. 1 Z. 1 StGB., (zu B II) das Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB. und (zu B III) das Vergehen der Sachbeschädigung nach § 125 StGB.
nach den §§ 28 und 201 Abs. 1 StGB. wie folgt verurteilt:
Leopold A zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 3 (drei) Jahren, Franz B zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 1 1/2 (eineinhalb) Jahren.
Gemäß § 43 Abs. 2 StGB. wird die über Franz B verhängte Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von 3 (drei) Jahren bedingt nachgesehen.
Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Leopold A verworfen.
Mit seiner Berufung wird Leopold A auf diese Entscheidung verwiesen. Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Leopold A die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden die Kraftfahrer Leopold A und Franz B wie folgt schuldig erkannt:
(zu A) als einverständlich zusammenwirkende Mittäter (§ 12 StGB.) (zu I) des Verbrechens der Notzucht nach § 201 Abs. 1 StGB., weil sie am 10.Oktober 1979 in Neulengbach die Heidemarie C mit Gewalt gegen ihre Person widerstandsunfähig machten, indem Franz B der Genannten die Flucht versperrte, Leopold A die Windschutzscheibe ihres Personenkraftwagens einschlug, sie aus diesem heraus und in den Personenkraftwagen des B zerrte, der daraufhin nach Asparn fuhr, ihr den Mund zuhielt, sie an den Haaren riß sowie ihr während der Fahrt Schläge versetzte, wodurch Heidemarie C eine Schwellung im Bereich des rechten Auges erlitt, sie sodann in Asparn weiterhin fortgesetzt schlug und sie in diesem Zustand zum außerehelichen Beischlaf mißbrauchte, (zu II) des Verbrechens des Zwangs zur Unzucht nach § 203 Abs. 1 StGB., weil sie am 10.Oktober 1979 in Asparn Heidemarie C durch die bereits bezeichneten Gewalttätigkeiten widerstandsunfähig machten und sie in diesem Zustand zwangen, mit ihnen einen Oralverkehr durchzuführen, sie also zur Unzucht mißbrauchten;
(zu III) des Vergehens der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs. 1 StGB., weil sie am 17.September 1979 in Neulengbach der Heidemarie C dadurch die persönliche Freiheit entzogen, daß Leopold A sie mit beiden Armen umfaßte und, nachdem Franz B die Tür seines Personenkraftwagens geöffnet hatte, in dessen Fond schleuderte, worauf Franz B den Wagen nach Asparn lenkte;
(zu IV) des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs. 1 StGB., weil sie am 17.September 1979 in Neulengbach die Heidemarie C durch die zu III angeführte Handlung mit Gewalt zur Fahrt nach Asparn nötigten.
Darüber hinaus wurde (zu B) Leopold A folgender allein begangener Delikte schuldig erkannt:
(zu I) des Vergehens (richtig: Verbrechens) der schweren Nötigung nach den §§ 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z. 1 StGB., weil er am 11.Oktober 1979 zwischen Asparn und Leitsberg die Heidemarie C durch die Äußerung, er werde sie überall finden, sie an ihrem Arbeitsplatz niederschießen, auch wenn dort 100 Leute anwesend seien, sohin durch gefährliche Drohung mit dem Tod zu einer Unterlassung, nämlich zur Abstandnahme von der Anzeigeerstattung nötigte;
(zu II) des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB., weil er am 22.November 1979 in St. Pölten nach seiner Gegenüberstellung die zeugenschaftlich vernommene Heidemarie C durch die Äußerung: 'Wir sehen uns noch' gefährlich bedrohte, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen und (zu III) des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB., weil er am 10.Oktober 1979 in Neulengbach dadurch, daß er die Windschutzscheibe am Personenkraftwagen der Heidemarie C einschlug, eine fremde Sache in einem 5.000 S nicht übersteigenden Wert vorsätzlich zerstörte. Der Angeklagte Leopold A bekämpft den gegen ihn ergangenen Schuldspruch mit einer auf die Gründe der Z. 4, 5, 9 (lit. a) und 10 des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Der Mitangeklagte Franz B ließ das Urteil unangefochten. Als Nichtigkeit nach dem § 281 Abs. 1 Z. 4 StPO.
rügt der Beschwerdeführer die Abweisung seiner Anträge auf Einholung von Gutachten eines medizinischen und eines medizinischpsychologischen Sachverständigen, sowie auf zeugenschaftliche Einvernahme des Herbert D und der Richteramtsanwärterin Dr. E; aus dem beantragten medizinischen Gutachten hätte sich, wie er meint, ergeben, daß die Schilderung der Zeugin C über die an ihr angeblich vorgenommenen Mißhandlungen nicht zutreffen könne, weil solche Tätlichkeiten objektiv feststellbare Spuren hinterlassen hätten, die weit über das Ausmaß ihrer festgestellten Verletzungen (kleines Hämatom über der Brust und Ritzverletzungen an Händen und Wange, die durch die beschädigte Windschutzscheibe entstanden sind) hinausgegangen wären, die Angaben der Zeugin C sohin nicht der Wahrheit entsprechen könnten. Das medizinisch-psychologische Gutachten hätte den Nachweis erbracht, daß die von der Zeugin geschilderten Drohungen und Tätlichkeiten nicht ihre Widerstandsunfähigkeit, sondern höchstens eine Willensbeugung (im Sinne einer Nötigung zum Beischlaf und zur Unzucht) zur Folge gehabt hätten. Durch die Einvernahme des Zeugen D, den die Zeugin C unmittelbar nach dem Vorfall am 17.September 1979 in Begleitung des Beschwerdeführers aufgesucht habe, wäre hervorgekommen, daß sie damals weder einen verstörten Eindruck gemacht habe, noch im Gesicht verschwollen gewesen sei. Die Zeugin Dr. E schließlich hätte bekunden können, daß die Äußerung des Beschwerdeführers nach der Gegenüberstellung mit Heidemarie C ('Wir sehen uns noch') weder an die Zeugin C gerichtet gewesen, noch in drohendem Ton vorgebracht worden sei.
Rechtliche Beurteilung
Der behauptete Verfahrensmangel liegt jedoch nicht vor. Das Schöffengericht hat die Einholung eines medizinischen Gutachtens über die aus den Verletzungen der Zeugin C zu erschließende Intensität der Mißhandlungen zu Recht abgelehnt (S. 301), weil die Widerstandsunfähigkeit nicht nur mit Gewalt gegen die Person des Opfers, sondern auch durch eine gegen diese gerichtete Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben herbeigeführt werden kann, die naturgemäß keine Verletzungsspuren hinterläßt. Das Erstgericht konnte im Hinblick auf die für die Herbeiführung der Widerstandsunfähigkeit mit entscheidenden, die Drohungen und Gewalttätigkeiten gegen Heidemarie C begleitenden Umstände (Nachtzeit, körperliche Überlegenheit der beiden Täter, einsame Lage des Tatorts) den lebensnahen Schluß ziehen, daß ihr weiterer Widerstand aussichtslos erscheinen mußte und ihr ein solcher deshalb auch nicht zugemutet werden konnte (S. 318 und 319). Auch ein 'medizinisch-psychologisches' Sachverständigengutachten war, wie das Erstgericht fand, nicht erforderlich (S. 301), weil die Frage, ob das Opfer sexueller Angriffe zur Tatzeit widerstandsunfähig war, die eine vom Gericht zu lösende Rechts- und Tatfrage darstellt, vom Erstgericht nach den Verfahrensergebnissen ohne Beiziehung eines Sachverständigen gelöst werden konnte (abermals S. 318, 319).
Die Vernehmung des Zeugen Herbert D hielt das Schöffengericht (sinngemäß) deshalb für entbehrlich, weil dieser keine erheblichen Wahrnehmungen hätte bekunden können, zumal Heidemarie C beim Vorfall am 17.September 1979, nach welchem sie mit D zusammengetroffen war, keine sichtbaren Verletzungen erlitten hatte (S. 301) und noch glimpflich davongekommen war.
Ebenso war die Abweisung des Antrags auf Einvernahme der Zeugin Dr. E zulässig, weil es rechtlich unerheblich ist, ob der Beschwerdeführer anläßlich der Konfrontation mit Heidemarie C, bei der diese ihre ihn belastenden Angaben wiederholt hatte, sagte 'Wir sehen uns' oder 'Wir sehen uns noch' (S. 301). Aus dem in der Hauptverhandlung verlesenen (S. 301), von Dr. E unterfertigten Aktenvermerk (ON. 29, S. 214) ergibt sich nämlich, daß die Äußerung in drohendem Ton vorgebracht wurde (' .... zischt .... zwischen den Zähnen hervor'). Der genaue Wortlaut der Äußerung war im Hinblick auf deren aus den sonstigen Umständen abgeleiteten Sinngehalt als Drohung unerheblich.
Eine Nichtigkeit nach § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO. erblickt der Beschwerdeführer in einer unvollständigen und unzureichenden Urteilsbegründung: Wäre die Zeugin C am 17.September 1979 tatsächlich derartigen Tätlichkeiten des Beschwerdeführers ausgesetzt gewesen, hätte sie sich sofort bei ihrem Cousin Herbert D, den sie unmittelbar nachher aufsuchte, über den Beschwerdeführer beklagen können.
Im übrigen übergehe das Erstgericht, daß diese Zeugin den Vorfall vom 10.Oktober 1979 von einer Vernehmung zur anderen immer schwerwiegender dargestellt habe, was Übertreibungen nahelege und ihr die Glaubwürdigkeit nehme. Auch das auf der Heimfahrt abgegebene Versprechen des Beschwerdeführers, die zerschlagene Windschutzscheibe am Kraftwagen der Zeugin zu ersetzen, spreche gegen deren drastische Schilderung. Weiters habe sich das Erstgericht nicht damit auseinandergesetzt, daß er und der Mitangeklagte B die Vorfälle stets gleichlautend geschildert hätten, weshalb ihren Aussagen, deren Absprache wegen der Untersuchungshaft ausgeschlossen sei, höherer Glauben zukommen müsse, als jener der Zeugin C.
Die vom Beschwerdeführer am 22.November 1979 allenfalls verwendete Floskel 'Wir sehen uns (noch)' stelle eine von ihm häufig gebrauchte Verabschiedungsformel dar und sei nicht als Drohung zu werten. Mit diesem Vorbringen wird jedoch kein Nichtigkeitsgrund, insbesondere auch nicht der angerufene, zur gesetzmäßigen Darstellung gebracht, sondern bloß unzulässig und damit unbeachtlich die Beweiswürdigung des Schöffengerichts bekämpft. Dieses hat ausführlich und im Akteninhalt gedeckt erörtert, warum es in den entscheidenden Punkten der Aussage der Zeugin C, nicht aber der leugnenden Verantwortung der Angeklagten Glauben beimaß. Es ist dabei auch auf die geringen Abweichungen zwischen den einzelnen Depositionen der Zeugin eingegangen und hat ausführlich begründet, warum es die leugnende Verantwortung des Beschwerdeführers, der übrigens ursprünglich nicht einmal die Beschädigung des Personenkraftwagens der Zeugin C zugegeben hatte, als unglaubhaft und unrichtig angesehen hat (S. 314 bis 316).
Dem allfälligen Versprechen, den Schaden am Auto der Zeugin später zu ersetzen, kommt ebensowenig entscheidungswesentliche Bedeutung zu, wie dem Umstand, ob Herbert D eine Verängstigung der Zeugin wahrnahm, weshalb sich das Erstgericht mit diesen Möglichkeiten nicht weiter zu befassen brauchte, demnach auch der Vorwurf einer Unvollständigkeit durch stillschweigendes Übergehen entscheidender Verfahrensergebnisse versagt.
Auch die Äußerung des Beschwerdeführers anläßlich der Gegenüberstellung mit der Zeugin C am 22.November 1979 hat das Erstgericht in ihrer Gesamtheit gewertet und ist dabei den Denkgesetzen und den Erfahrungen des täglichen Lebens entsprechend in freier Beweiswürdigung zu der Feststellung gelangt, daß sie nicht als 'Abschiedsgruß', sondern als Drohung gemeint und aufzufassen war.
Die Urteilsbegründung ist somit weder unzureichend noch unvollständig, der Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO. haftet dem Urteil also gleichfalls nicht an. Mit dem Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs. 1 Z. 9
(gemeint: lit. a) StPO. bekämpft der Beschwerdeführer zunächst den Schuldspruch wegen Vergehens der gefährlichen Drohung (B II) und meint hiezu, die vom Schöffengericht festgestellte Äußerung 'Wir sehen uns noch' sei rechtlich indifferent, weil mit keinem Übel gedroht worden sei.
§ 74 Z. 5 StGB. verlange aber für den Begriff der Drohung, daß eine Verletzung an Körper, Freiheit, Ehre oder Vermögen in Aussicht gestellt werde. Die vom Erstgericht festgestellte Äußerung erfülle daher nicht den Tatbestand des § 107 Abs. 1 StGB.
Auch hierin kann dem Beschwerdeführer nicht gefolgt werden. Welcher Sinngehalt einer Drohung zukommt, ist eine Urteilsfeststellung tatsächlicher Art. Das Erstgericht hat in freier, im Nichtigkeitsverfahren nicht bekämpfbarer Beweiswürdigung mängelfrei, insbesondere ohne Verstoß gegen die Denkgesetze, festgestellt, daß die nach der Gegenüberstellung vom Beschwerdeführer gemachte Äußerung als Drohung mit einer Verletzung am Körper und an der Freiheit aufzufassen ist (S. 321, 322). Nach der Art, wie diese Worte geäußert wurden und dem vorangegangenen Verhalten des Beschwerdeführers konnte die Zeugin C jedenfalls mit der Zufügung eines Übels rechnen, auch wenn die Drohung bloß versteckt und ihr Sinn nicht für jedermann sofort erkennbar war. Sie war daher entgegen dem Beschwerdevorbringen auch geeignet, der Bedrohten begründete Besorgnisse einzuflößen (Leukauf-Steininger2 § 74 StGB., RN. 18 und 20), sodaß dem Schöffengericht insofern ebenfalls kein Rechtsirrtum unterlaufen ist.
Unter weiterer Beziehung auf denselben Nichtigkeitsgrund, der Sache nach aber den des § 281 Abs. 1 Z. 10 StPO., bringt der Beschwerdeführer vor, das Erstgericht sei beim Vorfall am 17. September 1979 davon ausgegangen, daß der Angeklagte vom Versuch des Verbrechens der Notzucht freiwillig zurückgetreten sei und deshalb die Strafbarkeit der sonst vom Notzuchtverbrechen verdrängten Freiheitsentziehung und der Nötigung wieder aufgelebt sei. Diese Tat wäre ihm bei richtiger Rechtsauslegung aber nur als Vergehen der Nötigung, nicht auch als Vergehen der Freiheitsentziehung zuzurechnen gewesen, weil es dem Beschwerdeführer und seinem Mittäter nur darauf angekommen sei, die Zeugin zum Mitkommen in das Wohnmobil bei Asparn zu nötigen, nicht aber darauf, ihr die Freiheit zu entziehen.
Mit der Einrede, daß dieses sein Verhalten nur einem Deliktstatbestand zu unterstellen ist, ist der Beschwerdeführer im Recht, wenn auch nicht darin, welcher der beiden in Frage kommenden Tatbestände zum Zuge kommt.
Das Erstgericht ist an sich zutreffend davon ausgegangen, daß sonst als andere Delikte, insbesondere als Nötigung oder als Freiheitsentziehung zu wertende Handlungen, die zum Zweck der nachfolgenden Notzucht begangen werden, im allgemeinen selbständig nicht strafbar sind, sondern im letztgenannten Verbrechen aufgehen, sodaß die selbständige Strafbarkeit dieser Handlungen nur dann vorliegt, wenn die Verfolgung des Zwecks (Notzucht) nicht bis zur Strafbarkeit gediehen ist, und ebenso dann wieder auflebt, wenn die Strafbarkeit (des Versuchs) der Notzucht durch freiwilligen Rücktritt von diesem Versuch aufgehoben wird.
Entgegen der Einrede des Beschwerdeführers ist allerdings die Annahme einer Subsidiarität der Freiheitsentziehung gegenüber der damit konkurrierenden Nötigung im Hinblick auf die im Verhältnis zur nur bis zu einem Jahr reichenden Strafdrohung des § 105 Abs. 1 StGB., höhere Strafdrohung des § 99 Abs. 1 StGB., die bis zu drei Jahren reicht, nicht vertretbar (Leukauf-Steininger2 § 99 StGB., RN. 20).
Eine nur auf Freiheitsentziehung abzielende Drohung oder Gewalttätigkeit, die nicht zugleich der strengeren Bestimmung über das Verbrechen der schweren Nötigung (§ 106 StGB.) unterfällt, ist vielmehr nach § 99 StGB. zu bestrafen (Leukauf-Steininger2 § 99 StGB., RN. 23, 24).
Zu Unrecht hat das Schöffengericht somit dem Beschwerdeführer die anläßlich des durch freiwilligen Rücktritt vom Versuch der Notzucht nicht nach § 201 StGB. strafbaren, am 17.September 1979 begangenen Gewalttaten gegenüber Heidemarie C, die insgesamt nur dem Zweck der Verbringung des Mädchens nach Asparn, somit der Freiheitsentziehung, dienten, gesondert auch noch als Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs. 1 StGB. (vgl. Pkt. A IV) angelastet;
der Unrechtsgehalt dieser Tat ist vielmehr allein schon durch deren rechtliche Beurteilung als Vergehen der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs. 1 StGB. zu A III erschöpft.
Dieser Subsumtionsirrtum liegt auch hinsichtlich des Verhaltens des Franz B vor, der das Urteil nicht angefochten hat und ebenfalls rechtsirrig wegen dieser Tat nicht nur wegen Freiheitsentziehung, sondern auch wegen Nötigung schuldig erkannt worden ist. Es ist daher gemäß § 290 Abs. 1 StPO. von Amts wegen so vorzugehen, als ob dieser zu seinem Nachteil dem Urteil anhaftende Nichtigkeitsgrund (§ 281 Abs. 1 Z. 10 StPO.) auch von ihm geltend gemacht worden wäre. Weiterhin gestützt auf den Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs. 1 Z. 9 (lit. a) StPO., wenn auch sachlich aus jenem der Z. 10, bringt der Beschwerdeführer gegen den Schuldspruch wegen der Verbrechen der Notzucht nach § 201 Abs. 1 StGB. und des Zwangs zur Unzucht nach § 203 Abs. 1 StGB. vor, der an der Zeugin C vollzogene Geschlechtsverkehr und der diesen abschließende Mundverkehr seien (beide Male) auf einen einheitlichen Willensentschluß des Beschwerdeführers zurückzuführen, bei dem ein solches Vorgehen die übliche Fortsetzung (und Beendigung) des Geschlechtsverkehrs darstelle. Weil somit die gesamte Tathandlung auf einen einheitlichen Willensentschluß zurückzuführen sei, wäre der dem Geschlechtsverkehr nachfolgende Mundverkehr nicht noch gesondert als Verbrechen des Zwangs zur Unzucht nach § 203 Abs. 1 StGB. zu beurteilen gewesen. Auch hiemit ist der Beschwerdeführer nicht im Recht. Aus den Gründen des angefochtenen Urteils (S. 319, 320), ergibt sich, daß das Schöffengericht dem Angeklagten A und, wie hinzuzufügen ist, auch dem Mitangeklagten Franz B, der das Urteil rechtskräftig werden ließ, die Verbrechen der Notzucht nach § 201 Abs. 1 StGB. und des Zwangs zur Unzucht nach § 203 Abs. 1 StGB. realkonkurrierend zur Last legte; es ging davon aus, daß es sich beim Vorgehen des Angeklagten A um einen einheitlichen geschlechtlichen Angriff gehandelt habe, daß jedoch der der Notzucht nachfolgende Unzuchtsakt (Mundverkehr), den Heidemarie C an dem Beschwerdeführer ausführen mußte, auf dem besonderen Willensentschluß des Beschwerdeführers beruhe, den Geschlechtsverkehr vor dem Samenerguß zu unterbrechen und sodann die Zeugin unter Androhung von Schlägen zur Durchführung des Mundverkehrs zu zwingen.
An sich werden Unzuchtsakte, die bei erzwungenem Beischlaf diesem vorangehen, ihn begleiten oder ihm nachfolgen und die nach Lage des Falls mit der Notzucht eine unitas actus bilden, grundsätzlich durch das Verbrechen der Notzucht konsumiert. Entscheidend für die Unmöglichkeit einer Konkurrenz von Notzucht und Zwang zur Unzucht (vgl. SSt. 8/126) ist die Typizität der Unzuchtshandlungen als Begleiterscheinungen des Beischlafs. Hingegen ist Realkonkurrenz der angeführten beiden Tatbestände - und zwar auch bei einem einheitlichen geschlechtlichen Angriff -
anzunehmen, wenn die der Notzucht vorangegangenen, sie begleitenden oder auch nachfolgenden Unzuchtsakte von der Notzucht getrennte, auf gesonderten Willensentschlüssen des Täters beruhende, auf geschlechtlichen Mißbrauch des Opfers teils durch Beischlaf, teils auf andere Art gerichtete selbständige Tathandlungen sind (Leukauf-Steininger2
RN. 25 zu § 201 StGB. und die dort reichhaltig angeführte Judikatur).
Das Erstgericht konstatierte, daß der der Notzucht nachfolgende, erzwungene Mundverkehr auf einem gesonderten Willensentschluß des Angeklagten A beruhte (S. 312, 319). Dem steht nicht entgegen, daß es der Angeklagte allenfalls schon von vornherein auf einen durch Erzwingung von Beischlaf und (als aliud nachfolgenden) Mundverkehr differenzierten Mißbrauch seines Opfers abgesehen hatte, den er dann, dem differenzierten Vorhaben entsprechend, durch die jeweils vom speziellen Vorsatz getragenen, den Tatbildern der Notzucht (§ 201 Abs. 1 StGB.) und des Zwangs zur Unzucht (§ 203 Abs. 1 StGB.) entsprechenden, getrennten Handlungen verwirklichte (S. 319). Da ungeachtet einer mißverständlichen Fassung des Urteilsspruchs zu A II (die einen geschlechtlichen Mißbrauch einer bereits Widerstandsunfähigen im Sinn des § 205 Abs. 2 StGB. nahelegen könnte: S. 305) nach den Urteilsfeststellungen dem jeweiligen Mundverkehr Drohungen und Mißhandlungen unmittelbar vorangingen (S. 312, 313, 319, 320), welche Heidemarie C (im Zusammenhang mit den vorangegangenen Drohungen und Tätlichkeiten) zum Widerstand gegen die spezielle Unzuchtshandlung unfähig machten, haftet der diesbezüglich vom Erstgericht vorgenommenen Tatbeurteilung als Verbrechen des Zwangs zur Unzucht nach § 203 Abs. 1 StGB. kein Rechtsirrtum an.
Soweit der Beschwerdeführer Leopold A gestützt auf den § 281 Abs. 1 Z. 10 StPO., gegen den Schuldspruch wegen Notzucht und Zwangs zur Unzucht überdies noch vorbringt, er habe Heidemarie C keineswegs widerstandsunfähig gemacht, weil seine Schläge kaum sichtbare Merkmale und Folgen hinterlassen hätten, die Zeugin als erwachsene Person in der Lage gewesen wäre, nach Hause zu gehen und den Oralverkehr, der nach Ansicht des Beschwerdeführers gar nicht erzwungen werden könne, verweigern hätte können, weshalb seine Tat nur als Nötigung zum Beischlaf und zur Unzucht (§§ 202 und 204 StGB.) zu beurteilen gewesen wäre, führt er den angerufenen Nichtigkeitsgrund nicht dem Gesetz gemäß aus, weil er nicht von den Feststellungen des Schöffengerichts ausgeht. Dieses hat nämlich, entgegen seinem Vorbringen, festgestellt, daß Heidemarie C durch die ihr angetane Gewalt und die sonstigen Tatumstände in einen Zustand extremer Hilflosigkeit versetzt worden war, der ihr weiteren Widerstand unmöglich, aussichtslos und unzumutbar erscheinen lassen mußte (S. 319).
In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten A und gemäß § 290 Abs. 1 StPO.
auch hinsichtlich des Angeklagten B war der Schuldspruch wegen Verbrechens der Nötigung nach § 105 Abs. 1
StGB. spruchgemäß zu eliminieren.
Im übrigen war die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen. Die durch die geänderten Schuldsprüche hinsichtlich beider Angeklagten erforderliche Neubemessung der Strafen, die nach den §§ 28 und 201 Abs. 1 StGB. zu verhängen waren, orientiert sich an den vom Erstgericht zutreffend festgestellten Strafzumessungsgründen, die der Oberste Gerichtshof übernimmt. Da der Wegfall der Tateinheit mit dem Vergehen der Nötigung (§ 105 Abs. 1 StGB.) nicht auch einen Entfall an Unrechtssubstanz zur Folge hat, vielmehr die zugrundeliegende Tathandlung als verwirklichtes Unrecht nunmehr zusätzlich den Schuldspruch wegen Freiheitsentziehung (§ 99 Abs. 1 StGB.) belastet, kann es bei den vom Schöffengericht verhängten Strafen bleiben, die, gemessen am gravierenden Unrechtsgehalt der Taten und dem diesem entsprechenden, schweren Verschulden der Täter, nicht als überhöhte Sanktion angesehen werden können. Der Angeklagte A war mit seiner Berufung auf diese Entscheidung zu verweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.
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