OGH 13Os17/22g

OGH13Os17/22g20.4.2022

Der Oberste Gerichtshof hat am 20. April 2022 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. Setz‑Hummel LL.M. in Gegenwart des Schriftführers Mag. Socher, BA, in der Strafsache gegen * L* und einen weiteren Angeklagten wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten * L* gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 4. November 2021, GZ 11 Hv 59/20d‑35, sowie über die Beschwerde des Angeklagten * L* gegen den zugleich ergangenen Beschluss auf Verlängerung einer Probezeit nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0130OS00017.22G.0420.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten * L* fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * L* des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach § 84 Abs 4 StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er am 4. Juni 2021 in W* * S* vorsätzlich (US 5) am Körper verletzt und dadurch, wenn auch nur fahrlässig, eine schwere Verletzung des * S* herbeigeführt, indem er ihm mehrere Faustschläge gegen das Gesicht versetzte, wodurch * S* mehrere Rissquetschwunden erlitt und drei Schneidezähne verlor.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a und 9 lit b StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten * L*.

[4] Nach den Feststellungen des Erstgerichts hielt es der Angeklagte beim Versetzen der Faustschläge gegen das Gesicht des * S* ernstlich für möglich und fand sich damit ab, den Genannten dadurch am Körper zu verletzen. Weiters war für * L* wie für jedermann vorhersehbar, dass solche Faustschläge zu einem Verlust von Schneidezähnen, welcher mit einer wesentlichen Beeinträchtigung der Kaufunktion verbunden ist, führen können (US 5).

[5] Dem Einwand der Undeutlichkeit (Z 5 erster Fall) zuwider sind dadurch die für die subjektive Tatseite relevanten Feststellungen (dazu RIS‑Justiz RS0131591) im Urteil unmissverständlich getroffen worden (US 12).

[6] Der Vorwurf der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) in Bezug auf die Feststellungen zur objektiven Tatseite trifft nicht zu:

[7] Die Angaben des Zeugen Sc* hat das Erstgericht sehr wohl berücksichtigt (US 6).

[8] Die Verantwortung des * L* wurde von den Tatrichtern ebensowenig übergangen, sondern mit eingehender Begründung als unglaubwürdig verworfen (US 6 f).

[9] Zu einer Auseinandersetzung mit sämtlichen Details dieser Aussagen waren sie schon mit Blick auf das Gebot zu gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) nicht verhalten (RIS‑Justiz RS0098778 und RS0106295). Dass das Gericht aus den Verfahrensergebnissen nicht die vom Angeklagten gewünschten Schlüsse zog, begründet keine Nichtigkeit (RIS‑Justiz RS0098400 [insb T8 bis T11]).

[10] Entgegen dem Einwand offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) der Feststellungen zur subjektiven Tatseite (US 5) begegnet deren Ableitung aus dem objektiven Geschehen (US 7) unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit keinen Bedenken (RIS‑Justiz RS0116882).

[11] Der hinsichtlich der Konstatierungen zur subjektiven Tatseite erhobene Vorwurf der bloßen Verwendung der verba legalia (Z 9 lit a) lässt offen, warum es den insoweit getroffenen Feststellungen (US 5) am gebotenen Sachverhaltsbezug fehlen sollte (RIS‑Justiz RS0119090 [T3]).

[12] Die Verantwortung des Angeklagten L* in Richtung Notwehr hat das Schöffengericht (mit mängelfreier Begründung) als Schutzbehauptung qualifiziert (US 7). Indem die weitere Rechtsrüge (Z 9 lit b) die daraus abgeleitete Negativ‑Feststellung zum allfälligen Vorliegen einer Notwehrsituation anhand eigener Beweiswerterwägungen bestreitet, bringt sie den insoweit behaupteten Feststellungsmangel nicht prozessordnungskonform zur Darstellung (RIS‑Justiz RS0099689 [T9] und RS0099784).

[13] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

[14] Über die Berufung und die – gemäß § 498 Abs 3 dritter Satz StPO als erhoben zu betrachtende – Beschwerde hat das Oberlandesgericht zu entscheiden (§§ 285i, 498 Abs 3 letzter Satz StPO).

[15] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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