Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Text
Gründe:
Die Staatsanwaltschaft Ried im Innkreis legte Andreas K***** mit Anklageschrift vom 10.September 1997 (ON 9) als Verbrechen des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB zur Last, am 24. Oktober 1996 in Braunau am Inn als Gendarmeriebeamter des örtlichen Gendarmeriepostens mit dem Vorsatz, einen anderen in seinem Recht auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten (§ 1 Abs 1 DSG) zu schädigen, seine Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, durch Abfrage und Weitergabe des Inhaltes einer Angelika S***** betreffenden Strafregisterauskunft (nach Erhebung persönlicher Daten der Genannten durch Einholung einer Auskunft aus der Kfz-Zulassungsevidenz) wissentlich mißbraucht zu haben.
Mit dem angefochtenen Urteil sprach das Erstgericht den Angeklagten von diesem Vorwurf gemäß § 259 Z 3 StPO frei.
Nach den wesentlichen Urteilsannahmen veranlaßte Andreas K***** während seines Journaldienstes über Initiative seiner Bekannten Waltraud St***** ausschließlich aus privatem Interesse mit dem Fernschreiber seiner Dienststelle eine Strafregisterabfrage hinsichtlich Angelika S*****, um deren allfällige Vorstrafenbelastung - St***** hatte mutmaßliche Diebstähle dieser Frau behauptet - festzustellen. Als Ergebnis dieser Abfrage gab er Waltraud St***** bekannt, daß im Strafregister keine Verurteilung aufscheint.
Dabei war sich der Angeklagte des Mißbrauchs seiner Befugnis bewußt, hielt die Erlangung eines positiven Anfrageergebnisses sowie dessen Kenntnisnahme durch (die während des Abfragevorganges neben ihm stehende) Waltraud St***** und dadurch eine Verletzung schutzwürdiger Interessen der Angelika S***** im Sinne des § 1 Abs 1 DSG ernsthaft für möglich und fand sich damit ab (US 2 und 3).
Dennoch erachtete das Schöffengericht den Tatbestand des § 302 Abs 1 StGB für nicht erfüllt, weil sich die tataktuelle EKIS-Abfrage auf Grund der Unbescholtenheit der abgefragten Person auf die Mitteilung beschränkt habe, daß diese im Strafregister nicht gespeichert sei und solcherart mangels eines daran bestehenden Geheimhaltungsinteresses gegen § 1 Abs 1 DSG nicht verstoßen wurde (US 4).
Die nur in den Urteilstenor aufgenommene Erhebung personenbezogener Daten der Angelika S***** aus der Kfz-Zulassungsevidenz findet in den Entscheidungsgründen keine Erwähnung.
Rechtliche Beurteilung
Zu Recht wendet die Staatsanwaltschaft dagegen in ihrer aus § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde eine rechtsfehlerhafte Beurteilung der objektiven Tatbestandserfordernisse des § 302 StGB ein.
Als Delikt mit überschießender Innentendenz liegt der tatsächliche Schadenseintritt bereits jenseits dieses Tatbildes, weshalb das Verbrechen bei - wie hier - an sich möglicher Schädigung ungeachtet späterer Verwirklichung des schädigenden Erfolges unter der Voraussetzung eines darauf gerichteten (erweiterten) Vorsatzes bereits mit der Mißbrauchshandlung vollendet ist und der Täter selbst dann nach dieser Gesetzesstelle strafbar bleibt, wenn die von seinem Vorsatz umfaßte Rechtsschädigung gar nicht eintreten kann (Kienapfel AT6 Z 15 RN 19 und 20; Bertel im WK § 302 Rz 116, 117; Leukauf/Steininger Komm3 § 302 RN 42; LSK 1995/164).
Durch das konstatierte Verhalten des Angeklagten - wissentlicher Befugnismißbrauch durch Vornahme von Erhebungshandlungen im Wege einer EKIS-Anfrage ohne gesetzliche Ermächtigung dazu mit zumindest bedingtem Schädigungsvorsatz in bezug auf berechtigte Geheimhaltungsansprüche der Betroffenen durch Offenbarung einer allfälligen Vorstrafenbelastung - ist somit der Tatbestand in objektiver und subjektiver Hinsicht erfüllt.
Diese Urteilsannahmen können einer abändernden Entscheidung des Obersten Gerichtshofs jedoch nicht zugrunde gelegt werden, weil sie im Sinne der Gegenäußerung des Angeklagten mit der alleinigen Bezugnahme auf dessen - allerdings lediglich in bezug auf den Befugnismißbrauch - geständige Verantwortung und dem Hinweis darauf, daß dieser auf Grund der Mitteilung der Zeugin St***** (von angeblichen Diebstählen der Angelika S*****) auch damit rechnen konnte, daß in der Strafregisterauskunft allenfalls eine Vorstrafe aufscheinen wird (US 3), formelle Begründungsmängel (§ 281 Abs 1 Z 5 StPO) aufweisen, welche eine Verfahrenserneuerung unumgänglich machen (Mayerhofer StPO4 § 288 E 39).
Der Angeklagte hatte trotz der unbestritten gebliebenen Tatmotivation, durch die EKIS-Anfrage den gegen Angelika S***** privat geäußerten Diebstahlsverdacht zu verifizieren, zwar einbekannt, die negative Strafregisterauskunft preisgegeben zu haben, jedoch unter Bestreitung der von Waltraud St***** angegebenen räumlichen Tatmodalitäten, welche ihr das Ablesen auf dem Bildschirm ermöglicht haben sollen, behauptet, er hätte im Falle von Vorstrafen die Auskunft jedenfalls verweigern wollen (73 iVm 55).
Bei Richtigkeit dieser Verantwortung - die Beurteilung ihrer Schlüssigkeit ist dem Obersten Gerichtshof verwehrt - käme auf der Basis der übrigen Sachverhalts- prämissen zwar unter Umständen auch eine Verurteilung wegen § 302 Abs 1 StGB in Betracht, sie würde allerdings eine differenzierte Begründung der subjektiven Tatbestandskomponenten erfordern:
Mag auch in der Weitergabe einer negativen Strafregisterauskunft schon allein deshalb kein Verstoß gegen § 1 Abs 1 DSG und damit keine Verletzung des darin normierten konkreten (Grund-)Rechts auf Datenschutz liegen, weil die damit offenbarte Unbescholtenheit gar kein Datum im Sinne des § 3 Z 1 DSG, nämlich eine auf einem Datenträger festgehaltene Information über eine bestimmte Person, betrifft, diese vielmehr bloß die Folge einer fehlenden Eintragung im Strafregister darstellt, war der Vorsatz des Angeklagten nach seiner - mit der behaupteten Motivation allerdings logisch unvereinbaren - Einlassung keinesfalls isoliert darauf beschränkt, sondern von vornherein darauf ausgerichtet, im Falle einer an sich möglichen und a priori nicht abschätzbaren Vorstrafenbelastung die Auskunft zu verweigern. Auf der Basis der übrigen Sachverhaltsprämissen wäre damit zwangsläufig nur die Art der Verurteilungen, nicht aber das Bestehen von Vorstrafen an sich geheimgeblieben. Solcherart wäre aber § 1 Abs 1 DSG gleichfalls verletzt worden, weil der betreffende Grundrechtsschutz keinesfalls nur die spezifische, sondern auch die allgemeine Art bestimmter Daten umfaßt, an deren Geheimhaltung - wie hier an einer Vorstrafenbelastung - ein schutzwürdiges Interesse besteht. Bei Bejahung dieses (erweiterten) Vorsatzes wäre daher der Tatbestand des Mißbrauchs der Amtsgewalt gleichfalls objektiv und subjektiv erfüllt.
Unter Bedachtnahme darauf wird das Erstgericht daher die Verantwortung des Angeklagten unter Mitberücksichtigung der davon mehrfach abweichenden Angaben der Zeugin Waltraud St***** und der Modalitäten der Tat zu erörtern haben.
Selbst wenn sich der Vorsatz des Angeklagten - theoretisch - nur auf die Offenbarung einer negativen Strafregisterauskunft beschränkt haben sollte, wäre das festgestellte Verhalten keinesfalls straflos, sondern unter den entsprechenden subjektiven Voraussetzungen (Leukauf/Steininger Komm3 § 310 RN 12) dem § 310 Abs 1 StGB zu unterstellten. Denn aus der gesetzlichen Beschränkung der Auskunftserteilung aus dem Strafregister nach §§ 9 und 10 StRegG folgt das evidenter Mißbrauchsgefahr begegnende öffentliche Interesse - wenn auch nicht ein konkretes öffentliches Recht im Sinne des § 302 Abs 1 StGB (Leukauf/Steininger Komm3 § 302 RN 37; § 310 RN 22; Steininger, Die Amtsdelikte im Strafgesetzbuch, ÖJZ 1980, 484; SSt 52/35, 56/11) -, private Dritte generell davon auszuschließen.
Im übrigen argumentiert die Staatsanwaltschaft auch zu Recht damit, daß dem Angeklagten nicht bloß die Weitergabe einer Strafregisterauskunft, sondern auch die dazu erforderliche Erhebung personenbezogener Daten - wie insbesondere des Geburtsdatums - aus der Kfz-Zulassungsevidenz zur Last lag, deren unbefugte Abfrage mit Weitergabewillen den Tatbestand des Mißbrauchs der Amtsgewalt gleichfalls erfüllen kann (EvBl 1994/164; 15 Os 20/96).
Auch zu dieser Phase des Geschehens wird das Erstgericht im erneuerten Verfahren mit mängelfreier Begründung die für die verläßliche rechtliche Beurteilung erforderlichen Feststellungen über den objektiven und subjektiven Sachverhalt zu treffen haben.
Mithin war der bekämpfte Freispruch in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde aufzuheben und die Verfahrenserneuerung in erster Instanz anzuordnen.
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