OGH 13Os37/21x

OGH13Os37/21x7.6.2021

Der Oberste Gerichtshof hat am 7. Juni 2021 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. Setz‑Hummel LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Pauritsch in der Strafsache gegen Renate E***** wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Geschworenengericht vom 26. Jänner 2021, GZ 613 Hv 2/19x‑99, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0130OS00037.21X.0607.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Der Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden, angefochtenen Urteil wurde Renate E***** im zweiten Rechtsgang (vgl zum ersten 13 Os 121/19x) des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat sie am 6. April 2018 in W***** auf der Intensivstation des A***** ihren Lebensgefährten Wilhelm G***** getötet, indem sie die lebenserhaltende Intubation sowie den zentralen Dialysekatheter des Opfers gewaltsam entfernte und somit die Sauerstoffzufuhr seines Körpers unterbrach.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen wendet sich die auf § 345 Abs 1 Z 6 und 8 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten.

[4] Die Geschworenen bejahten die anklagekonform gestellte Hauptfrage nach dem Verbrechen des Mordes (§ 75 StGB). Die für den Fall der Verneinung dieser Hauptfrage gestellten Eventualfragen nach dem Verbrechen des Totschlags (§ 76 StGB) und nach dem Verbrechen der Tötung auf Verlangen (§ 77 StGB) blieben folgerichtig unbeantwortet.

[5] Mit Fragenrüge (Z 6) wird – unter Hinweis auf Verfahrensergebnisse, die nach Ansicht der Beschwerdeführerin deren volle Berauschung zur Tatzeit indiziert hätten – das Unterbleiben der „Stellung einer weiteren (zuletzt gereihten) Eventualfrage in Richtung des Vergehenstatbestandes nach § 287 Abs 1 StGB“ reklamiert.

[6] Bei entsprechenden Indizien wäre (hier zu jeder der gestellten Schuldfragen [§ 312 StPO und § 314 StPO]) zunächst eine Zusatzfrage (§ 313 StGB) nach dem korrespondierenden Schuldausschließungsgrund (§ 11 StGB) und – für den Fall deren Bejahung – eine Eventualfrage (§ 314 StPO) nach dem Vergehen der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung (§ 287 Abs 1 StGB) zu stellen gewesen („Dreifragenschema“; RIS‑Justiz RS0100558; Lässig, WK‑StPO § 317 Rz 13). Die Stellung einer solchen Zusatzfrage ist aber vorliegend – aus Z 6 ungerügt – jeweils unterblieben. Weshalb – hiervon ausgehend – die vermisste Fragestellung überhaupt zulässig gewesen sein sollte, macht die Beschwerde nicht klar.

[7] Die Instruktionsrüge (Z 8) behauptet Unvollständigkeit der Rechtsbelehrung zur „Frage einer vollen Berauschung der Angeklagten“. Eine Zusatzfrage nach Zurechnungsunfähigkeit (§ 11 StGB) wurde – wie dargelegt – ebenso wenig gestellt wie eine Eventualfrage nach dem Vergehen der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung (§ 287 Abs 1 StGB). Da die Rechtsbelehrung aber nur insoweit angefochten werden kann, als sie Fragen betrifft, die den Geschworenen tatsächlich gestellt wurden (RIS-Justiz RS0101085 [T3] und RS0125434), geht das diesbezügliche Vorbringen ins Leere.

[8] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß §§ 344, 285d Abs 1 StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

[9] Über die Berufung hat das Oberlandesgericht zu entscheiden (§§ 344, 285i StPO).

[10] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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