Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird dahin Folge gegeben, daß die über den Angeklagten verhängte (Zusatz-)Freiheitsstrafe auf 1 1/2 (eineinhalb) Jahre herabgesetzt wird.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 12.März 1964 geborene Zimmermann Bruno P*** auf Grund des Wahrspruchs der Geschwornen des Verbrechens des schweren Raubes nach den §§ 142 Abs 1, 143, zweiter Fall, StGB schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last, am 20. August 1986 in Rattenberg der Maria L*** durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben unter Verwendung einer Waffe fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz abgenötigt zu haben, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er eine Schreckschußpistole Marke "Mauser HSc, Kal 84,8 mm" (richtig wohl: Modell 84, Kal 8 mm - s Bd I S 127 und 357 d.A) gegen die Brust richtete und sie aufforderte, ihre Halskette abzunehmen und ihm selbst um den Hals zu hängen bzw in seine Brusttasche zu stecken, sowie ihren Ring vom Finger zu nehmen und ihm auszufolgen. Die Geschwornen hatten im zweiten Rechtsgang die anklagekonform gestellte nunmehrige Hauptfrage 1 (stimmeneinhellig ohne Einschränkung) bejaht und die Eventualfrage zum Vergehen der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung - nämlich des in der Hauptfrage 1 bezeichneten schweren Raubes - im Zustand voller Berauschung nach dem § 287 Abs 1 StGB unbeantwortet gelassen.
Rechtliche Beurteilung
Der Angeklagte Bruno P*** bekämpft das Urteil mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 8 und 12 des § 345 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde und macht geltend, eine Schreckschußpistole ohne Magazin sei keine Waffe im Sinn des § 143 StGB, sondern einer Schußwaffenattrappe gleichzuhalten; die den Geschwornen erteilte Rechtsbelehrung sei insoweit unrichtig, als darin auf diese Problematik nicht eingegangen werde. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden.
Waffen im Sinn des § 143 StGB sind ua alle Waffen im technischen Sinn, dh alle Gegenstände, die ihrem Wesen nach dazu bestimmt sind, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen durch unmittelbare Einwirkung zu beseitigen oder herabzusetzen. Darunter fallen auch Schreckschußpistolen, aus denen - wie hier (vgl Band I S 12 d.A) - nur projektillose Patronen verschossen werden können (EvBl 1978/34 = ÖJZ-LSK 1977/352). Ihre Verwendung bei einem Raub macht daher den Täter ebenfalls nach dem § 143, zweiter Fall, StGB strafbar. Diese Qualifikation ist hier auch dann erfüllt, wenn die als Mittel der Drohung eingesetzte Waffe ungeladen gewesen sein sollte und mangels eines Magazins nicht sofort hätte schußbereit gemacht werden können (vgl SSt 49/45 = ÖJZ-LSK 1978/293 verstärkter Senat).
Es zeigt sich darum, daß die den Geschwornen erteilte, auf Waffen im technischen Sinn unabhängig von ihrer konkreten Einsatzfähigkeit und Einsatzbereitschaft abstellende Rechtsbelehrung (vgl S 2 dieser Rechtsbelehrung, Beilage zum Hauptverhandlungsprotokoll Band II/ ON 39 d.A) keine unrichtige Auslegung des im § 143 StGB verwendeten Waffenbegriffes erkennen läßt (§ 345 Abs 1 Z 8 StPO). Folglich ist auch der auf dem Wahrspruch der Geschwornen beruhende Ausspruch des Gerichtes, der inkriminierte Raub sei im Hinblick darauf, daß der Angeklagte bei seiner Drohung gegen Maria L*** eine Schreckschußpistole der Marke "Mauser HSc, Kal 84,8 mm" zum Einsatz brachte, unter Verwendung einer Waffe verübt worden, mit keinem Subsumtionsirrtum behaftet (§ 345 Abs 1 Z 12 StPO).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Geschwornengericht verhängte über den Angeklagten nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB unter Bedachtnahme gemäß den §§ 31, 40 StGB auf die Urteile des Landesgerichtes Innsbruck vom 30. September 1986, GZ 37 Vr 3029/86-6 (160 Tagessätze zu je 100 S, im Fall der Uneinbringlichkeit achtzig Tage Ersatzfreiheitsstrafe), und vom 14.Mai 1987, GZ 20 Vr 2935/86-45 (neun Monate und zehn Tage Freiheitsstrafe), sowie unter Anwendung des § 41 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren als Zusatzstrafe. Es wertete bei der Strafbemessung als erschwerend das Zusammentreffen eines Vergehens mit drei Verbrechen und zwei einschlägige Vorstrafen. Als mildernd zog es die teilweise Schadensgutmachung, den relativ geringen Wert der Raubbeute und den Umstand in Betracht, daß es sich bei der verwendeten Waffe nur um eine zum Tatzeitpunkt nicht schußbereite Schreckschußpistole handelte.
Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Strafermäßigung
an.
Die Berufung ist berechtigt.
Die Strafzumessungsgründe der ersten Instanz bedürfen einer Ergänzung: So muß dem Angeklagten auch der Umstand zugute gehalten werden, daß die einschlägige Vorverurteilung wegen Diebstahles bereits mehr als sieben Jahre zurückliegt. Ferner, daß im vorliegenden Fall auch ein gewisses Entgegenkommen des Tatopfers bei der sexuellen Annäherung mitbestimmend für den Tatentschluß war und daß das räuberische Vorgehen offenbar einer Fehleingebung des Augenblicks entsprang. Schließlich läßt auch die erhebliche Alkoholisierung des Angeklagten sein Verhalten in milderem Licht erscheinen, zumal entgegen der Auffassung des Geschwornengerichtes und auch des Oberlandesgerichtes Innsbruck (in seiner Berufungsentscheidung vom 8.Juli 1987, AZ 7 Bs 318/87) dem Angeklagten nach der Aktenlage bis dahin noch nicht konkret erkennbar gewesen sein mußte, er würde in alkoholisiertem Zustand dazu neigen, Straftaten zu begehen.
Unter diesen erweiterten Gesichtspunkten muß aber das vom Geschwornengericht gefundene Strafmaß als überhöht bezeichnet werden. Geht man davon aus, daß eine Freiheitsstrafe von insgesamt zweieinhalb Jahren ausreicht, den Unrechts- und Schuldgehalt aller in diesen Strafbemessungsvorgang einzubeziehenden Taten voll zu erfassen, dann ergibt sich die Dauer der hier zu verhängenden Zusatzfreiheitsstrafe wie aus dem Spruch ersichtlich. Die Kostenentscheidung beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.
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