OGH 13Os18/80

OGH13Os18/8028.2.1980

Der Oberste Gerichtshof hat am 28.Februar 1980 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Horak, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Vichytil als Schriftführerin in der Strafsache gegen Adolf A wegen des Verbrechens des Diebstahls nach §§ 127, 129 StGB. und anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengerichts vom 12.Dezember 1979, GZ. 22 Vr 1128/79-50, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Goriany und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Melnizky, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Hilfsarbeiter Adolf A (zu A) des Vergehens der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach dem § 287 Abs. 1 (§ 107 Abs. 1 und Abs. 2) StGB., (zu B) des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs. 1, Abs. 2 Z. 1, 129 Z. 1 und 15 StGB. und (zu C) des Vergehens der dauernden Sachentziehung nach dem § 135 Abs. 1 StGB. schuldig erkannt.

Rechtliche Beurteilung

Der allein gegen den Schuldspruch wegen des Vergehens der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach dem § 287 Abs. 1 (107 Abs. 1 und Abs. 2) StGB. (Punkt A) gerichteten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt Berechtigung nicht zu.

Mit dem auf § 281 Abs. 1 Z. 5 und 9 lit. a StPO.

gestützten Beschwerdevorbringen bekämpft der Beschwerdeführer die Urteilsannahme, er habe am 24.Jänner 1978 in Kufstein im Zustand der (fahrlässig herbeigeführten) vollen Berauschung den Gastwirt Josef B durch die Worte: 'Dich erstech ich noch' mit dem Tode gefährlich bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen.

Die aus dem Nichtigkeitsgrund der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. (als unzureichend begründet) bemängelte Urteilskonstatierung, daß der Angeklagte in den Abendstunden des 24. Jänner 1978 während eines ihm als Strafgefangenem im Rahmen des Entlassungsvollzugs (§ 147 StVG.) gewährten Ausgangs, nachdem ihm in der Gaststätte des Josef B, wo A Lokalverbot hatte, die Verabreichung von Getränken verweigert worden war, dem Gastwirt mit den Worten: 'Dich erstech ich noch' in ernst zu nehmender Weise angekündigt hatte, ihn zu erstechen, findet in der Zeugenaussage des Josef B (siehe S. 634 sowie S. 17 und 26 in ON. 8 in Verbindung mit S. 636) ihre volle aktenkonforme Deckung. Die Feststellung des Bedeutungsinhalts und der Tragweite einer derart drohenden Äußerung ist eine solche tatsächlicher Natur und vom erkennenden Gericht nach den Umständen des konkreten Falls im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu treffen (SSt. 37/39).

Ihr Wortlaut, der ein Töten durch Zufügen von Stichverletzungen ankündigte, in Verbindung mit dem sie begleitenden Verhalten des schon wiederholt einschlägig vorbestraften Angeklagten, der auf den Gastwirt losgehen wollte, aber noch zurückgehalten werden konnte, gestattete durchaus die vom Erstgericht vorgenommene Deutung der Drohung als eine solche mit dem Tod. Mithin haften dem Ersturteil zunächst Begründungsmängel in der Bedeutung des § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO. nicht an, zumal der vom Beschwerdeführer im gegebenen Zusammenhang auch relevierten Frage der Dauer des inkriminierten Vorfalls entscheidungswesentliche Bedeutung nicht zukommt. Aber auch die Eignung dieser Drohung, dem solcherart Bedrohten begründete Besorgnisse einzuflößen (§ 74 Z. 5 StGB.), konnte vom Erstgericht ohne Rechtsirrtum (§ 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a StPO.) bejaht werden; lagen doch auf der Basis der mängelfrei getroffenen Urteilsfeststellungen die hiefür erforderlichen Voraussetzungen vor:

Für die Beurteilung der Rechtsfrage, ob die als erwiesen angenommene Drohung des Angeklagten die Eignung aufwies, der bedrohten Person begründete Besorgnisse einzuflößen (§ 74 Z. 5 StGB.), ist nämlich entscheidend, ob der Bedrohte unter den Gegebenheiten des Anlaßfalls den Eindruck haben mußte, der Täter sei willens und in der Lage, das angedrohte Übel herbeizuführen. Die Drohung muß also ernst gemeint scheinen und demgemäß objektiv geeignet sein, den Bedrohten unter Berücksichtigung aller Begleitumstände der Tat in einen Zustand der Angst und Pein zu versetzen. Daß dieser Zustand auch wirklich herbeigeführt wird oder das angekündigte Übel - wie der Beschwerdeführer meint - als unmittelbar bevorstehend anzusehen ist, ist nicht erforderlich, weil weder die Nötigung noch die gefährliche Drohung eine (sogenannte) Imminenz des Übels voraussetzen (Kienapfel, Grundriß I RN. 797, 849, 850 u.a.).

Für die Unterstellung einer Drohung unter den § 107 Abs. 2 (erster Fall) StGB. - Drohung mit dem Tod - ist allerdings zudem Voraussetzung, daß die Drohung im dargelegten Sinn auch geeignet war, bei dem Bedrohten tatsächlich ernstliche Todesbefürchtungen auszulösen (EvBl. 1979/180).

Den Urteilsannahmen zufolge war nun Adolf A, wie schon erwähnt, gegen den von ihm verbal bedrohten Gastwirt Josef B auch aggressiv geworden; er war weiters dem Wirt als gewalttätiger Mensch bekannt, der schon einmal vor dem Gasthaus einen Mann niedergeschlagen hatte, der hiebei nach Wissen BS eine Schädelfraktur erlitten hatte, für welche Tat der Angeklagte zu einer längeren Freiheitsstrafe verurteilt worden war (siehe Vorstrafakt 22 Vr 3063/76 des Landesgerichts Innsbruck sowie auch S. 634 oben und S. 26 in ON. 8 des Hauptakts).

Unter diesen Umständen mußte Josef B bei unbefangener Betrachtung der Situation durchaus den Eindruck gewinnen, Adolf A sei fähig und gewillt, das ihm (B) in Aussicht gestellte, Todesbefürchtungen rechtfertigende Übel des 'Erstechens' zu verwirklichen, welche Annahme BS überdies in dessen Anzeigeerstattung bei der Gendarmerie ihren Niederschlag fand (S. 17 in ON. 8).

Dieser Beurteilung steht entgegen dem erneut auf den Nichtigkeitsgrund der Z. 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO. bezogenen Beschwerdevorbringen auch nicht die dem Angeklagten vom Erstgericht - im Zweifel zu seinen Gunsten (vgl. Sachverständigengutachten S. 583 d.A.) - zugebilligte volle Berauschung im Zeitpunkt der drohenden Äußerung im Wege. Zwar müssen, um gemäß § 287 StGB. strafbar zu sein, auch die Handlungen des Berauschten als folgerichtige Betätigung eines auf die Herbeiführung des strafgesetzwidrigen Erfolgs im Sinne des Grunddelikts gerichteten Willens erscheinen, doch ist hiebei zu berücksichtigen, daß der volltrunkene Täter eben nicht imstande ist, die Bedeutung und Tragweite seines Handelns einzusehen (SSt. 43/47). Deshalb darf auch die im Anwendungsbereich des § 287 StGB. zu fordernde Fähigkeit des Täters zur Willensbildung nicht mit dem gewollten Handeln eines nicht volltrunkenen (Vorsatz-)Täters gleichgesetzt werden (Leukauf/Steininger, Komm. zum StGB.2, RN. 10 zu § 287 und die dort zitierte Judikatur).

Vorliegend bilden nun die vom Erstgericht in diesem Zusammenhang getroffenen Feststellungen, wonach der Angeklagte erst nachdem ihm im Gasthaus des Josef B Getränke verweigert worden waren, gegen den Gastwirt die in Rede stehende drohende Äußerung machte und auf B losgehen wollte - worin nach Lage des Falls ein an sich zielgerichtetes und auch motivierbares Verhalten des Adolf A zu erkennen war -, ein ausreichendes Substrat für die Urteilsannahme eines auf (ernstliche) Bedrohung und Einschüchterung des Gastwirts gerichteten Willens des Angeklagten (vgl. 13 Os 106/76). Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten gemäß den §§ 129, 28 StGB. und unter Bedachtnahme gemäß dem § 31 StGB. auf das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 28.März 1979 (mit welchem über ihn wegen Verbrechens des versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 15, 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 StGB. eine - vom Oberlandesgericht Innsbruck mit Urteil vom 17.Mai 1979, AZ. 4 Bs 131/79, auf zehn Monate herabgesetzte - Freiheitsstrafe von zwölf Monaten verhängt worden war) eine Zusatzstrafe von acht Monaten.

Bei der Strafbemessung waren erschwerend das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen, die Wiederholung der diebischen Angriffe, die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen und der überaus rasche Rückfall; mildernd hingegen ein Teilgeständnis des Angeklagten und der Umstand, daß es in einem Fall nur beim Versuch geblieben war.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine 'weitaus' mildere Bemessung der Zusatzstrafe an, weil seiner Meinung nach sein Geständnis 'zweifellos' zu gering bewertet worden sei. Die Berufung erweist sich als unberechtigt.

Das vom Erstgericht ohnedies als mildernd gewertete Teilgeständnis ist lediglich ein vorliegend neben den anderen Strafzumessungsgründen nicht sonderlich ins Gewicht fallender Aspekt. Im Vordergrund stehen das - durch zahlreiche einschlägige Vorstrafen bis zu vier Jahren schweren Kerker erwiesen - sehr getrübte Vorleben des Angeklagten und der rasche Rückfall - zum Teil sogar während eines im Entlassungsvollzug aus der Strafhaft gewährten Ausgangs -, die den Angeklagten ebenso wie die ihm nunmehr zur Last liegende Deliktskonkurrenz als eher unverbesserlichen, gewalttätigen und eigentumsgefährlichen Kriminellen ausweisen, bei dem, wenn überhaupt, eine Resozialisierung nur durch eine nachhaltige Einwirkung im Rahmen eines auch zeitlich ausreichenden Freiheitsentzugs denkbar ist. Die vom Erstgericht verhängte Zusatzstrafe erscheint keineswegs überhöht, weil bei gemeinsamer Aburteilung aller den Gegenstand dieses Strafverfahrens bildenden Delikte zusammen mit dem am 11.März 1978 in Kiefersfelden durch den Angeklagten in Gesellschaft anderer versuchten Einbruchsdiebstahl in ein Gasthaus, der den Gegenstand des im Verhältnis des § 31 StGB. stehenden Urteils des Landesgerichts Innsbruck vom 28.März 1979 bildete und für den über ihn (letztinstanzlich) eine Freiheitsstrafe von 10 Monaten verhängt wurde, eine (hypothetische) Freiheitsstrafe von achtzehn Monaten durchaus angemessen gewesen wäre. Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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