OGH 13Os39/04

OGH13Os39/0419.5.2004

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. Mai 2004 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Hon. Prof. Dr. Ratz, Hon. Prof. Dr. Schroll und Dr. Kirchbacher als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Felbab als Schriftführerin in der Strafsache gegen Walter K***** wegen der Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 erster Satz zweiter Fall StGB, über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht Salzburg vom 20. Jänner 2004, GZ 35 Hv 164/03k-76, sowie seine Beschwerde (§ 498 Abs 3 dritter Satz StPO) gegen den gleichzeitig verkündeten Beschluss nach § 55 Abs 1 StGB nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem (stimmeneinhelligen) Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Walter K***** zweier Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 erster Satz zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz abgenötigt, sich durch Zueignung dieser Sachen unrechtmäßig zu bereichern, wobei er den Raub unter Verwendung einer Waffe verübte, und zwar

1. am 19. Dezember 2003 in Salzburg der Bankangestellten der Salzburger Sparkasse, Filiale Gaisbergstraße, Daniela R***** dadurch, dass er eine Pistole gegen sie richtete und sie aufforderte, alles Geld herzugeben, zur Übergabe eines Bargeldbetrages von 85.620 Euro,

2. am 3. Oktober 2003 in Salzburg dem Bankangestellten der Salzburger Sparkasse, Filiale Gaisbergstraße, Wolfgang Z***** dadurch, dass er eine Pistole gegen ihn richtete und ihn aufforderte, alles Geld herzugeben, zur Übergabe eines Bargeldbetrages von 257.133 Euro.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die nominell auf Z 8 (teils auch Z 6) sowie 11 lit a (inhaltlich: Z 12) gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die jedoch fehl geht.

Die Instruktionsrüge (Z 8) meint im Zusammenhalt mit der Qualifikation des § 143 erster Satz zweiter Fall StGB, aus der Rechtsbelehrung gehe bloß "allgemein" hervor, dass es den Geschworenen gestattet sei, eine Frage nur teilweise zu bejahen, sodass die Geschworenen "über die Möglichkeit der eingeschränkten Bejahung der Hauptfrage hinsichtlich des Grundtatbestandes nach § 142 StGB und somit Verneinung des Qualifikationstatbestandes" nicht ausreichend belehrt worden seien. Eine ausdrückliche Belehrung sei jedoch insbesondere dann erforderlich, wenn nach dem Tatsachenvorbringen in der Hauptverhandlung die Möglichkeit bestehe, dass der Angeklagte die Tat auch ohne die "straferschwerenden Umstände" begangen haben könnte. In der Gegenäußerung gemäß § 244 Abs 3 StPO habe der Verteidiger auch versucht aufzuzeigen, dass der Angeklagte lediglich eine Schreckschusspistole, gefüllt mit Platzpatronen, verwendet hätte, was objektiv keine lebensbedrohende Situation darstellte und somit die Frage der Qualifikation des Deliktes aufzeigte.

Die Instruktionsrüge (Z 8) übersieht, dass (selbst das gänzliche) unterbleiben einer Belehrung der Geschworenen über die Möglichkeit einer nur teilweisen Beantwortung einer Frage keine Nichtigkeit zu begründen vermag (Ratz, WK-StPO § 345 Rz 54, ebenso Fabrizy StPO9 § 330 Rz 2).

Soweit sie inhaltlich als Fragestellungsrüge nach Z 6 die Teilung der Hauptfragen in die Fragen nach dem Grunddelikt und nach der Qualifikation moniert, legt sie nicht dar, warum durch die Unterlassung einer uneigentlichen Zusatzfrage (§ 316 StPO) nach der Qualifikation des Raubes trotz § 330 Abs 2 erster Satz StPO, welcher es den - hier ohnehin sogar darüber belehrten - Geschworenen gestattet, eine Frage nur teilweise zu bejahen und ungeachtet des dem Schwurgerichtshof nach § 317 Abs 2 StPO eingeräumten Ermessens eine der in den §§ 312 bis 317 StPO enthaltenen Vorschriften verletzt worden sein soll (Schindler, WK-StPO § 316 Rz 3; Ratz, WK-StPO § 285d Rz 10).

Die nominell nach Z 11 lit a, inhaltlich nach Z 12 ausgeführte Subsumtionsrüge meint, selbst eine (mit Platzpatronen geladene) Schreckschusspistole sei einer täuschend echten Spielzeugpistole gleichzusetzen und daher keine Waffe iSd § 143 StGB. Sie geht ins Leere, weil sie sich nicht am Inhalt des Wahrspruches orientiert. Nach diesem wurden die Taten schlicht (und ohne Einschränkung) unter Verwendung einer "Pistole" begangen, deren qualifikationsbegründende Eignung als Waffe iSd § 143 StGB die Beschwerde nicht in Zweifel setzt.

Dieser Teil des Wahrspruches wird vom Angeklagten auch nicht mit Tatsachenrüge nach Z 10a des § 345 Abs 1 StPO in der Richtung bekämpft, dass die Taten jeweils bloß unter Verwendung einer mit Platzpatronen geladenen Gas- oder Schreckschusspistole begangen wurden (vgl S 299 f/I, S 5/I, S 109/II, S 193/II).

Trotz erheblicher Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Urteil zugrunde gelegten Tatsache der Tatbegehung unter Verwendung einer "Pistole" (einer Faustfeuerwaffe nach § 3 WaffG) sieht sich der Oberste Gerichtshof jedoch nicht zu einem Vorgehen nach § 362 StPO veranlasst, weil sich die genannte Tatsachenfeststellung nicht zum Nachteil des Angeklagten auswirkt.

Seit der Entscheidung eines verstärkten Senates (SSt 49/45) geht der Oberste Gerichtshof davon aus, dass die "Waffe" iSd § 143 StGB im Vergleich zur "mörderischen Waffe" des § 192 StG einen "größeren Begriffsumfang infolge geringeren Begriffsinhalts" hat, sodass einer "ungeladenen und mangels eines Magazins nicht sofort schussbereit zu machenden Gaspistole" Waffenqualität sowohl im technischen als auch iSd § 143 StGB zukommt, ohne dass auf den Grad der Gefährlichkeit der Waffe für den mit ihr Bedrohten abzustellen wäre (14 Os 189/88; zuletzt 13 Os 99/02). Schreckschusspistolen sind gemäß § 1 Z 1 WaffG 1996 jedenfalls Waffen im "technischen Sinn", deren objektive Bestimmung darin gelegen ist, eine qualifizierte Wirkung auf Menschen zu erzielen, und werden daher von der Rechtsprechung im Bereich des Strafrechts (unstrittig, sh 11 Os 133/87) als "Waffe" iSd §§ 129 Z 4, 143 StGB eingestuften Gaspistole gleichgestellt, sodass eine Vergleichbarkeit mit "Spielzeugwaffen" oder sonstigen Attrappen nicht gegeben ist, und der Ausspruch der Tatbegehung mit einer Schreckschuss- bzw Gaspistole am Schuldspruch nichts geändert hätte. Die in der nicht gesetzesgemäß angeführten Rechtsrüge vertretene Meinung des Beschwerdeführers, eine, wenn auch geladene Schreckschusspistole müsse, um im Sinne des § 143 erster Satz (zweiter Fall) StGB verwendet zu werden, objektiv eine Gefährdung dritter Personen bewirken, weil anders eine Abgrenzung zu einer echt wirkenden "Spielzeugpistole" nicht möglich sei, verkennt die maßgeblichen Beurteilungskriterien.

Die zur Gänze nicht prozessordnungsgemäß ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde war demnach schon bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§§ 285d, 344 StPO), sodass über die weiteren Rechtsmittel das Oberlandesgericht Linz zu entscheiden hat (§§ 285i, 344 StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390 Abs 1 StPO.

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