OGH 13Os58/85

OGH13Os58/859.5.1985

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.Mai 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Schneider (Berichterstatter), Dr. Felzmann und Dr. Brustbauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Stöger als Schriftführerin in der Strafsache gegen Manfred A wegen des Verbrechens der Nötigung zum Beischlaf nach § 202 Abs. 1 StGB. über die Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 19.November 1984, GZ. 4 a Vr 7593/84-21, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalts Dr. Strasser, des Angeklagten und des Verteidigers Dr. Hübner zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Das Landesgericht erkannte den am 14.September 1963 geborenen Manfred A des Verbrechens der Nötigung zum Beischlaf nach § 202 Abs. 1 StGB.

schuldig und verurteilte ihn nach dieser Gesetzesstelle zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr. Bei der Strafbemessung wertete es die Vorstrafen als erschwerend, hingegen das Alter des Angeklagten unter 21 Jahren zur Tatzeit als mildernd.

Die gegen den Schuldspruch erhobene Nichtigkeitsbeschwerde wurde bereits mit dem vom Obersten Gerichtshof am 25.April 1985 zu GZ. 13 Os 58/85-6 in nichtöffentlicher Beratung gefaßten Beschluß, dem auch der entscheidungswesentliche Sachverhalt entnommen werden kann, zurückgewiesen.

Gegenstand des Gerichtstags sind daher die beiderseitigen Berufungen.

Der öffentliche Ankläger beantragt die Verhängung einer weit höheren Strafe. Er verweist auf das kriminell getrübte Vorleben des zur Tatzeit schon nahezu 21 Jahre alten Angeklagten und den Unrechtsgehalt der Tat; dieser ergebe sich aus der Tatverübung an einer wesentlich älteren, ihm körperlich weit unterlegenen Frau, mit deren Sohn er befreundet sei. Hingegen zielt der Angeklagte mit seiner Berufung auf die Herabsetzung der Freiheitsstrafe und die Gewährung der bedingten Strafnachsicht ab. Er verweist auf sein Alter zur Tatzeit, seine Alkoholisierung und die seiner Meinung nach gegeben gewesene, besonders verlockende Gelegenheit zur Tatbegehung. Die Vorstrafen bezeichnet der Angeklagte als nicht schwerwiegend; sie indizierten keine kriminelle Grundhaltung, weil es sich lediglich um Raufhändel in jugendlichem Milieu handle.

Rechtliche Beurteilung

Keinem dieser Rechtsmittel kommt Berechtigung zu:

Das Erstgericht hat den bestehenden Milderungsumstand zutreffend angenommen und gewürdigt. Erschwerend sind 'die Vorstrafen' deshalb, weil sie auf gleicher schädlicher Neigung in der Bedeutung des § 71 StGB. beruhen.

Dies betrifft sowohl die drei Vorabstrafungen (u.a.) wegen des Vergehens der Körperverletzung als auch die vierte, insoweit sie gleichfalls einen Schuldspruch wegen eines Aggressionsdelikts, nämlich des Vergehens der Sachbeschädigung, enthält. Als zusätzlicher Erschwerungsgrund fällt die beim Tatopfer eingetretene leichte Körperverletzung (siehe Seite 161) ins Gewicht. Die Alkoholisierung zur Tatzeit kommt dem Berufungswerber mangels der Voraussetzungen des § 35 StGB. nicht als (zusätzlicher) Milderungsumstand zugute. Von einer besonders verlockenden Gelegenheit im Sinn des § 34 Z. 9 StGB. kann nicht gesprochen werden, weil dieser Milderungsgrund nur dann gegeben ist, wenn eine Gelegenheit in besonderem Maß nahelegt, daß ihr auch ein ansonsten rechtstreuer Mensch unterliegen könnte (Leukauf-Steininger, Komm. 2 , RN. 15 zu § 34 StGB.). Dies kann im gegenständlichen Fall keineswegs angenommen werden, verfolgte doch der Angeklagte die ihm körperlich unterlegene Frau zur Nachtzeit auf ihrem Heimweg und nötigte sie unter Einsatz seiner körperlichen überlegenheit zum Beischlaf.

Zusammenfassend ergibt sich mithin, daß das Schöffengericht unter richtiger Würdigung der Täterpersönlichkeit und des Unrechtsgehalts der Tat eine angemessene Freiheitsstrafe verhängte, die - ungeachtet eines übersehenen Erschwerungsumstands - einer Korrektur nicht bedarf.

Der vom Angeklagten begehrten bedingten Strafnachsicht (§ 43 Abs. 1 StGB.) stehen vor allem spezialpräventive Gründe entgegen. Auch in diesem Zusammenhang ist auf die schon erörterte, nicht unbeträchtliche Vorstrafenbelastung zu verweisen.

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