European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0130OS00033.19F.0710.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Aus ihrem Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in der Subsumtion der vom Schuldspruch 2/a erfassten Taten nach § 38 Abs 1 FinStrG, demzufolge auch im Strafausspruch, aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Innsbruck verwiesen.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Ihm fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Ahmed K***** jeweils mehrerer Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG (1/a und 1/b) und der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1, 38 Abs 1 FinStrG (1/c und 2/b) und nach §§ 33 Abs 2 lit a, 38 Abs 1 FinStrG (2/a) schuldig erkannt.
Danach hat er in W*****
im Zuständigkeitsbereich des Finanzamts Kufstein Schwaz vorsätzlich und zu 1/c, 2/a und 2/b jeweils mit der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung derartiger Finanzvergehen einen nicht bloß geringfügigen fortlaufenden abgabenrechtlichen Vorteil zu verschaffen, wobei er bereits zwei solche Taten begangen hatte,
(1) als Betreiber des Einzelunternehmens Hüseyin K***** (US 6) unter Verletzung abgabenrechtlicher Anzeige-, Offenlegungs-, oder Wahrheitspflichten Abgabenverkürzungen bewirkt, und zwar für die Jahre
a) 2011 an Umsatzsteuer um 16.010,26 Euro und an Einkommensteuer um 48.159,06 Euro
b) 2012 an Umsatzsteuer um 22.515,17 Euro und an Einkommensteuer um 80.444,59 Euro sowie
c) 2013 an Umsatzsteuer um 18.309,52 Euro und an Einkommensteuer um 59.542,84 Euro, weiters
(2) als faktischer Machthaber und für die abgabenrechtlichen Belange Verantwortlicher der Gebrüder K***** GmbH
a) hinsichtlich „der Monate Jänner bis Dezember 2014 an den jeweiligen gesetzlichen Fälligkeitszeitpunkten“ fortgesetzt unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von § 21 UStG entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung an Umsatzsteuer um insgesamt 19.910,31 Euro bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten sowie,
b) im Lauf des „Jahres 2014 an den jeweiligen gesetzlichen Fälligkeitszeitpunkten“ durch wiederholte Nichtabfuhr unter Verletzung der Anmeldungspflicht in Bezug auf verdeckte Gewinnausschüttungen (vgl dazu US 7 und 9) vorsätzlich eine Verkürzung an Kapitalertragsteuer um gesamt 39.753,25 Euro bewirkt.
Rechtliche Beurteilung
Gegen die Subsumtion der von den Schuldsprüchen 1/c, 2/a und 2/b erfassten Taten auch nach § 38 Abs 1 FinStrG richtet sich die aus Z 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.
Die gesetzmäßige Ausführung eines materiell‑rechtlichen Nichtigkeitsgrundes hat das Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt, dessen Vergleich mit dem darauf anzuwendenden Gesetz und die Behauptung, dass das Erstgericht bei Beurteilung dieses Sachverhalts einem Rechtsirrtum unterlegen ist, zur Voraussetzung (RIS‑Justiz RS0099810).
Soweit die Subsumtionsrüge (Z 10) Feststellungen zur
intendierten Dauer des Einnahmenzuflusses vermisst, ihre Argumentation aber nicht auf Basis der Konstatierungen zum sich über mehrere Jahre erstreckenden Deliktszeitraum und der von Beginn an bestehenden Absicht des Angeklagten, sich durch wiederholte Tatbegehung einen nicht bloß geringfügigen abgabenrechtlichen Vorteil zu verschaffen (US 9 f), entwickelt, verfehlt sie somit den Bezugspunkt materiell‑rechtlicher Nichtigkeit.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur– gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.
Aus ihrem Anlass überzeugte sich der Oberste Gerichtshof davon, dass das angefochtene Urteil, wie auch die Generalprokuratur zutreffend aufzeigt, mit nicht geltend gemachter materieller Nichtigkeit behaftet ist, die dem Angeklagten zum Nachteil gereicht und solcherart von Amts wegen aufzugreifen war (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO):
Zum Schuldpruch 2/a entbehrt das Urteil einer ausreichenden Sachverhaltsgrundlage für die Annahme von Gewerbsmäßigkeit. Nach § 38 Abs 2 FinStrG idF BGBl I 2015/163 muss die Absicht des Täters darauf gerichtet sein, sich durch die wiederkehrende Begehung des in Rede stehenden Finanzvergehens einen nicht bloß geringfügigen abgabenrechtlichen Vorteil zu verschaffen. Ein solcher kann nur dem Steuersubjekt (hier im Zusammenhang mit den unternehmensbezogenen Abgaben der Gebrüder K***** GmbH) selbst zukommen. Ein – als Bezugspunkt von gewerbsmäßiger Begehungsweise (§ 38 FinStrG) infrage kommender – Sachverhalt, der Ahmed K***** (selbst) zum Schuldner der von diesen Schuldsprüchen erfassten Abgaben hätte werden lassen, wurde nicht festgestellt. Anders als nach früherer Rechtslage scheidet nunmehr die Absicht, sich mittelbar über die Beteiligung an dem von der Abgabenverkürzung profitierenden Unternehmen einen Vermögensvorteil zu verschaffen, als qualifikationsbegründend im Sinn des § 38 FinStrG aus (RIS‑Justiz RS0131593).
Dieser Rechtsfehler erfordert (wie im Spruch ersichtlich) die teilweise Aufhebung des Urteils samt Zurückverweisung der Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Innsbruck.
Auf diese Entscheidung war der Angeklagte mit seiner Berufung zu verweisen.
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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