European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0130OS00038.16M.0906.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen gegen die Aussprüche über die Strafe und die privatrechtlichen Ansprüche werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Thomas‑Soter M***** des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB idF BGBl I 2009/142 (1) und mehrerer als Verantwortlicher im Sinn des § 153c Abs 2 StGB begangener Vergehen des Vorenthaltens von Dienstnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung nach § 153c Abs 1 StGB idF BGBl I 2004/152 (2) schuldig erkannt.
Danach hat er
(1) am 31. Oktober 2013 und am 11. November 2013 in D***** mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Verfügungsberechtigte der R***** eGen mbH durch Täuschung über Tatsachen, nämlich seine Verfügungsberechtigung über Konto‑Guthaben, zur Überweisung von insgesamt 58.000 Euro auf andere Konten verleitet, was die R***** eGen mbH mit diesem Betrag am Vermögen schädigte, und
(2) vom 1. September 2014 bis zum 31. März 2015 in M***** als für die Einzahlung der Beiträge von Dienstnehmern zur Sozialversicherung verantwortlicher Geschäftsführer der F*****‑GmbH eben solche Beiträge im Gesamtbetrag von 14.735,52 Euro dem berechtigten Versicherungsträger, nämlich der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse, vorenthalten.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus Z 5, 5a, 9 lit a, 9 lit b, 9 lit c und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.
Die von der Mängelrüge (Z 5) vermisste Begründung (Z 5 vierter Fall) für die Feststellungen zum Tatbestandsmerkmal der Täuschung findet sich auf den US 5 f.
Mit der Behauptung, das Erstgericht gehe widersprüchlich (Z 5 dritter Fall) einerseits von der „Behebung“, andererseits von der „Überweisung“ des am 11. November 2013 betrügerisch herausgelockten Betrags (1) aus, bezieht sich die Beschwerde nicht auf schuld‑ oder subsumtionsrelevante Umstände (siehe aber RIS‑Justiz RS0106268).
Das übrige Vorbringen der Mängelrüge lässt keinen Konnex zu den Kriterien des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes erkennen.
Die Tatsachenrüge (Z 5a) spricht – ohne jede Konkretisierung – einen „Aktenvermerk“ und „die vom Gericht einvernommenen Zeugen“ an. Damit bezeichnet sie in der Hauptverhandlung vorgekommene Verfahrensergebnisse (§ 258 Abs 1 StPO), die aus ihrer Sicht erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen wecken, nicht deutlich und bestimmt, aus welchem Grund sie sich einer meritorischen Erledigung entzieht (13 Os 60/03, SSt 2003/47; RIS‑Justiz RS0117516, RS0117749 und RS0119310).
Der Einwand der Rechtsrüge (Z 9 lit a, nominell verfehlt auch Z 5), das Erstgericht treffe keine Feststellungen zum Tatbestandselement der Täuschung, argumentiert nicht auf der Basis des Urteilssachverhalts, wonach der Beschwerdeführer seine Verfügungsberechtigung über die in Rede stehenden Konto‑Guthaben vorgetäuscht hat (US 4), und verfehlt solcherart den Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (RIS‑Justiz RS0099810).
Warum der Eintritt einer Bereicherung entgegen dem Wortlaut des § 146 StGB hier schuld‑ oder subsumtionsrelevant sein soll, wird nicht aus dem Gesetz abgeleitet (siehe aber 12 Os 52/02, SSt 64/31; RIS‑Justiz RS0116565 und RS0116569).
Mit Blick auf § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO sei hinzugefügt, dass das angesprochene Tatbestandsmerkmal ausschließlich die innere Tatseite betrifft, es für die Verwirklichung des Tatbestands des Betrugs somit irrelevant ist, ob eine Bereicherung tatsächlich eintritt (Kirchbacher in WK2 StGB § 146 Rz 118; Kert SbgK § 146 Rz 334).
Die Erklärung, das zu Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erstattete Vorbringen auch aus dessen Z 9 lit b zu erheben, ist unverständlich.
In der Hauptverhandlung vorgekommene Verfahrensergebnisse, die Konstatierungen in Richtung des Schuldausschließungsgrundes des Rechtsirrtums (§ 9 StGB) indizieren würden (Z 9 lit b), werden nicht genannt, womit sich die Behauptung eines diesbezüglichen Feststellungsmangels einer inhaltlichen Erwiderung entzieht (13 Os 91/02, SSt 64/46; RIS‑Justiz RS0116735).
Warum hier die nach dem Gesetz erforderliche Anklage fehlen soll (Z 9 lit c), bleibt im Dunkeln.
Indem die Subsumtionsrüge (Z 10) verlangt, den vom Schuldspruch 1 umfassten Sachverhalt dem Tatbestand der Täuschung (§ 108 StGB) zu subsumieren, ohne von den Feststellungen zum Schädigungs‑ und Bereicherungsvorsatz (US 5) auszugehen, entfernt sich auch sie vom Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (RIS‑Justiz RS0099810).
Weshalb § 147 StGB in der seit 1. Jänner 2016 geltenden Fassung (BGBl I 2015/154) anzuwenden gewesen wäre, obwohl die diesbezügliche Tatzeit im Jahr 2013 lag (US 4) und das Urteil am 5. November 2015 verkündet wurde (ON 23 S 11), wird nicht aus dem Gesetz abgeleitet (siehe aber erneut 12 Os 52/02, SSt 64/31; RIS‑Justiz RS0116565 und RS0116569).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO – ebenso wie die im schöffengerichtlichen Verfahren nicht vorgesehene (§ 283 Abs 1 StPO) Schuldberufung – schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Berufungen gegen den Strafausspruch und das Adhäsionserkenntnis kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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