OGH 13Os6/23s

OGH13Os6/23s31.5.2023

Der Oberste Gerichtshof hat am 31. Mai 2023 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. Setz‑Hummel LL.M. in Gegenwart des Schriftführers RechtspraktikantenMag. Wunsch in der Finanzstrafsache gegen * W* und eine Angeklagte wegen Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 2 lit b, 38 Abs 1 FinStrG idF vor BGBl I 2015/163 und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde des Amtes für Betrugsbekämpfung gegen das Urteil des Landesgerichts Steyr als Schöffengericht vom 16. November 2022, GZ 13 Hv 19/22x‑18, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0130OS00006.23S.0531.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

Fachgebiet: Finanzstrafsachen

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde – soweit hier von Bedeutung – * W* jeweils mehrerer Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung (richtig) nach §§ 33 Abs 2 lit b, 38 Abs 1 FinStrG idF vor BGBl I 2015/163 (A 1), nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG (A 2) und nach § 33 Abs 1 FinStrG (A 3) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er im Bereich des (ehemaligen) Finanzamts K* vom Jahr 2011 bis zum Jahr 2018 vorsätzlich

A 1) und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (US 8), als Einzelunternehmer sowie als Geschäftsführer der W* GMBH, der E* GMBH und der GGMBH unter Verletzung der Verpflichtung zur Führung von § 76 EStG sowie dazu ergangenen Verordnungen entsprechenden Lohnkonten Verkürzungen an Lohnsteuer, Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen oder Zuschlägen zum Dienstgeberbeitrag bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten, und zwar um (im Urteil nach Unternehmen, Entrichtungszeiträumen und Abgabenarten aufgegliedert) insgesamt 226.077,82 Euro für jeden der Kalendermonate April bis Oktober der Jahre 2011 bis 2015,

A 2) unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von § 21 UStG entsprechenden Voranmeldungen Verkürzungen an Umsatzsteuer bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten, und zwar

- als Einzelunternehmer für jeden einzelnen Kalendermonat der Jahre 2016 und 2017 um insgesamt 90.637,49 Euro und

- als Geschäftsführer der E* GMBH für jeden einzelnen Kalendermonat der Jahre 2012 bis 2016 um insgesamt 27.170 Euro, sowie

A 3) als Geschäftsführer der E* GMBH unter Verletzung abgabenrechtlicher Anzeige-, Offenlegungs‑ oder Wahrheitspflichten durch wiederholte Nichtabfuhr an den jeweiligen gesetzlichen Fälligkeitszeitpunkten unter Verletzung der Anmeldungspflicht in Bezug auf verdeckte Gewinnausschüttungen (US 9 f) für die Jahre 2014 bis 2016 Verkürzungen an Kapitalertragsteuer um insgesamt 4.842,50 Euro bewirkt.

[3] In Ansehung des Anklagevorwurfs, er habe (zudem) „einerseits unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht, andererseits unter Verletzung der Pflicht zur Abgabe von dem § 21 UStG 1994 entsprechenden Voranmeldungen“ (vgl aber Lässig in WK2 FinStrG § 33 Rz 18) Verkürzungen an Umsatzsteuer bewirkt, „wobei er bei der letztgenannten Pflichtverletzung die Abgabenverkürzung nicht nur für möglich, sondern für gewiss hielt“, und zwar als Einzelunternehmer für das Jahr 2012 um 67.606,55 Euro, für das Jahr 2013 um 67.602,84 Euro, für das Jahr 2014 um 54.766,29 Euro und für das Jahr 2015 um 43.837,67 Euro sowie als abgabenrechtlich Verantwortlicher der W* GbR für das Jahr 2011 um 49.455 Euro und für das Jahr 2012 um 94.649,17 Euro (Anklageschrift ON 8 S 2 f), hat das Schöffengericht durch dieKonstatierung, wonach nicht festgestellt werden konnte, dass der Angeklagte W* insoweit vorsätzlich „weitere Abgabenverkürzungen erwirkt“ habe (US 11 f), einen Freispruch zum Ausdruck gebracht (vgl RIS‑Justiz RS0116266 [T9 und T10]).

Rechtliche Beurteilung

[4] Gegen diesen wendet sich das Amt für Betrugsbekämpfung mit seiner auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

[5] Die Unvollständigkeit und Widersprüchlichkeit (Z 5 zweiter und dritter Fall) behauptende Mängelrüge beschränkt sich darauf, ohne Hinweis auf konkrete Verfahrensergebnisse allein mit eigenen beweiswürdigenden Erwägungen einzuwenden, das Gericht habe „nicht an den vorliegenden Verfahrensergebnissen Maß genommen, sondern nur am Vorbringen des Angeklagten“. Solcherart bringt sie keinen Begründungsmangel im Sinn der Z 5 zur Darstellung (zu den fünf vom Gesetz genannten Kategorien von Begründungsfehlern, die Nichtigkeit aus Z 5 nach sich ziehen, vgl jüngst 13 Os 35/20a). Vielmehr wendet sie sich nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) Schuldberufung in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO).

[6] Die solcherart (aus Z 5) erfolglos bekämpfte Negativfeststellung (US 11 f) steht dem von der Beschwerde angestrebtenanklagekonformen Schuldspruch des Angeklagten * W* entgegen. Die diesbezügliche Rechtsrüge (Z 9 lit a) geht damit von vornherein ins Leere.

[7] Soweit dieBeschwerdezudemeinen Feststellungsmangel behauptet, weil das Erstgericht die Prüfung der Frage unterlassen habe, ob in Ansehung der vom Freispruch umfassten Taten „nicht doch § 34 Abs. 1 FinStrG vorliegt“ (zur insoweit fallbezogen grundsätzlich möglichen Gerichtszuständigkeit siehe § 53 Abs 3 FinStrG), verabsäumt sie, konkrete – entsprechende Feststellungen indizierende – Beweisergebnisse deutlich und bestimmt aufzuzeigen. Damitverfehlt sie die prozessordnungsgemäße Darstellung des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes (RIS‑Justiz RS0118580).

[8] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – gemäß § 285d Abs 1 StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

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