Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben und der Ausspruch über die gemäß § 43 Abs 1 StGB. der Elisabeth S*** gewährte bedingte Strafnachsicht aufgehoben.
Den Berufungen der Angeklagten Egon K***, Rudolf M*** und Elisabeth S*** wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO. fallen den Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Egon K*** wurde des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG. a.F. und des Finanzvergehens des gewerbsmäßigen Schmuggels nach §§ 35 Abs 1, 38 Abs 1 lit a FinStrG. schuldig erkannt. Darnach haben er und der Mitangeklagte Rudolf M*** gewerbsmäßig und mit Gemeingefährdungsvorsatz im Jänner 1982 ca. 200 g Heroin (Eingangsabgaben: 96.800 S) von Thailand nach Österreich geschmuggelt und in Innsbruck in Verkehr gesetzt (I 1, III 1). Ferner hat K*** durch Inaussichtstellung eines hohen Verdienstes die Mitangeklagte Elisabeth S*** veranlaßt, mit Rudolf M*** (der in diesem Punkt bereits gesondert verurteilt wurde) im März 1982 190 g Heroin (Eingangsabgaben: 91.960 S) von Thailand nach Österreich zu schmuggeln und in Innsbruck zu verkaufen (II, IV). Egon K*** macht Urteilsnichtigkeit aus § 281 Abs 1 Z 5, 8 und 10 StPO. geltend.
Rechtliche Beurteilung
Sein Einwand, die Begehung von zwei strafbaren Handlungen rechtfertige noch nicht die Annahme deren gewerbsmäßiger Begehung, ist irrig, weil dafür allein die Absicht der fortlaufenden Einnahmenbeschaffung durch wiederholte Tatbegehung und nicht die spätere Verwirklichung entscheidend ist (§ 70 StGB., § 38 Abs 1 lit a FinStrG.). Zudem übersieht die Beschwerde, daß das Schöffengericht die Annahme gewerbsmäßiger Begehung nicht nur mit der relativ raschen Tatwiederholung, sondern darüber hinaus auch damit begründet hat, daß die erfolgreiche Methode des Verschluckens von Suchtgift zur qualifikationsbegründenden Absicht des Angeklagten beitrug (S. 192 f.).
Im übrigen ist die Gewerbsmäßigkeit bei § 12 Abs 1 SuchtgiftG. a.F. kein vom Gesetz gefordertes Merkmal gewesen. Für das Finanzvergehen des Schmuggels war die Gewerbsmäßigkeit angesichts des Wertbetrags von (insgesamt) 188.760 S gerichtszuständigkeitsbegründend (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a und nicht Z 10 StPO.) und nach dem oben Gesagten auf zureichender Tatsachengrundlage (§ 281 Abs 1 Z 5 StPO.) angenommen worden. Im übrigen wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Annahme des Schmuggels mit der Argumentation, daß im Zeitpunkt des Grenzübertritts das Heroin sich in Präservativkügelchen verpackt und verschluckt vorübergehend im Körper der Mitangeklagten befunden hätte und demnach nicht stellungspflichtig gewesen wäre. Außerdem komme die Annahme einer zollrechtlichen Stellungspflicht in bezug auf Heroin, dessen Einfuhr nach Österreich verboten sei, einem Zwang zur Selbstanzeige und einer Beteiligung des Staats an einer Straftat gleich.
Im Tatzeitpunkt hinderte der Umstand, daß die einzuführende Ware Suchtgift war, nicht die Annahme des Finanzvergehens nach § 35 FinStrG. neben dem Verbrechen nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG. a.F. (EvBl 1981/186 u.v.a.). Ähnliches gilt übrigens auch für den vom Beschwerdeführer angedeuteten Fall: Wenn gestohlene Ware geschmuggelt wird, konkurrieren Diebstahl und Schmuggel (Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch Finanzstrafrecht E. 27 b zu § 35). Heroin unterliegt seit der 9. Zolltarifgesetznovelle BGBl. Nr. 669/1976 einem Gewichtszoll, womit die Frage des Handels mit der Konterbande im inländischen freien Wettbewerb gegenstandslos wurde.
Die zollrechtliche Stellungs- oder Erklärungspflicht entfällt nicht dadurch, daß der Schmuggler die einzuführende Ware besonders gut versteckt; daß dies im vorliegenden Fall im Körper von Personen geschah, ändert nichts daran. Der vom Beschwerdeführer angestrebte Vergleich mit konsumierten Lebensmitteln scheitert daran, daß diese nicht zur Einfuhr, sondern zur Nahrungsaufnahme und zur Verdauung bestimmte Sachen sind. Gerade letzteres wurde durch die (lebensrettende) Verpackung des Heroins verhindert. Der Beschwerdeführer kann sich aber auch nicht auf entschuldigenden Notstand (§ 10 FinStrG.) berufen, nur weil er zur Abwehr der wegen des Suchtgiftverbrechens drohenden strafgerichtlichen Verfolgung erneut einen Schmuggel begangen hat (LSK. 1977/53). Zutreffend weist im übrigen das Erstgericht darauf hin, daß auch nach der nunmehrigen Gesetzeslage (BGBl. 184/1985) die Strafbarkeit nach § 35 FinStrG. erhalten bliebe, weil die Suchtgiftmenge eine überaus große war (§§ 12 Abs 3 Z 3, 24 a SuchtgiftG.). Die Nichtigkeitsbeschwerde, die übrigens keine Ausführungen zu § 281 Abs 1 Z 8 StPO. enthält, war damit zu verwerfen. Egon K*** wurde nach (der zweiten Strafstufe des ersten Strafsatzes des) § 12 Abs 1 SuchtgiftG. a.F. und gemäß § 31 StGB. unter Bedachtnahme auf die Urteile des Landesgerichts Innsbruck vom 23. April 1982, GZ 35 Vr 3766/81-29, und vom 25.Mai 1983, GZ 35 Vr 1402/83-41 (jeweils Schuldsprüche nach §§ 12 Abs 1, 16 SuchtgiftG., beim erstgenannten Urteil auch nach § 15 StGB. und § 7 Abs 1 MilStG.; Freiheitsstrafen in der Dauer von achtzehn Monaten und drei Jahren), zu einer einjährigen Zusatzfreiheitsstrafe und gemäß § 38 Abs 1 lit a FinStrG. zu einer Geldstrafe in der Höhe von 350.000 S (im Uneinbringlichkeitsfall dreieinhalb Monate Ersatzfreiheitsstrafe) verurteilt. Nach § 12 Abs 4 SuchtgiftG. a.F. (§ 19 FinStrG.) wurde Egon K*** ein Verfalls-(Wert-)ersatz in der anteilsmäßigen Höhe (Gesamtwert: 780.000 S) von 240.000 S (im Nichteinbringungsfall ein Monat und acht Tage Ersatzfreiheitsstrafe) auferlegt.
Dabei wertete das Schöffengericht als erschwerend die Wiederholung des Verbrechens nach § 12 SuchtgiftG. und die große Menge der von K*** nach Österreich eingeführten und hier vertriebenen Suchtgifte. Mildernd war seine zur Tatzeit bestandene Unbescholtenheit.
Rudolf M*** wurde gemäß § 12 Abs 1 (erster Strafsatz, zweite Strafstufe, richtig: erste Strafstufe) SuchtgiftG. a.F. zu einer sechsmonatigen Zusatzfreiheitsstrafe und gemäß § 38 Abs 1 lit a FinStrG. zu einer zusätzlichen (§ 21 Abs 3 FinStrG.) Geldstrafe von 100.000 S (im Nichteinbringungsfall ein Monat Ersatzfreiheitsstrafe) verurteilt. Nach § 12 Abs 4 SuchtgiftG. a.F. und gemäß § 19 FinStrG. wurde ihm ein Verfalls-(Wert-)ersatz von 200.000 S (im Nichteinbringungsfall ein Monat Ersatzfreiheitsstrafe) auferlegt.
Bei den Strafaussprüchen nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG. und § 38 Abs 1 lit a FinstrG. wurde Bedacht genommen auf das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 16.Dezember 1983, GZ 35 Vr 1/83-183 (Schuldspruch nach §§ 12 Abs 1, 16 SuchtgiftG., § 35 Abs 1 FinStrG., §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 StGB.: drei Jahre Freiheitsstrafe gemäß § 12 SuchtgiftG. a.F., daneben Geld- und Wertersatzstrafen nach dem Finanzstrafgesetz). Bei M*** wertete der Schöffensenat als erschwerend die große Menge des nach Österreich eingeführten und weiter veräußerten Heroins und das Zusammentreffen zweier Verbrechen mit einem Vergehen. Als mildernd wurden sein volles Geständnis und seine strafgerichtliche Unbescholtenheit im Tatzeitpunkt sowie der Umstand berücksichtigt, daß die (im früheren Urteil enthaltene) schwere Nötigung beim Versuch geblieben ist.
Elisabeth S*** wurde des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG. a.F., des Finanzvergehens nach § 35 Abs 1 FinStrG. sowie der Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB. und des Gebrauchs fremder Ausweise nach § 231 Abs 1 StGB. schuldig erkannt. Sie hat, wie eingangs ausgeführt, im Auftrag des Egon K*** mit dem diesbezüglich gesondert verurteilten M*** 190 g Heroin aus Thailand geschmuggelt und hernach in Innsbruck in Verkehr gebracht (I 2; III 2); darüber hinaus hat sie einen für Monika S*** ausgestellten Reisepaß unterdrückt (V) und später sich mit demselben als Monika S*** ausgegeben (VI). Sie wurde gemäß § 12 Abs 1 SuchtgiftG. a.F. zu einer einjährigen Zusatzfreiheitsstrafe verurteilt. Dabei wurde Bedacht genommen auf drei Urteile des Bezirksgerichts Innsbruck, und zwar vom 15.Dezember 1982, GZ 10 U 1300/82-8 (§ 16 Abs 1 Z 2 SuchtgiftG.; Geldstrafe: 100 Tagessätze, bedingt, Erteilung einer Weisung, nachgesehen), vom 7.September 1984, GZ 10 U 511/84-7 (§ 16 Abs 1 Z 2 SuchtgiftG.; Geldstrafe: 250 Tagessätze), und vom 24. Mai 1985, GZ 18 U 1042/85-3 (§ 231 Abs 1 StGB.; Geldstrafe:
60 Tagessätze). Ferner wurde Elisabeth S*** nach § 35 Abs 4 FinStrG. zu einer Geldstrafe und gemäß § 12 Abs 4 SuchtgiftG. a.F. und § 19 FinStrG. zu einer anteilsmäßigen Verfalls-(Wert-) ersatzstrafe verurteilt. Der Vollzug der verhängten einjährigen Freiheitsstrafe wurde gemäß § 43 Abs 1 StGB. für eine Probezeit aufgeschoben.
Als erschwerend wurde gewertet das Zusammentreffen eines Verbrechens mit mehreren Vergehen, und als mildernd ihre zur Tatzeit gegebene strafgerichtliche Unbescholtenheit.
Die der Elisabeth S*** gewährte bedingte Strafnachsicht bekämpft die Staatsanwaltschaft mit Berufung. Mit gleichem Rechtsmittel begehrt Egon K*** die Reduzierung (aller) seiner Strafen, während Rudolf M*** ausdrücklich und Elisabeth S*** inhaltlich sich gegen die Höhe der (Zusatz-) Freiheitsstrafen wenden. Nur die Staatsanwaltschaft ist im Recht.
Reines Heroin in einer Menge von 190 g mit ausgeklügeltem Plan ("bombensicher"), in Präservativkügelchen verschluckt, nach Österreich zu bringen und hier breitgestreut abzusetzen, gebietet schon aus spezialpräventiven Gründen den Vollzug der Freiheitsstrafe. Dazu kommt, daß S*** wiederholt und gleichartig straffällig geworden ist, wobei die Staatsanwaltschaft noch zutreffend darauf verweist, daß auf das Urteil des Bezirksgerichts Innsbruck 10 U 1300/82 vom 15.Dezember 1982 zu Unrecht Bedacht genommen wurde, weil S*** die beiden letzten, nunmehr abgeurteilten Vergehen (§§ 229 Abs 1 und 231 Abs 1 StGB.) im Jahre 1983 verübt hat. Dieser Umstand ist jedoch schon wegen des hohen Unrechtsgehalts der jetzt abgeurteilten Taten für das (übrigens von der Staatsanwaltschaft nicht bekämpfte) Strafmaß ebensowenig von Bedeutung wie die Tatsache, daß die Angeklagte mittlerweile erneut (Urteil des Bezirksgerichts Innsbruck vom 20. Dezember 1985, AZ 10 U 879/85, § 16 Abs 1 SuchtgiftG.:
100 Tagessätze zu je 20 S) bestraft wurde (siehe § 40 StGB.). Richtig ist allerdings auch der Einwand der Berufungswerberin, daß sie ihre jetzt abgeurteilten Taten im 19. und 20. Lebensjahr begangen hat und ihr demnach der Milderungsgrund des § 34 Z 1 StGB. zustatten kommt; auch hat sie durch ihr Geständnis zur Wahrheitsfindung wesentlich beigetragen (§ 34 Z 17 StGB.). Andrerseits ist sie trotz ihres Alters schon sehr tief in die Suchtgiftszene verstrickt, was sie sogar dazu veranlaßte, größere Mengen verpacktes Heroin zu schlucken und solcherart zu importieren. Von einer untergeordneten Beteiligung an der Tat kann darum nicht im mindestens gesprochen werden. Daß die Sucht, auf welche sich diese Tat gründet, auf achtenswerten Beweggründen beruhe, blieb in der Berufungsschrift unbegründet.
Die verhängte, an der gesetzlichen Untergrenze liegende Zusatzfreiheitsstrafe war deshalb auch angesichts der korrigierten Strafzumessungsgründe nicht überhöht.
Sechs Monate Zusatzfreiheitsstrafe (zu einer bereits erlittenen dreijährigen Freiheitsstrafe) für die Einfuhr und das Inverkehrbringen von 200 g Heroin sind entgegen der Ansicht des Rudolf M*** schon deshalb nicht überhöht, weil durch das nunmehrige Urteil die Menge des von ihm nach § 12 SuchtgiftG. insgesamt zu verantwortenden Heroins verdoppelt wurde. Von einer unverhältnismäßig hohen Zusatzstrafe kann daher nicht die Rede sein. Von einer Zusatzstrafe konnte daher weder abgesehen werden noch konnte diese Strafe reduziert werden.
Das Leugnen des Egon K*** wurde nicht als erschwerend gewertet. Allerdings hat er sich damit des Milderungsgrunds des Geständnisses beraubt. Die von ihm geforderte Gleichstellung seiner Zusatzstrafe mit jener des Rudolf M*** scheitert, weil M*** (jetzt) eine weitaus geringere Heroinmenge zu verantworten hat als K*** (200 g gegenüber 390 g).
Es entsprechen auch die übrigen Strafen K*** der von ihm besonders hervorgestrichenen Verhältnismäßigkeit gegenüber M***. Die Ausführungen des Schöffengerichts, daß K*** einer der hartnäckigsten und gefährlichsten Suchtgifthändler im Bundesland Tirol sei, ist angesichts seiner Vorstrafen und seiner nunmehrigen Aburteilung belegt. Die Meinung des Berufungswerbers, daß er von anderen Suchtgifthändlern (Tirols) noch in den Schatten gestellt werde, blieb indes bei der bloßen Behauptung.
Es hatte daher auch bezüglich Egon K*** bei der über ihn verhängten Zusatzfreiheitsstrafe zu verbleiben. Gegen die übrigen Strafaussprüche bringt K*** inhaltlich Substantiiertes nicht vor, es war auch nichts zusätzlich Strafminderndes zu finden. Diese Strafaussprüche sind gleichfalls tat- und tätergerecht und anteilsmäßig ausgewogen aufgeteilt worden.
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