Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Gerhard G***** wurde des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er zwischen 6. November 1997 und 4. April 1998 in Wien mit dem Vorsatz, dadurch die Republik Österreich in ihren Rechten, im "EKIS" gespeicherte Daten ausschließlich im dienstlichen Interesse abzufragen, zu schädigen, seine (ihm als Kriminalbeamter des Bezirkspolizeikommissariats Wieden eingeräumte) Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich mißbraucht, indem er unberechtigt und ohne konkretes dienstliches Interesse "EKIS"-Anfragen über im Urteilsspruch namentlich genannte ungarische Geheimprostituierte durchgeführt hat.
Dagegen richtet sich die auf die Z 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die berechtigt ist.
Rechtliche Beurteilung
Nach den Feststellungen war Anlaß für die Abfragen durch den Angeklagten die Festnahme der erwähnten Geheimprostituierten anläßlich einer fremdenpolizeilichen Streife in einem Wiener Animierlokal, in dem ein mit dem Angeklagten gut bekannter Oberkellner beschäftigt war. Die vom Angeklagten angegebene "Motivation" für seine inkriminierten "Anfragen", die Glaubwürdigkeit des Kellners zu prüfen, wurde vom Erstgericht ausdrücklich als unglaubwürdig verworfen (US 10, 12); Feststellungen, daß der Angeklagte die mißbräuchlich erlangten Informationen an seinen Bekannten Max B***** weitergegeben hat, vermochte das Erstgericht hingegen ungeachtet einer diesbezüglich angenommenen "hohen Wahrscheinlichkeit" nicht zu treffen, weil "der Nachweis nicht erbracht werden konnte" (US 6). Dessenungeachtet wurde dem Angeklagten neben dem wissentlichen Befugnismißbrauch auch ein zumindest bedingter Vorsatz auf Schädigung des "konkreten" Rechts des Staates, "im EKIS gespeicherte Daten ausschließlich im dienstlichen Interesse abzufragen", angelastet (US 3, 16 f).
Zu Recht führt die Rüge nach Z 9 lit a ins Treffen, daß allein die mißbräuchliche Beschaffung von dem Datenschutz unterliegenden personenbezogenen Daten, ohne darüber hinausgehenden Vorsatz, ein konkretes Recht des Staates (wozu das festgestellte nicht zählt) oder einer Person (wie beispielsweise das im § 1 DSG verankerte Grundrecht auf Datenschutz; s. SSt 56/11) zu schädigen, für § 302 Abs 1 StGB nicht ausreicht (siehe 15 Os 20/96, 12 Os 182/97, 13 Os 106/98, auch SSt 52/35, 56/11).
Die infolge rechtsirriger Beurteilung des im Urteil beschriebenen Rechts des Staates als konkretes, welches nach § 302 Abs 1 StGB geschädigt wurde, macht die Aufhebung des bekämpften Schuldspruches unumgänglich, kann jedoch nicht zu dem vom Beschwerdeführer angestrebten (sofortigen) Freispruch gemäß § 259 Z 3 StPO führen, sondern bedingt Verfahrenserneuerung in erster Instanz. Denn zur abschließenden Beurteilung des unter Anklage gestellten Sachverhaltes ist die Klärung erforderlich, ob nicht der Angeklagte bei der mißbräuchlichen Datenabfrage mit der Zielvorstellung gehandelt hat, das im DSG verankerte Grundrecht der genannten Frauen zu schädigen. Dazu ist ein tatsächlicher Schadenseintritt für § 302 Abs 1 StGB nicht nötig. Zur Deliktsvollendung genügt vielmehr (bei an sich möglicher Schädigung) ein darauf gerichteter Tätervorsatz (Mayerhofer/Rieder StGB4 § 302 E 40). Hat der Beschwerdeführer demnach zum Zeitpunkt der fraglichen Datenabfrage mit dem Vorsatz gehandelt, die erlangten Daten seinem Bekannten Max B***** mitzuteilen und damit das umschriebene Grundrecht bestimmter Personen zu schädigen, wofür die Aktenlage Anhaltspunkte bietet, ist Amtsmißbrauch vollendet (s. Leukauf-Steininger Komm3 RN 42 zu § 302).
Da der Feststellungsmangel vom Obersten Gerichtshof nicht beseitigt werden kann, ist die Durchführung einer neuen Hauptverhandlung unumgänglich. Das angefochtene Urteil war demnach bereits bei der nichtöffentlichen Beratung aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen (§ 285e StPO), demnach der Angeklagte mit seiner außerdem erhobenen Berufung hierauf zu verweisen.
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