European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0130OS00005.20I.0226.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Franz S***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB schuldig erkannt, zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und nach § 21 Abs 2 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen.
Rechtliche Beurteilung
Gegen das Einweisungserkenntnis richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten. Bekämpft werden die dem Ausspruch über die „Gefährlichkeit“ und die „Zukunftsprognose“ zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen.
Die Anordnung einer Maßnahme nach § 21 Abs 2 StGB stellt einen Ausspruch nach § 260 Abs 1 Z 3 StPO dar, der (lediglich) nach Maßgabe des § 281
Abs 1 Z 11 StPO mit Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft werden kann. Dabei sind Überschreitung der Anordnungsbefugnis (§ 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StPO) und Ermessensentscheidungen innerhalb dieser Befugnis zu unterscheiden (Ratz in WK
2 StGB Vor §§
21–25 Rz 8). Eine Bekämpfung aus Z 5a des § 281 Abs 1 StPO steht in Verbindung mit dem ersten Fall, nicht jedoch mit dem zweiten Fall des § 281 Abs 1 Z 11 StPO offen (RIS‑Justiz RS0118581; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 669).
Allfällige Fehler der Prognoseentscheidung ressortieren in den Regelungsbereich des zweiten Falls der Z 11 des § 281 Abs 1 StPO. Nichtigkeit aus Z 11 zweiter Fall liegt insoweit dann vor, wenn diese Entscheidung zumindest eine der in §
21 Abs 1
StGB genannten Erkenntnisquellen (Person, Zustand des Rechtsbrechers und Art der Tat) vernachlässigt oder die aus diesen Erkenntnisquellen gebildete Feststellungsgrundlage die Prognoseentscheidung als willkürlich erscheinen lässt (RIS-Justiz RS0113980, RS0118581; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 715 ff), was hier nicht behauptet wird.
Die Feststellung des auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit höheren Grades beruhenden Zustands des Angeklagten (US 5 und 7) stützten die Tatrichter auf das von ihnen als schlüssig und nachvollziehbar beurteilte (vgl dazu § 258 Abs 2 StPO) Gutachten der Sachverständigen DDr. W***** (US 8).
Indem sich das Rechtsmittel gegen diese Konstatierung wendet (der Sache nach Z 11 erster Fall iVm Z 5a), dabei das – unter Berücksichtigung der Stellungnahmen der Vereine N***** und Z***** erstellte (vgl ON 17 S 8 und 10 iVm ON 30 S 6 ff) – Gutachten der Expertin kritisiert und die Schlüsse der Sachverständigen für Psychiatrie und Neurologie bestreitet, bekämpft es lediglich die den Tatrichtern vorbehaltene Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen (§ 283 Abs 1 StPO)
Schuldberufung (vgl RIS‑Justiz RS0097433, RS0099508). Fachliche Zweifel an der Expertise einer Sachverständigen sind nach § 127
Abs 3 erster Satz StPO durch deren Befragung, falls diese nicht zum Ziel führt, durch Beiziehung eines weiteren Sachverständigen auszuräumen. Einen darauf gerichteten (gegebenenfalls aus Z 4 bewehrten) Antrag stellte der Angeklagte nach dem unbedenklichen Protokoll über die Hauptverhandlung nicht (ON 30 S 8).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufungen und der Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 letzter Satz StPO).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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