OGH 13Os61/95

OGH13Os61/9531.5.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 31.Mai 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel, Dr.Mayrhofer, Dr.Ebner und Dr.Rouschal als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Svatek als Schriftführerin in der Strafsache gegen Christian W***** wegen des Vergehens nach § 16 Abs 1 SGG über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 11.November 1994, GZ 1 d E Vr 11594/94-9, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr.Presslauer, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Beschluß des Landesgerichtes für Strafachen Wien vom 11.November 1994, GZ 1 d E Vr 11594/94-9, verletzt mit seiner Entscheidung nach § 494 a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO das Gesetz in dem im XX.Hauptstück der StPO verankerten Grundsatz der materiellen Rechtskraft.

Dieser Beschluß wird aufgehoben.

Text

Gründe:

Mit dem Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 7. September 1994, GZ 6 b E Vr 8778/93-38, wurde die bedingte Nachsicht der über Christian W***** mit dem Urteil dieses Gerichtshofes vom 24.Februar 1994 (ON 30) wegen § 16 Abs 1 SGG unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit verhängten Freiheitsstrafe von drei Monaten wegen Nichtbefolgung einer Weisung widerrufen. Dieser Beschluß erwuchs nach Zustellung durch Hinterlegung (13.September 1994, 178 verso des Aktes 6 b E Vr 8778/93) und Ablauf der Beschwerdefrist (§ 498 Abs 2 StPO) in Rechtskraft.

Am 11.November 1994 verurteilte das Landesgericht für Strafsachen Wien Christian W***** zu GZ 1 d E Vr 11594/94-9 wegen § 105 Abs 1 StGB neuerlich zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten, die es für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachsah. Zugleich faßte der Einzelrichter den Beschluß, vom Widerruf der mit dem Urteil vom 24. Februar 1994 gewährten bedingten Strafnachsicht abzusehen und die Probezeit auf fünf Jahre zu verlängern. Der Akt 6 b E Vr 8778/93 stand ihm damals zur Verfügung (siehe dort 38 und Aktenübersicht).

Rechtliche Beurteilung

Wie der Generalprokurator in seiner zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt, steht der Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 11.November 1994 mit dem Gesetz nicht im Einklang:

Dieser Beschluß auf Absehen vom Widerruf und Verlängerung der Probezeit war verfehlt, weil er ohne Rücksicht auf die bereits rechtskräftig widerrufene bedingte Strafnachsicht gefaßt wurde; er konnte daher keine Rechtswirksamkeit mehr entfalten. Insbesondere wurde dadurch der bereits vom Landesgericht für Strafsachen Wien ausgesprochene Widerruf der bedingten Strafnachsicht nicht beseitigt (EvBl 1989/64). Er verletzt deshalb das Gesetz in dem sich aus dem XX.Hauptstück der StPO ergebenden Grundsatz der materiellen Rechtskraft (15 Os 73,74/90, 12 Os 99/93, 13 Os 88,89/94 ua). Der Beschluß ist daher wirkungslos.

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes war über die Feststellung der Gesetzesverletzung hinaus aus Gründen der Rechtsklarheit der Beschluß vom 11.November 1994 durch Aufhebung zu beseitigen (vgl EvBl 1989/64 = JBl 1989, 400; 15 Os 76/91, 13 Os 88,89/94). Davon ist das Strafregisteramt durch das Landesgericht für Strafsachen Wien im Verfahren 1 d E Vr 11594/94 bereits - ersichtlich unter Vorgriff auf diese Entscheidung - verständigt worden (s. S 188 des genannten Vr-Aktes).

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