Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden angefochtenen Urteil wurden Heinrich L***** und Martin W***** im zweiten Rechtsgang, der sich auf die Qualifikation des schweren Raubes nach § 143 dritter Fall StGB beschränkte, unter Einbeziehung der im ersten Rechtsgang in Rechtskraft erwachsenen Schuldsprüche neuerlich wegen des Verbrechens des Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 dritter Fall StGB schuldig erkannt (vgl aber Ratz, WK-StPO § 289 Rz 12). Danach haben sie am 2. August 2005 in Innsbruck im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter der Karin B***** mit Gewalt fremde bewegliche Sachen, nämlich eine Handtasche mit 2 Euro Bargeld und diversem anderen Inhalt mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem Martin W***** an ihrer Handtasche riss, Heinrich L***** oder Martin W***** ihr einen Schlag gegen die linke Schulter versetzte, Heinrich L***** ihr sodann die Handtasche entriss und Martin W***** diese an sich nahm, wobei sie durch die Gewaltanwendung wenigstens fahrlässig eine schwere Körperverletzung der Karin B*****, nämlich eine Prellung des linken Knies mit einer Schwellung und oberflächlichen Hautabschürfung sowie eine Schulterprellung links mit einem Teileinriss der Sehne des Muskels und dadurch eine länger als 24 Tage dauernde Gesundheitsschädigung herbeiführten.
Die nominell jeweils auf Z 12 des § 345 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden der beiden Angeklagten, die sich erneut gegen die Qualifikation nach § 143 dritter Fall StGB wenden, verfehlen ihr Ziel.
Rechtliche Beurteilung
Die Anfechtung des Urteils eines Geschworenengerichtes mittels Rechts- oder Subsumtionsrüge (§ 345 Abs 1 Z 11 und 12 StPO) setzt einen Vergleich der im Wahrspruch der Geschworenen enthaltenen und damit festgestellten Tatsachen mit dem darauf angewendeten Strafgesetz voraus. Dabei muss an den durch den Wahrspruch festgestellten Tatsachen festgehalten und aus dem Wahrspruch selbst ein Rechtsirrtum nachgewiesen werden, wobei ein Rückgriff auf im Wahrspruch nicht festgestellte (angebliche) Ergebnisse des Beweisverfahrens ausgeschlossen ist (RIS-Justiz RS0101089, RS0101485, RS0101527; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 613).
Diesen Anforderungen werden beide Subsumtionsrügen nicht gerecht.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Heinrich L*****:
Mit seinem Einwand, die festgestellten Verletzungen des Tatopfers seien (auch nach dem Sachverständigengutachten) als an sich leicht zu beurteilen, vernachlässigt der Beschwerdeführer die im Wahrspruch getroffene ausdrückliche Annahme einer durch die Tat herbeigeführten, länger als 24 Tage dauernden Gesundheitsschädigung (§ 84 Abs 1 erster Fall StGB).
Auch mit der auf eigenständige Schlussfolgerungen aus Beweisergebnissen gestützten Argumentation eines infolge degenerativer Vorschädigung im Schultergelenksbereich des Tatopfers für den Angeklagten nicht vorhersehbaren atypischen Kausalverlaufs verfehlt der Beschwerdeführer eine prozessförmige Kritik am Wahrspruch der - in dieser Hinsicht ausdrücklich belehrten (S 9 f der Rechtsbelehrung Beilage ./1 zu ON 84) - Geschworenen. Bei der mit der Behauptung eines „atypischen Kausalverlaufs" ins Spiel gebrachten normativen Erfolgszurechnung handelt es sich im Übrigen - prozessual betrachtet - um ein negatives Tatbestandsmerkmal, dessen angebliches Vorliegen der Geltendmachung eines Feststellungsmangels durch Fragenrüge bedurft hätte (Z 6; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 602, 616, 634, § 345 Rz 30, 45).
Für ein Verständnis der Beschwerde im Sinn dieses Nichtigkeitsgrundes mangelt es indes bereits an einem Vorbringen, warum jede Art von atypischem Kausalverlauf schon an sich und ohne weitere Voraussetzungen die „objektive Zurechenbarkeit" in Frage stellen sollte (vgl 13 Os 20/06z, EvBl 2006/116, 610; zur rechtlichen Bedeutung atypischer Kausalverläufe: Burgstaller in WK² § 6 Rz 63, 96 f).
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Martin W*****:
Aus Z 12 orientiert sich der Beschwerdeführer nicht an den Anfechtungskategorien des in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgrundes, indem er die im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten Tatsachen bestreitet.
Insoweit der Sache nach eine Tatsachenrüge (Z 10a) zur Ausführung gelangt, versucht der Nichtigkeitswerber mit seinem Vorbringen unter Erörterung einzelner aus dem Zusammenhang gerissener Passagen aus dem Gutachten der medizinischen Sachverständigen zur Schwere der Verletzung des Tatopfers (S 341/II) und zu allgemein möglichen Ursachen des vorliegenden Verletzungsbildes (S 343, 373/II) die Richtigkeit der Annahmen der Geschworenen im Hinblick auf die Tatbestandsmerkmale des § 143 StGB in Zweifel zu ziehen. Er übergeht dabei, dass die Sachverständige wiederholt und dezidiert nicht nur eine durch die Tat herbeigeführte, länger als 24 Tage dauernde Gesundheitsschädigung konstatiert (S 341, 373/II), sondern zudem bestätigt hat, dass (auch) der festgestellte Teileinriss einer Muskelsehne der linken Schulter aus medizinischer Sicht durch den anlässlich des inkriminierten Vorfalls erlittenen Schlag herbeigeführt wurde (S 341/II). Auch die - für die Frage atypischen Kausalverlaufs und subjektiver Erfolgszurechenbarkeit relevanten - Ausführungen im Gutachten, wonach das lädierte Schultergelenk des (60-jährigen) Tatopfers zwar über dem Altersdurchschnitt gelegene, aber nicht als abnorm zu beurteilende degenerative Vorschäden aufwies und die in Rede stehende Verletzungsfolge eine heftige Gewalteinwirkung erforderte (S 375/II), werden in der Tatsachenrüge ignoriert.
Solcherart gelingt es dem Beschwerdeführer nicht, sich aus der (gesamten) Aktengrundlage ergebende erhebliche Bedenken an der Richtigkeit der Schlussfolgerungen der Geschworenen zum Grad der Verletzung, zu Kausalität und Adäquanzzusammenhang oder zur Frage der subjektiven Erfolgszurechenbarkeit zu erwecken.
Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 344, 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufungen (§§ 344, 285i StPO). Die Kostenersatzpflicht der Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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