OGH 13Os62/10g

OGH13Os62/10g19.8.2010

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. August 2010 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Lässig, Dr. Nordmeyer und Mag. Hautz in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Bayer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Hashmat S***** wegen Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 7. Jänner 2010, GZ 32 Hv 126/09w-72, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Hashmat S***** - soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung - des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 9. Mai 2009 in Wien Claudia T***** mit Gewalt und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben zur Duldung des Beischlafs genötigt, indem er vorgab, sie nach Hause zu bringen, sie dann in seine Wohnung lockte, der bereits Betrunkenen weiter Alkohol einflößte, sie dann gegen ihren Willen entkleidete, auf die Bettbank drückte, einen Faustschlag andeutete und ihr sagte, sie solle zu weinen aufhören, da er sonst aggressiv würde, und den Geschlechtsverkehr an ihr vollzog.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 1, 3 und 11 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Die Besetzungsrüge (Z 1) wendet ein, der laut Urteilsausfertigung als Schöffe an der Entscheidung beteiligte Kurt N***** habe nicht der ganzen Verhandlung beigewohnt, weil er an dieser zwar am 10. Dezember 2009 (ON 61), am 7. Jänner 2010 (ON 71) statt seiner jedoch ein Karl N***** als Schöffe teilgenommen habe. Diesbezüglich genügt der Hinweis auf den - unbekämpft gebliebenen (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 312) - Beschluss (ON 78) über die Berichtigung von Hauptverhandlungsprotokoll (ON 61) und Urteil (ON 72), mit welchem der Vorname des genannten Schöffen jeweils auf „Karl“ mit der Begründung korrigiert wurde, es habe sich ohnehin um dieselbe Person mit diesem Vornamen gehandelt.

Wird eine Hauptverhandlung - wie hier - in einem späteren Kalenderjahr (bloß) fortgesetzt (nicht gemäß § 276a StPO neu durchgeführt), bedarf es keiner neuerlichen Beeidigung der (identen) Schöffen. Der in diesem Sinn im Rahmen der - widersprüchlich zur Besetzungsrüge ausgeführten - Verfahrensrüge (Z 3) in Betreff des Schöffen Karl N***** erhobenen Forderung fehlt es daher ebenfalls an Berechtigung (RIS-Justiz RS0098270; Danek, WK-StPO § 240a Rz 1).

Warum die behauptete Verwendung von „lediglich Stehsätzen und Allgemeinplätzen“ bei Formulierung der Strafzumessungserwägungen Nichtigkeit gemäß Z 11 dritter Fall begründen soll, legt die in diesem Sinn erstattete Sanktionsrüge nicht dar (vgl zur unter diesem Aspekt fehlenden Pflicht sachverhaltsmäßiger oder rechtlicher Begründung der Strafzumessung: Ratz, WK-StPO § 281 Rz 681 und 691).

Mit der im Rahmen der weiteren Sanktionsrüge als offenbar unrichtige Beurteilung für die Strafzumessung maßgebender entscheidender Tatsachen (Z 11 zweiter Fall) bekämpften rechtlichen Unterstellung des festgestellten Täterverhaltens, wonach der Beschwerdeführer das Tatopfer - gegen dessen auch körperlich artikulierten Widerstand („versuchte, ihn wegzudrücken“) - auf die Couch „gedrückt“ (solcherart - deutlich genug erkennbar - nicht ganz unerhebliche physische Kraft eingesetzt) und auszuziehen begonnen habe (US 3 iVm US 6), unter das tatbildliche Nötigungsmittel des Einsatzes von Gewalt (neben jenem der Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben) bewegt sich das Erstgericht im Rahmen der gefestigten Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0095260). § 201 Abs 1 StGB regelt einen alternativen Mischtatbestand mit den rechtlich gleichwertigen Nötigungsmitteln der Gewalt, Entziehung der persönlichen Freiheit oder Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (RIS-Justiz RS0116655; Schick in WK² § 201 Rz 3). Da die Erfüllung mehr als einer dieser Alternativen die Strafbarkeit nicht bestimmt, verstößt die Annahme eines in der Tatbegehung durch Gewalt und Drohung bestehenden Erschwerungsgrundes nicht gegen das Doppelverwertungsverbot des § 32 Abs 2 erster Satz StGB (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 711; vgl 14 Os 102/00, 15 Os 175/03).

Soweit schließlich das im Rahmen der Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe erstattete Vorbringen pauschal auch zum Inhalt der Sanktionsrüge (Z 11) erhoben wirdund nicht Berufungsvorbringen enthält, ist festzuhalten, dass die kritisierte Wertung des „besonders raschen Rückfalls“ (nach einer Verurteilung wegen § 127 StGB) als - mit jenem des § 33 Z 2 StGB nicht identen - Erschwerungsgrund auf gleicher schädlicher Neigung beruhende Vordelinquenz nicht voraussetzt (RIS-Justiz RS0125409) und somit unter dem Aspekt des erkennbar geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes (Z 11 zweiter Fall) nicht zu beanstanden ist.

Aus der Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde schon bei der nichtöffentlichen Beratung (§ 285d Abs 1 StPO) folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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