OGH 13Os6/17g

OGH13Os6/17g22.2.2017

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. Februar 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Adamowitsch als Schriftführerin in der Strafsache gegen Mustapha A***** wegen Verbrechen der Schlepperei nach § 114 Abs 1, Abs 3 Z 2, Abs 4 erster Fall FPG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt als Schöffengericht vom 4. Oktober 2016, GZ 12 Hv 29/16t‑89, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0130OS00006.17G.0222.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Mustapha A***** mehrerer Verbrechen der Schlepperei nach § 114 Abs 1, Abs 3 Z 2, Abs 4 erster Fall FPG schuldig erkannt.

Danach hat er die Einreise oder die Durchreise von Fremden in oder durch Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder Nachbarstaaten Österreichs mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz gefördert, indem er in N***** und an anderen Orten

(I) am 31. Juli 2015 gegen ein nicht mehr feststellbares Entgelt im einverständlichen Zusammenwirken mit Youssef O***** 18 Fremde von Ungarn nach Österreich transportierte,

(II) am 8. August 2015 gegen ein Entgelt von 400 Euro 20 Fremde von Ungarn über Österreich nach Deutschland transportierte,

(III) in der Nacht zum 5. April 2016 gegen ein Entgelt von 350 Euro für eine von Markos F***** durchgeführte Schleppung von 21 irakischen Staatsangehörigen als Aufpasser fungierte und

(IV) in der Nacht zum 18. April 2016 im einverständlichen Zusammenwirken mit Maher S***** und Moise D***** abwechselnd als Lenker des Vorausfahrzeugs oder des Schleppfahrzeugs oder als Beifahrer 16 Fremde von Ungarn über Österreich nach Deutschland transportierte, wobei er 200 Euro als Vorauszahlung erhielt und weitere 150 Euro nach Abschluss der Schleppung erhalten sollte.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Indem die Mängelrüge (Z 5) die Feststellungen zur subjektiven Tatseite als offenbar unzureichend begründet kritisiert (Z 5 vierter Fall), ohne die diesbezügliche Urteilsbegründung – die sich unter anderem auf die großteils geständige Verantwortung des Beschwerdeführers stützt – in ihrer Gesamtheit (US 9 f) zu betrachten, entzieht sie sich einer meritorischen Erledigung (11 Os 53/07i, SSt 2007/68; RIS‑Justiz RS0119370).

Im Übrigen ist auch der von der Beschwerde ebenfalls kritisierte, vom Erstgericht als Begründungselement herangezogene Schluss vom äußeren Tatgeschehen auf die innere Tatseite unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden (RIS‑Justiz RS0098671 und RS0116882).

Die Subsumtionsrüge (Z 10) entwickelt ihre Argumentation nicht aus dem Urteilssachverhalt und verfehlt solcherart den Bezugspunkt materiell‑rechtlicher Nichtigkeit (RIS‑Justiz RS0099810).

Mit Blick auf § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO sei festgehalten, dass das zeitliche Element der kriminellen Vereinigung (§ 278 Abs 2 StGB) durch die Urteilskonstatierungen sehr wohl zum Ausdruck gebracht wird. Die Judikatur verlangt insoweit die Ausrichtung auf wenigstens mehrere Wochen (RIS‑Justiz RS0119848), was durch die Feststellungen, wonach der Zusammenschluss auf unbestimmte Zeit errichtet wurde und tatsächlich zumindest vom 31. Juli 2015 bis zum 18. April 2016 – also mehr als 9 Monate hindurch – bestand (US 4 bis 6), hier feststeht.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Hinzugefügt sei, dass die Schuldsprüche I und II zu Unrecht nach Tatzeitrecht erfolgten, weil der Günstigkeitsvergleich zwischen Urteilszeitrecht und Tatzeitrecht (§ 61 StGB) streng fallbezogen anzustellen ist (14 Os 135/04, SSt 2004/87; RIS‑Justiz RS0119545; Höpfel in WK² StGB § 61 Rz 14; Triffterer SbgK § 61 Rz 24). Da den genannten Schuldsprüchen Schleppungen von 18 (I) und von 20 (II) Fremden zugrunde liegen, ist die insoweit in Rede stehende Qualifikationsnorm des § 114 Abs 3 Z 2 FPG sowohl idF BGBl I 2013/144 als auch idF BGBl I 2015/121 erfüllt, womit in concreto gleiche Günstigkeit vorliegt, was nach § 61 StGB zur Anwendung des Urteilszeitrechts (BGBl I 2015/121) führt. Zumal der aufgezeigte Rechtsfehler dem Angeklagten nicht nachteilig ist, hat er unter dem Aspekt amtswegiger Wahrnehmung (§ 290 Abs 1 zweiter Satz StPO) auf sich zu beruhen.

Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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