Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Den Angeklagten Murat T***** und Malsor G***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auch rechtskräftig gewordene Teilfreisprüche enthaltenden Urteil wurden Murat T***** (zu B) des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs 2 und Abs 4 erster, zweiter und dritter Fall StGB und (zu D) des Vergehens der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung nach § 298 Abs 1 StGB, Mursel D***** (zu A/I, II und IV), Mentor K***** (zu A/I, III und IV) sowie Malsor G***** zu (A/I und II) jeweils des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren, im Rahmen einer kriminellen Vereinigung gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1 und 2, 130 erster Satz zweiter Fall und zweiter Satz erster und zweiter Fall sowie 15 StGB, weiters Mursel D***** noch (zu C) des Verbrechens der absichtlich schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB und Malsor G***** (zu E) des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Danach haben sie, soweit für das Nichtigkeitsverfahren von Belang (zusammengefasst) in Tirol
A) als Mitglied einer kriminellen Vereinigung unter Mitwirkung (§ 12 StGB) eines anderen Mitglieds dieser Vereinigung fremde bewegliche Sachen, nämlich vorwiegend Trafikartikel und Gebrauchsgegenstände in einem 40.000 Euro übersteigenden Wert Anderen durch Einbruch mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von schweren Einbruchsdiebstählen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, weggenommen bzw wegzunehmen versucht und zwar
I. Mursel D*****, Mentor K***** und Malsor G***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken, überwiegend mit dem abgesondert verfolgten Yilber H***** zwischen 18. Jänner und 15. Mai 2003 in 8 Angriffen;
II. Mursel D***** und Malsor G***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten Yilber H***** zwischen 17. November 2002 und 28. Februar 2003 in 11 Angriffen, wobei der Gesamtwert der Diebsbeute bei Malsor G***** über 180.000 Euro betragen hat;
B) Murat T***** zwischen spätestens Ende 2002 und einschließlich Mai 2003 in Innsbruck gewerbsmäßig Sachen im Wert von mehr als 40.000 Euro, welche die Täter von mit Strafe bedrohten Handlungen gegen fremdes Vermögen erlangten, nämlich einen Großteil der durch die zu A/I und II angeführten Einbruchsdiebstähle erbeuteten Tabakwaren und Telefonwertkarten sowie von anderen Personen gestohlene Kleidungsstücke, Alkoholika und sonstige Gebrauchsgegenstände gekauft oder sonst an sich gebracht, wobei die mit Strafe bedrohten Handlungen, durch welche der Großteil der Sachen erlangt worden ist, aus einem anderen Grund als wegen gewerbsmäßiger Begehung mit einer Freiheitsstrafe bedroht sind, die fünf Jahre erreicht oder übersteigt, und er die Umstände kannte, die diese Strafdrohung begründen;
D) Murat T***** zwischen 23. und 25. März 2003 in Innsbruck zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Beamten der Bundespolizeidirektion Innsbruck die Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung, nämlich das Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 erster Satz zweiter Fall und zweiter Satz StGB, wissentlich vorgetäuscht, indem er behauptete, er sei anlässlich der zu C (hier nicht wiedergegebenen) beschriebenen Tätlichkeiten seiner Barschaft in Höhe von 6.000 Euro beraubt worden;
E) Malsor G***** am 1. Oktober 2002 in Innsbruck den German Z*****
durch Versetzen eines Schlages in das Gesicht, der eine Schädelprellung zur Folge hatte, vorsätzlich am Körper verletzt.
Rechtliche Beurteilung
Während die Schuldsprüche der Angeklagten Mursel D***** und Mentor K***** in Rechtskraft erwuchsen, bekämpfen die Angeklagten Murat T***** und Malsor G***** ihre Schuldsprüche mit auf Z 5 und 11 (T*****) bzw 5, 9 lit a, inhaltlich teils Z 10 sowie 11 (G*****) des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden, welche jedoch nicht berechtigt sind.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Murat T*****:
Die behauptete Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall) liegt nicht vor, weil der Angeklagte Mursel D***** tatsächlich sowohl vor dem Untersuchungsrichter (S 393g und i/I) als auch in der Hauptverhandlung (S 347/IX) bestätigte, bei der Übergabe gestohlener Zigaretten durch Yilber H***** an den Angeklagten T***** dabei gewesen zu sein, im Widerspruch dazu aber die Frage des Verteidigers verneinte, gesehen zu haben, dass H***** in Gegenwart des Angeklagten D***** Zigaretten zu T***** brachte (S 361/IX).
Dass die vom Angeklagten T***** verhehlte Diebsbeute insgesamt den Betrag von 40.000 Euro deutlich überschritten hat, leitete das Erstgericht mittels eines nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung zulässigen Wahrscheinlichkeitsschlusses (Mayerhofer/Hollaender StPO5 § 281 Z 5 E 158) keineswegs unlogisch oder wesentlichen Erfahrungssätzen widersprechend durchaus zureichend daraus ab, dass er in den jeweiligen Tatnächten der Anzeigefakten 13 bis 16, bei denen Waren im Gesamtwert von über 50.000 Euro gestohlen wurden, mehrfach mit den an den Einbruchsdiebstählen unmittelbar Beteiligten telefonierte und demnach über die Herkunft der Beute in Kenntnis war. Zudem lässt die Beschwerde die weiteren Erwägungen der Tatrichter außer Acht, wonach in dem von T***** verwendeten Lagerraum im Zuge einer freiwilligen Nachschau drei leere Zigarettenkartons sichergestellt werden konnte, die den Anzeigefakten 13 und 15 zuzuordnen sind (US 30). Schließlich übergeht sie, dass das Erstgericht die Feststellung, der Angeklagte T***** sei zumindest Hauptabnehmer der von den übrigen Angeklagten gestohlenen Waren gewesen, aus seiner widersprüchlichen Verantwortung, den vorliegenden Telefonüberwachungsprotokollen und aus der Aussage des Zeugen D***** erschlossen hat (US 28 bis 30). Von einer offenbar unzureichenden Begründung kann daher keine Rede sein.
Mit dem bloßen Hinweis auf die Ausführungen in der Mängelrüge und der Behauptung, infolge mangelhafter (gemeint demnach: mangelhaft begründeter) Feststellungen zum Tatbestandsmerkmal des § 164 Abs 4 StGB sei eine abschließende rechtliche Beurteilung des inkriminierten Tatgeschehens nicht möglich, stellt die Subsumtionsrüge (Z 10) nicht auf den Urteilssachverhalt ab und bringt damit den geltend gemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund nicht gesetzgemäß zur Darstellung. Der unsubstantiierte Vorwurf unvollständiger Sachverhaltsfeststellungen wiederum legt nicht dar, welche konkreten weiteren Urteilsannahmen geboten gewesen wären (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 584).
Schließlich verstößt die Berücksichtigung einschlägiger Vorstrafen und des raschen Rückfalls als erschwerend auch bei gewerbsmäßiger Tatbegehung nicht gegen das Doppelverwertungsverbot (vgl Leukauf/Steininger Komm³ § 33 RN 5, 13 Os 14/97), womit auch die Sanktionsrüge (Z 11 zweiter Fall) ihr Ziel verfehlt.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Malsor G*****:
Soweit die Mängelrüge (Z 5) aus den Ergebnissen der Telefonüberwachung, der Rufdatenrückerfassung, der Observation des Hotels C***** und dem sichergestellten Schuhabdruck - im Vergleich zum Erstgericht - andere, für den Angeklagten günstigere, eine Tatbeteiligung negierende Schlussfolgerungen zieht, wendet sie sich nach Art einer Schuldberufung und somit in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung.
Mit der Behauptung, die Angeklagten hätten einander nicht gekannt bzw erst kurz vor ihrer Verhaftung kennen gelernt, hat sich das Erstgericht ebenso auseinandergesetzt (US 26) wie mit der Verantwortung des Angeklagten G*****, sich lediglich der Hehlerei schuldig zu bekennen (US 34).
Aus der Aussage des Mustafa To*****, die Angeklagten Malsor G***** und Mursel D***** hätten ihm bereits zwei Wochen nach Übernahme des Lokals "T***** & J*****", also im März 2003, Zigaretten zum Verkauf angeboten (S 411/III), leitete das Schöffengericht mängelfrei die Konstatierung ab, die Angeklagten seien schon weit länger in Kontakt gestanden (US 27). Indem die Beschwerde dies ignoriert, orientiert sie sich nicht an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe und entbehrt insoweit einer gesetzmäßigen Ausführung (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 394). Die Behauptung, der Angeklagte G***** sei auf Grund seines Beschäftigungsverhältnisses nicht in der Lage gewesen, nächtliche Einbrüche zu begehen, und angesichts seines regelmäßigen Einkommens auch nicht zur Beteiligung an den vorliegenden Straftaten genötigt gewesen, zeigt keinen Begründungsmangel auf, sondern erweist sich einmal mehr als unzulässige Kritik an der Beweiswürdigung nach Art einer Schuldberufung.
Da die Zeugin Erika A***** den unmittelbar nach der Tat am 15. Mai 2003 verhafteten Mittäter Mentor K***** anlässlich einer Gegenüberstellung und den Angeklagten G***** auf, wenngleich qualitativ minderwertigen, so doch bloß zwei Tage zuvor aufgenommenen Lichtbildern einwandfrei wiedererkannte, war die Frage, ob der Angeklagte mit seinem (roten) oder einem anderen, wie von der Zeugin angegeben, silberfarbenen Pkw flüchtete, ebenso wenig erörterungsbedürftig wie der Umstand, dass die Zeugin A***** Malsor G***** in der Hauptverhandlung vom 23. Jänner 2004, also über ein halbes Jahr nach der Tat nicht wiedererkannte. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass dieser anlässlich der Gegenüberstellung in der Hauptverhandlung nicht mehr glatzköpfig war (vgl S 313/IX und die Aussage der Zeugin A*****: "Der Zweite war kahlköpfig und größer ... vielleicht ein bisschen größer", (S 279/X) und sie neuerlich bei Vorhalt der Lichtbilder auf ihn zeigte (S 281/X).
Wenn die Beschwerde meint, die Tatrichter hätten die konstatierte Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung schwerer Einbruchsdiebstähle eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, lediglich unzureichend aus dem erhöhten Geldbedarf des Angeklagten G***** infolge seiner schweren Suchtgiftabhängigkeit erschlossen, übergeht sie, dass die Gewerbsmäßigkeit auch aus der Vielzahl der gleichartigen Zugriffe abgeleitet wurde (US 36). Damit kommt aber auch dem Grad der bei diesem Angeklagten bestehenden Suchtgiftabhängigkeit keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu. Dass sich das auch gegen die Gewerbsmäßigkeit ins Treffen geführte Argument, Malsor G***** sei angesichts seines regelmäßigen Beschäftigungsverhältnisses gar nicht in der Lage und in Anbetracht seines Einkommens auch gar nicht zu der ihm vorgeworfenen Vermögensdeliquenz gezwungen gewesen, als unzulässige Beweiskritik nach Art einer Schuldberufung darstellt, wurde bereits dargelegt. Mit der Wiederholung schon in der Mängelrüge erhobener Einwände, dem Hinweis auf die - im Gegensatz zum Zweit- und Drittbeklagten - bestehende Integration im Inland und dem Argument, aus einer Beteiligung am Einbruch vom 15. Mai 2003 in ein Bekleidungsgeschäft könne auf Grund des unterschiedlichen modus operandi nicht auf eine Täterschaft bei den Einbrüchen in Trafiken geschlossen werden, gelingt es der Tatsachenrüge (Z 5a) nicht, erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zu Grunde gelegten Tatsachen zu erwecken.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a, inhaltlich zum Teil Z 10) wendet sich gegen die Annahme der Gewerbsmäßigkeit und überhaupt gegen die Verwirklichung des Diebstahlstatbestandes, indem sie bloß unsubstantiiert Begründungs- bzw Feststellungsmängel behauptet, ohne sich am Urteilssachverhalt zu orientieren; damit wird aber ein materiellrechtlicher Nichtigkeitsgrund nicht zur prozessordnungsgemäßen Darstellung gebracht.
Einen Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot (Z 11 zweiter Fall) erblickt die Beschwerde in der Anführung der mehrfachen Qualifikation des Einbruchsdiebstahls als erschwerend, übersieht jedoch, dass neben der strafsatzbestimmenden Qualifikation zusätzlich mehrere Qualifikationen verwirklicht wurden.
Der Einwand mangelhafter Begründung der tatsächlichen Schadenshöhe, nämlich des Wertes des Diebsgutes und des ebenfalls als erschwerend gewerteten beträchtlichen Sachschadens, lässt außer Acht, dass diese Urteilsannahmen aus Z 11 zweiter Fall des § 281 Abs 1 StPO nicht bekämpft werden können (Ratz aaO Rz 693) und aus Sicht der Z 5 fallbezogen keine entscheidende Tatsache betreffen. Ein weiterer Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot wird mit dem Vorbringen behauptet, dass das Schöffengericht - trotz gleichzeitigen Widerrufes einer bedingten Entlassung - den raschen Rückfall nach bedingter Entlassung als erschwerend gewertet hätte. Abgesehen davon, dass nicht die bloße Begehung von Straftaten in der Probezeit sondern die Kurzfristigkeit des Rückfalles als erschwerend bewertet wurde, übersieht die Beschwerde, dass der kritisierte Umstand sinnfällig auf die darin manifestierte rezidive Kriminalität als eine nach den allgemeinen Grundsätzen der Strafbemessung (§ 32 Abs 2 und Abs 3 StGB) für die Gewichtung der personalen Täterschuld als aggravierend bedeutsame Tatsache hinweist; dies kommt auch im Kontext unzweideutig zum Ausdruck. Von einem nichtigkeitsbegründenden Strafbemessungsfehler im Sinne der Z 11 zweiter Fall kann somit auch hier keine Rede sein.
Die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Murat T***** und Malsor G***** waren daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Über die Berufungen und die Beschwerde des Angeklagten G***** gegen den Widerruf der bedingten Entlassung hat daher das Oberlandesgericht Innsbruck zu entscheiden (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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