OGH 13Os56/80

OGH13Os56/8022.5.1980

Der Oberste Gerichtshof hat am 22.Mai 1980 unter dem Vorsitz des Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Bernardini, Dr. Horak, Dr. Friedrich und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Baumgartner als Schriftführers in der Strafsache gegen Christian A wegen des Vergehens der versuchten Nötigung nach den §§ 15, 105 Abs. 1 StGB. und anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichts Ried i.I. als Schöffengerichts vom 8.Februar 1980, GZ. 7 Vr 728/79-11, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Horak, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Glatzl und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Gehart, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Die Berufung 'wegen Schuld' wird zurückgewiesen.

Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Christian A (nicht 'D': siehe die Ablichtung der Geburtsurkunde des Angeklagten, S. 207 im Vorakt 22 Vr 2335/76 des Landesgerichts Innsbruck) der Vergehen der versuchten Nötigung nach den §§ 15, 105 Abs. 1 StGB., der gefährlichen Drohung nach dem § 107 Abs. 1 StGB. und der versuchten falschen Beweisaussage vor Gericht nach den §§ 12, 15, 288 Abs. 1 StGB. als Beteiligter schuldig erkannt, weil er in Suben zwischen Juni 1979 und dem 26.September 1979

wiederholt Dieter B durch Versetzen von Schlägen, sohin mit Gewalt, und durch die Androhung von Schlägen, sohin durch gefährliche Drohung, zu einer Handlung, nämlich zur Übergabe von Zigaretten, zu nötigen versuchte (Punkt 1 des Urteilssatzes), im Oktober und November 1979

Dieter B durch die Äußerung, es würden andere für ihn (A) tätig werden, er, A, werde ihm (B) nichts mehr tun, gefährlich bedrohte, um B in Furcht und Unruhe zu versetzen (Punkt 2), sowie im Jänner 1980 und am 8.Februar 1980 dadurch, daß er Dieter B aufforderte, bei der Hauptverhandlung zu 7 Vr 728/79 des Kreisgerichts Ried i.I. auszusagen, er (A) habe B keine Schläge auf dem Hinterkopf, sondern lediglich einen 'Stubser' im Schulterbereich versetzt, zu veranlassen versuchte, bei seiner förmlichen Vernehmung zur Sache als Zeuge vor Gericht falsch auszusagen.

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit 'Berufung wegen Nichtigkeit, Schuld und Strafe', welches Rechtsmittel, soweit darin (in dessen Abschnitt II) Nichtigkeitsgründe - nämlich nach § 281 Abs. 1 Z. 5 und 9

lit. a StPO. - geltend gemacht werden, als Ausführung der angemeldeten (S. 81) Nichtigkeitsbeschwerde zu behandeln ist (Gebert-Pallin-Pfeiffer III/2, Nr. 18 zu § 280 StPO.).

Rechtliche Beurteilung

Mit Bezugnahme auf den erstangeführten Nichtigkeitsgrund wirft der Angeklagte dem Urteil offensichtliche Begründungsmängel vor, weil es nicht angehe, lediglich auf die Aussage eines Zeugen im Vorverfahren hinzuweisen, ohne sich mit seiner Glaubwürdigkeit zu beschäftigen. Im Hinblick auf die unter Wahrheitspflicht abgelegten Aussagen der Zeugen B und C (in der Hauptverhandlung) erschienen die erstgerichtlichen Feststellungen geradezu unhaltbar. Abgesehen davon, daß dieses Vorbringen insofern aktenwidrig ist, als sich die Urteilsfeststellungen (auch) auf die Angaben des Zeugen B in der Hauptverhandlung stützen (in denen er seine zu deren Beginn gegebene - allerdings zunächst auf Entlastung des Angeklagten abzielende - Darstellung richtig gestellt hatte: S. 65 ff.) und das Gericht auch die Aussage des Zeugen C erörterte und darlegte, weshalb es sie für unglaubwürdig erachte (S. 93 f.), könnte von einem formellen Begründungsmangel im Sinne des genannten Nichtigkeitsgrunds auch dann nicht gesprochen werden, wenn das Schöffengericht seine Konstatierungen tatsächlich nur auf die Bekundungen des Zeugen B im Vorverfahren gestützt hätte, weil eine derartige Vorgangsweise im Rahmen der dem Gericht zustehenden freien Beweiswürdigung (§ 258 Abs. 2 StPO.) durchaus legitim ist. Die der Sache nach nur die Schuldsprüche 1 - soweit (außer Gewalt auch) gefährliche Drohung als Mittel der (versuchten) Nötigung angenommen wurde - und 2 betreffende Rüge nach Z. 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO. geht gleichfalls fehl: Für die hier im Vordergrund stehende Rechtsfrage, ob die als erwiesen angenommenen Drohungen des Angeklagten mit Verletzungen am Körper jeweils die Eignung aufwiesen, der bedrohten Person begründete Besorgnisse einzuflößen (§ 74 Z. 5 StGB.), ist nämlich entscheidend, ob der Bedrohte unter den Gegebenheiten des Anlaßfalls den Eindruck gewinnen mußte, der Täter sei willens und in der Lage, das angedrohte Übel herbeizuführen; die Drohung muß also ernst gemeint scheinen und demgemäß unter Berücksichtigung aller Begleitumstände der Tat objektiv geeignet sein, die in Rede stehende Wirkung hervorzurufen (13 Os 18/80 u.v.a.), ohne daß aber deshalb wirklich Besorgnis erweckt werden muß (LSK. 1976/192 u.a.). Daß diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall gegeben sind, steht nach den getroffenen Sachverhaltsfeststellungen aber außer Zweifel; für seinen gegenteiligen Standpunkt vermag der Beschwerdeführer kein wesentliches Argument vorzubringen. Mit der (unsubstantiierten) Behauptung schließlich, es könne die subjektive Tatseite (der betreffenden Delikte) nicht als erwiesen angenommen werden, wird die Rechtsrüge nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt, weil die prozeßordnungsgemäße Darstellung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrunds voraussetzt, daß von dem im Urteil festgestellten Sachverhalt ausgegangen wird.

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war mithin zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten gemäß den §§ 28, 288 Abs. 1 StGB. eine Freiheitsstrafe von sieben Monaten; in deren Bemessung wertete es als erschwerend die Begehung mehrerer strafbarer Handlungen verschiedener Art, während es als mildernd die nicht unberechtigte Entrüstung über das Verhalten des B, die psychische Ausnahmesituation während eines Strafvollzugs, die Bereitschaft des B, zugunsten des Angeklagten auszusagen sowie dessen Beitrag zur Wahrheitsfindung im Vorverfahren in Betracht zog. Die Berufung des Angeklagten, mit der er eine Herabsetzung des Strafausmaßes anstrebt, ist nicht begründet.

Angesichts des Zusammentreffens dreier Vergehen kann bei der strafbestimmenden Norm des § 288 Abs. 1 StGB., welche eine Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren vorsieht und der Anwendung des § 28 StGB. - entgegen der Meinung des Berufungswerbers - von einer 'exemplarischen Bestrafung' keine Rede sein. Daß hingegen die Wurzel seiner Verfehlungen in einer berechtigten Entrüstung über das Verhalten des Dieter B gelegen war, hat das Erstgericht ohnedies berücksichtigt. Eine Reduzierung der durchaus tatund tätergerechten Strafe ist bei dieser Sachlage nicht vertretbar.

Die 'Berufung wegen Schuld' war, weil die Strafprozeßordnung ein derartiges Rechtsmittel gegen Urteile von Kollegialgerichten nicht vorsieht (§ 283 Abs. 1 StPO.) als unzulässig zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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