Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird dahin Folge gegeben, daß die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe unter Anwendung des § 41 Abs. 1 StGB. auf 5 (fünf) Monate herabgesetzt wird.
Gemäß dem § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Rudolf A des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach dem § 302 Abs. 1 StGB. schuldig erkannt, begangen dadurch, daß er zwischen dem August 1977 und dem Mai 1978 in Wiener Neustadt als Sicherheitswachebeamter der dortigen Bundespolizeidirektion mit dem Vorsatz, den Staat an seinem Recht auf Vereinnahmung der (gemeint: auf die Einnahmen aus den) mit Organstrafverfügung verhängten Geldstrafen zu schädigen, seine Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich mißbrauchte, indem er (schon) bei der Ausstellung von Organstrafverfügungen in zehn Fällen geringere als die tatsächlich verhängten und vereinnahmten Geldstrafen in die Durchschläge einsetzte sowie sich die Differenzbeträge in der Höhe von insgesamt 1.800 S zueignete. Mit seiner auf den § 281 Abs. 1 Z. 10 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde gegen diesen Schuldspruch strebt der Angeklagte die Beurteilung seines Verhaltens bloß als Vergehen der Veruntreuung nach dem § 133 (Abs. 1) StGB., wobei seine Beamteneigenschaft strafverschärfend wirke, und aus diesem Grund eine Subsumtion der Tat unter das 'Deliktsbild des § 313 StGB.' an. Er vertritt die Ansicht, Amtsmißbrauch im Sinn des § 302 StGB. liege nur dann vor, wenn sich ein Beamter Rechte anmaße, die ihm nicht zustehen, wogegen er zur Erlassung der Organstrafverfügungen und zum Inkasso der Geldstrafen befugt gewesen sei und seine Verfehlung nur darin liege, daß er einen Teil der vereinnahmten Beträge nicht abgeliefert habe.
Die Beschwerde geht fehl.
Mißbrauch der Amtsgewalt kann auch durch ein Verhalten begangen werden, welches (zudem) den Tatbestand einer allgemein strafbaren Handlung erfüllt, vorausgesetzt, daß es sich in irgendeiner von der Strafdrohung erfaßten Entwicklungsstufe, sohin mindestens phasenweise, als Ausübung der (damit mißbrauchten) Befugnis zur Vornahme von Amtsgeschäften darstellt, also von Verrichtungen, die zur unmittelbaren Erfüllung der Vollziehungsaufgaben eines der im § 302 Abs. 1 StGB. bezeichneten Rechtsträger dienen. Ist diesfalls das allgemein strafbare Delikt nicht weiter beschwert und demzufolge (in seiner Gesamtauswirkung) nicht mit einer strengeren Strafe bedroht (§ 28 StGB.), dann wird sein Unwertgehalt schon, aber auch nur durch die Anwendung des § 302 StGB. voll erfaßt; niemals kann das strenger strafbedrohte Delikt durch ein geringer strafbares konsumiert werden. Der die Begehung allgemein strafbarer Handlungen durch einen Beamten unter Ausnützung der ihm durch seine Amtstätigkeit gebotenen Gelegenheit erfassende § 313 StGB. hinwieder normiert weder einen eigenen Tatbestand, noch eine Qualifikationsnorm, sondern lediglich eine (dem § 39 StGB. ähnliche) Strafschärfungsvorschrift in Ansehung der vorerwähnten Delikte, jedenfalls aber nicht deren Spezialität für den (dadurch nicht ausgeschlossenen) Fall, daß das betreffende Verhalten auch den Tatbestand des § 302 StGB. erfüllt. (Vgl. zu alledem die Entscheidung eines verstärkten Senats vom 18. Mai 1978, 10 Os 117/77 = RZ. 1978/63 = EvBl. 1978/136). Im vorliegenden Fall war der Angeklagte nach Inhalt des Urteils als Beamter der Bundespolizei befugt, mit Organstrafverfügung Geldstrafen einzuheben (§ 50 Abs. 1 StVG.);
gemäß dem § 50 Abs. 5 StVG. i.V.m. dem § 3 der VO. der BReg.
v. 24.August 1971, BGBl. Nr. 349, ist eine solche Strafverfügung mittels Durchschrift in zwei Ausfertigungen auszustellen, von denen sodann die Urschrift dem Täter zu übergeben und die Durchschrift der Behörde vorzulegen ist, an die das Organ auch den eingehobenen Betrag abzuführen hat.
Diese ihm damit eingeräumte Befugnis, in unmittelbarer Erfüllung der polizeilichen Vollziehungsaufgaben des Bundes in dessen Namen als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze derartige Amtsgeschäfte vorzunehmen, hat der Beschwerdeführer dadurch wissentlich und mit Schädigungsvorsatz mißbraucht, daß er in der vorgefaßten Absicht (vgl. S. 13, 37), einen Teil der einzuhebenden Strafbeträge für sich einzuheben, in zehn Fällen die Strafverfügung in ihrem die Geldstrafe betreffenden Teil (durch Verwendung eines Kugelschreibers ohne Mine oder durch Einlegen eines Kartonblattes) nicht mittels Durchschrift ausstellte, um so in weiterer Folge in die für den Bestraften bestimmte Ausfertigung einen höheren oder in die zur Vorlage an die Behörde bestimmte Ausfertigung einen niedrigeren Betrag einsetzen und jeweils die Abfuhr des Differenzbetrages unterlassen zu können.
Der dem Angeklagten zur Last liegende Tatvorwurf betrifft daher, seiner Beschwerdeauffassung zuwider, nicht erst die spätere Zueignung der von ihm eingehobenen Strafgelder (und/oder eine zu deren Verschleierung dienende bloß amtsinterne Falschbeurkundung - vgl. EvBl. 1977/185), sondern bereits sein auf vorgefaßter Schädigungsabsicht, sei es zum Nachteil des Staates, sei es zum Nachteil der Straffälligen beruhendes pflichtwidriges Verhalten direkt bei der Ausstellung der Strafverfügungen, also bei der Vornahme der eigentlichen Amtsgeschäfte. Dadurch aber hat er, wie das Erstgericht zutreffend erkannte, den Tatbestand des § 302 Abs. 1 StGB. objektiv und subjektiv verwirklicht;
seine Verurteilung nur wegen des Vergehens der Veruntreuung nach dem § 133 Abs. 1 StGB. kam demgemäß nach den eingangs dargelegten Grundsätzen der Gesetzeskonkurrenz nicht in Betracht.
Rechtliche Beurteilung
Die Nichtigkeitsbeschwerde war folglich zu verwerfen. Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach § 302 Abs. 1 StGB. zu einer - gemäß § 43 Abs. 1 StGB. unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehenen - Freiheitsstrafe von sieben Monaten. Hiebei wertete es als erschwerend die Wiederholung der strafbaren Handlungen und die schwere Schädigung des Ansehens der Polizei, als mildernd hingegen den bisherigen ordentlichen Lebenswandel, das Geständnis und die Schadensgutmachung. Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung des Strafausmaßes, allenfalls die Umwandlung der herabgesetzten Freiheitsstrafe in eine Geldstrafe an;
sie richtet sich ferner dagegen, daß das Erstgericht allfällige, nicht im Strafgesetzbuch vorgesehene Rechtsfolgen gemäß § 44 Abs. 2 StGB. nicht bedingt nachsah.
Die Berufung ist teilweise begründet:
Das Erstgericht hat zwar die vorhandenen Strafzumessungsgründe im wesentlichen zutreffend festgestellt; bei deren Bewertung hat es allerdings der bisherigen Unbescholtenheit des Angeklagten und dessen umfassendem Geständnis zu geringe und den Erschwerungsgründen zu große Bedeutung beigelegt. Da die korrigierte Bewertung zu dem Ergebnis führt, daß die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen und angesichts der bisherigen Lebensführung des Angeklagten begründete Aussicht besteht, daß er auch bei Verhängung einer das gesetzliche Mindestmaß unterschreitenden Freiheitsstrafe keine weiteren strafbaren Handlungen begehen werde, wurde in teilweiser Stattgebung der Berufung des Angeklagten und unter Anwendung des § 41 Abs. 1 StGB. die vom Erstgericht verhängte Freiheitsstrafe auf das aus dem Spruch ersichtliche, dem Obersten Gerichtshof tatschuldangemessen erscheinende Ausmaß reduziert. Hingegen konnte die Verhängung einer Geldstrafe im Hinblick auf den hohen Unrechtsgehalt der Tat aus generalpräventiven Gründen nicht in Erwägung gezogen werden. Dem Begehren des Angeklagten, allfällige nicht im Strafgesetzbuch vorgesehene Rechtsfolgen gemäß § 44 Abs. 2 StGB. bedingt nachzusehen, genügt es zu erwidern, daß derartige Rechtsfolgen angesichts der Strafhöhe (von 5 Monaten) und der gewährten bedingten Strafnachsicht nach den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften (insbes. nach § 22 und 23 Nationalrats-Wahlordnung 1971 BGBl. 1970/391 idgF; § 6 MilStG. idF des MilStRAG. BGBl. 1974/511; § 11 lit. f, 21 Abs. 1
lit. d PensionsG. 1965 idF der 5. Pensionsgesetz-Novelle) nicht in Betracht kommen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.
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