OGH 13Os50/13x

OGH13Os50/13x2.7.2013

Der Oberste Gerichtshof hat am 2. Juli 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kurzthaler als Schriftführer in der Strafsache gegen Jiri M***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Schöffengericht vom 1. März 2013, GZ 12 Hv 3/13g-24, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, dass im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch und demzufolge auch im Strafausspruch einschließlich des Ausspruchs über die Anrechnung der Vorhaft aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Wels verwiesen.

Mit seinen Rechtsmitteln wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen (auch einen rechtskräftigen Freispruch enthaltenden) Urteil wurde Jiri M***** je eines Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (I) und nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 3 SMG (II) sowie mehrerer Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG (III) schuldig erkannt.

Danach hat er „in H***** und an anderen Orten vorschriftswidrig Suchtgift

I.) in einer das 25-fache der Grenzmenge übersteigenden Menge ein- und ausgeführt, indem er in der Zeit von etwa August 2010 bis zumindest etwa Juli 2012 insgesamt etwa 9 kg Cannabiskraut mit einem Reinheitsgrad von durchschnittlich etwa 6 %, insgesamt etwa 40 g Methamphetamin mit einem Reinheitsgrad von etwa 80 % und 100 Stück LSD-Trips, somit etwa 0,01 g LSD, von Tschechien aus- und nach Österreich eingeführt;

II.) in einer das 15-fache der Grenzmenge übersteigenden Menge (große Menge) anderen überlassen, indem er in der Zeit von etwa August 2010 bis zumindest etwa November 2012

1.) insgesamt etwa 7 kg Cannabiskraut mit einem Reinheitsgrad von durchschnittlich etwa 6 % und etwa 15 g Methamphetamin mit einem Reinheitsgrad von etwa 80 % an den gesondert verfolgten Patrick B***** verkaufte;

2.) etwa 100 Stück LSD-Trips an den gesondert verfolgten Hans S***** verkaufte;

3.) insgesamt etwa 1 bis 2 kg Cannabiskraut mit einem Reinheitsgrad von durchschnittlich 6 % und eine nicht näher festzustellende Menge Methamphetamin mit einem Reinheitsgrad von etwa 80 % an teils bekannte, teils unbekannte Abnehmer verkaufte bzw. unentgeltlich überließ,

III.) nämlich Cannabiskraut und Methamphetamin, seit etwa Ende 2010 bis um den 30. Dezember 2012 in wiederholten Angriffen erworben und besessen, wobei er die Straftaten ausschließlich zum persönlichen Gebrauch begangen hat“.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen wendet sich der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 11 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Aus deren Anlass überzeugte sich der Oberste Gerichtshof, dass dem Urteil eine dem Angeklagten zum Nachteil gereichende, von ihm nicht geltend gemachte Nichtigkeit anhaftet (§§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall, 281 Abs 1 Z 10 StPO):

Mehrere für sich allein die Grenzmenge nicht übersteigende Suchtgiftquanten sind nur insoweit (zu die Grenzmenge übersteigenden Mengen) zusammenzurechnen, als der Wille (§ 5 Abs 1 StGB) des Täters von vornherein die kontinuierliche Begehung und den daran geknüpften Additionseffekt mit umfasste. Auf diese Weise kann das Verbrechen nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall SMG oder jenes nach § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG auch als tatbestandliche Handlungseinheit im Sinn einer fortlaufenden Tatbestandsverwirklichung begangen werden. Wird ein solcher Täterwille nicht als erwiesen angenommen, können derartige Einzelakte nur jeweils das Vergehen nach § 27 Abs 1 fünfter und sechster Fall SMG oder jenes nach § 27 Abs 1 achter Fall SMG begründen (RIS-Justiz RS0123018, RS0117463, RS0088096; Schwaighofer in WK2 SMG § 28a Rz 1, 9).

Ob die Willensausrichtung des Angeklagten im Betreff der vom Schuldspruch I und II erfassten Taten von vornherein die kontinuierliche Begehung und den daran geknüpften Additionseffekt mit umfasste und sich daher auf die Aus- und Einfuhr und das Überlassen einer die Grenzmenge übersteigenden Suchtgiftmenge bezog, geht aus den Konstatierungen nicht hervor, weshalb das Urteil insoweit an Nichtigkeit nach Z 10 des § 281 Abs 1 StPO leidet.

Der Rechtsfehler mangels Feststellungen führte - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - zur Aufhebung des Urteils im Schuldspruch I und II sowie - demzufolge (RIS-Justiz RS0119278) - auch im Schuldspruch III (§ 285e StPO) und im Strafausspruch.

Mit seinen Rechtsmitteln, die im Hinblick auf die gebotene Urteilsaufhebung keiner Erörterung bedurften, war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

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