Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Freispruch der Liliana M***** unberührt bleibt, aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Linz verwiesen.
Mit ihrer Berufung wird die Finanzstrafbehörde auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde relevant wurde Iovita M***** mehrerer Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 FinStrG (I) und des vorsätzlichen Eingriffs in Monopolrechte nach § 44 Abs 1 FinStrG (II) schuldig erkannt.
Danach hat er „im Raum Linz vorsätzlich
I.) a) im Zeitraum von Oktober 2007 bis einschließlich Dezember 2009 Sachen, nämlich
1.898 Stangen Zigaretten der Marke 'A3'
439 Stangen Zigaretten der Marke 'West'
112 Stangen Zigaretten der Marke 'West red'
82 Stangen Zigaretten der Marke 'Kent'
61 Stangen und 8 Packungen Zigaretten der Marke 'L & M'
57 Stangen Zigaretten der Marke 'Marlboro'
15 Stangen Zigaretten der Marke 'Pall Mall'
13 Stangen Zigaretten der Marke 'West silver'
5 Stangen Zigaretten der Marke 'Marlboro light'
insgesamt sohin 535.560 Stück im Gesamtwert von EUR 30.154,20 (darauf entfallende Abgaben in der Höhe von EUR 55.017,27 Tabaksteuer), hinsichtlich welcher von namentlich nicht bekannten Personen das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs 1 FinStrG (hinsichtlich Tabaksteuer) begangen worden war(en), gekauft, wobei es ihm darauf ankam, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen und
b) am 23. November 2009 eine Menge von zumindest 15 Stangen und 8 Packungen (= 3.160 Stück) im Steuergebiet der Republik Österreich unversteuerte Filterzigaretten verschiedener Marken, die von namentlich unbekannten Personen unter Verletzung der in den § 27 TabStG 1995 und § 119 BAO normierten abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht in das Steuergebiet der Republik Österreich verbracht worden waren, wobei eine Verkürzung an Tabaksteuer in Höhe von EUR 345,78 dadurch bewirkt wurde, dass die Tabakwaren, welche aus dem steuerrechtlich freien Verkehr des Mitgliedstaates Rumänien zu gewerblichen Zwecken in das Steuergebiet der Republik Österreich außerhalb des Steueraussetzungsverfahrens verbracht und die im § 27 TabStG 1995 normierte Pflicht unterlassen wurde, für die verbrachten Tabakwaren unverzüglich eine Steueranmeldung abzugeben, darin die Steuer zu berechnen und diese unverzüglich zu entrichten, angekauft, wobei es ihm darauf ankam, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen;
II.) a) in Tateinheit zu I.) a) zu seinem oder eines anderen Vorteil das in den Vorschriften über das Tabakmonopol enthaltene Verbot des Handelns mit Monopolgegenständen (§ 5 Abs 3 Tabakmonopolgesetz) dadurch verletzt, indem er die in I.) lit. a) bezeichneten Zigarettenmengen mit einem Kleinverkaufspreis in Höhe von EUR 94.643,00, welche von namentlich nicht bekannten Personen in das Bundesgebiet eingeführt worden waren, an unbekannte Personen verkaufte;
b) in Tateinheit zu I.) b) zu seinem oder eines anderen Vorteil das in den Vorschriften über das Tabakmonopol enthaltene Verbot des Handelns mit Monopolgegenständen (§ 5 Abs 3 Tabakmonopolgesetz) dadurch verletzt, indem er die in I.) lit. b) bezeichneten Zigarettenmengen mit einem Kleinverkaufspreis in Höhe von EUR 602,--, welche von namentlich nicht bekannten Personen in das Bundesgebiet eingeführt worden waren, an unbekannte Personen verkaufte.“
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen von der Finanzstrafbehörde aus Z 5 des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde wurde verspätet ausgeführt.
Die Zustellung der Urteilsausfertigung erfolgte am 30. September 2011 (Rückschein bei ON 29), womit die Frist zur Ausführung der Beschwerdegründe von vier Wochen (§ 285 Abs 1 StPO) zu laufen begann und am 28. Oktober 2011 um 24.00 Uhr endete (vgl § 84 Abs 1 StPO). Die mit 30. Oktober 2011 datierte und am selben Tag eingebrachte Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde (ON 34) ist demnach verspätet.
In der Anmeldung des Rechtsmittels (ON 31) wurde kein Nichtigkeitsgrund deutlich und bestimmt bezeichnet, sodass die Nichtigkeitsbeschwerde gemäß § 285d Abs 1 Z 1 iVm § 285a Z 2 StPO - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - zurückzuweisen war. Auf die in der verspäteten Ausführung (im Übrigen auch - entgegen entsprechendem Erfordernis - ohne Angabe von Fundstellen im Aktenmaterial; vgl RIS-Justiz RS0124172) geltend gemachten Gründe ist nicht Bedacht zu nehmen (RIS-Justiz RS0100168).
Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde überzeugte sich der Oberste Gerichtshof jedoch, dass den Schuldsprüchen zum Nachteil des Angeklagten Iovita M***** nicht geltend gemachte Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO anhaftet (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO).
Nach den Urteilsfeststellungen erwarb der Angeklagte seit Oktober 2007 von „namentlich unbekannten Personen“ (US 8) und einem „unbekannten rumänischen LKW-Fahrer mit dem Namen Georghe K*****, der Transporte zwischen Rumänien und Deutschland durchführte, unversteuerte Zigaretten unbekannter ausländischer Herkunft zum Preis von EUR 10,-- bis 11,-- pro Stange. Zu diesem Zweck traf er sich mit dem LKW-Fahrer auf dem Autobahnparkplatz in Ansfelden, übernahm die Zigaretten und brachte sie zu sich nach Hause in seine Linzer Wohnung. Die Treffen wurden zuvor in Rumänien bereits vereinbart und lieferte 'Georghe' diese Zigaretten von Rumänien nach Österreich. Woher die Zigaretten tatsächlich stammten, konnte nicht festgestellt werden, mit Ausnahme der sichergestellten rumänischen Tabakwaren. Die vorgeschriebene Tabaksteuer nach § 27 Tabaksteuergesetz wurde dabei in keinem Fall entrichtet und der Erstangeklagte wusste das auch, ferner wusste er, dass der Verkauf noch nichtversteuerter Tabakwaren illegal ist. In der Absicht sich durch den Handel mit den sehr günstig erworbenen Zigaretten eine fortlaufende Einnahmequelle durch einen entsprechenden Gewinnaufschlag zu verschaffen, ...“ (US 6). „Bei einer am 23.11.2009 durchgeführten freiwilligen Nachschau konnten sowohl in der Wohnung als auch in der Garage der Zweitangeklagten insgesamt 140 Stangen und 8 Packungen ausländischer sowie 15 Stangen und 8 Packungen rumänischer, im Steuergebiet der Republik Österreich unversteuerter Filterzigaretten verschiedener Marken, verpackt in blauen und schwarzen Müllsäcken und in diversen Kunststoffeinkaufssäcken sowie an verschiedenen Aufbewahrungsorten der Wohnung verteilt, vorgefunden werden“ (US 7). Die angeführten Zigarettenmengen wurden vom Angeklagten „mit Ausnahme der sichergestellten Zigaretten an unbekannte Abnehmer“ weiterverkauft (US 8).
Das Finanzvergehen der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs 1 lit a FinStrG verantwortet, wer vorsätzlich eine Sache oder Erzeugnisse aus einer Sache, hinsichtlich welcher eines der dort genannten Finanzvergehen begangen wurde, kauft, zum Pfand nimmt oder sonst an sich bringt, verheimlicht oder verhandelt. Der Tatbestand setzt somit eine Vortat voraus, die im Fall eines Schuldspruchs nach § 37 Abs 1 lit a FinStrG als vollendet festgestellt sein muss (RIS-Justiz RS0086500; 13 Os 83/11x).
Nach den Feststellungen des Erstgerichts waren aber nicht „namentlich unbekannte Personen“ oder Georghe K***** erste Bezieher der Zigaretten zu gewerblichen Zwecken im Inland und damit Täter einer Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG, sondern war dies der Angeklagte, der solcherart seinerseits als Täter von Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG in Betracht kommt.
Denn anders als nach § 27 Abs 1 TabStG idF BGBl I 2009/151 war nach der zur Tatzeit geltenden Fassung des § 27 TabStG dessen Abs 2 gegenüber Abs 1 subsidiär. Das bedeutete, dass primär der Bezieher zu gewerblichen Zwecken und erst in Ermangelung eines solchen eine Person, die die belasteten Zigaretten erstmals im Steuergebiet zu gewerblichen Zwecken in Gewahrsam hielt oder verwendete, als Schuldner die jeweils erst im Zeitpunkt der Empfangnahme durch sie entstehende Steuer anzumelden und zu entrichten hatte (§ 27 Abs 5 TabStG, vgl 13 Os 27/09h).
Feststellungen, die die Annahme der Begehung von Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG durch den Angeklagten in objektiver wie subjektiver Hinsicht erlauben würden, enthält das Urteil nicht, wobei im Übrigen ein solcherart geänderter rechtlicher Aspekt dem Angeklagten mitzuteilen gewesen wäre (vgl RIS-Justiz RS0113755, vgl aber auch RIS-Justiz RS0123609).
Zum Schuldspruch II fehlt es dem Urteil an Feststellungen zur subjektiven Tatseite, wonach der Angeklagte nämlich mit dem Vorsatz gehandelt haben soll, durch sein Tun die in den Vorschriften über das Tabakmonopol enthaltenen Gebote oder Verbote hinsichtlich des Handelns mit Monopolgegenständen - also durch gewerbsmäßiges Inverkehrbringen von Tabakerzeugnissen im Monopolgebiet (vgl § 5 Abs 4 TabMG) - zu verletzen.
Für den nächsten Rechtsgang bleibt anzumerken, dass das Erstgericht verfehlt (§ 4 Abs 2 FinStrG) geltendes Recht und nicht jenes vor BGBl I 2010/104 angewendet hat und die Feststellungen zur Bemessungsgrundlage mängelfrei zu begründen wären (vgl 13 Os 83/11x).
Bei der Prüfung einer allfälligen Subsumtion nach § 44 Abs 1 lit a FinStrG idF vor BGBl I 2010/104 wird in Bezug auf folgende Erwägungen eine tragfähige Feststellungsbasis zu schaffen sein:
Ein Beitrag (§ 11 dritter Fall FinStrG) des Übernehmers zu dem vom Lieferanten durch Verkauf der von diesem importierten Zigaretten an ihn (zumindest objektiv [Fabrizy in WK2 § 12 Rz 95]) verwirklichten Finanzvergehen nach § 44 Abs 1 lit a FinStrG idF vor BGBl I 2010/104 ist möglich, weil es sich beim Abnehmer solcher Waren - im Gegensatz zu jenem von Suchtgift (vgl RIS-Justiz RS0118879) - nicht um eine vom Schutz der verletzten Strafnorm unmittelbar erfasste Person handelt (13 Os 27/09h, EvBl 2009/138, 920). Kämen die Tatrichter zu dem Ergebnis, dass Georghe K***** bzw ein anderer Lieferant (durch Veräußerung der zuvor importierten Zigaretten an den Angeklagten) das Tatbild des § 44 Abs 1 lit a FinStrG idF vor BGBl I 2010/104 erfüllt hätte, wären daher Konstatierungen dahin erforderlich, ob der Angeklagte durch den Ankauf vorsätzlich zu der angesprochenen Monopolverletzung beigetragen hat (zur Beitragshandlung eingehend Fabrizy in WK2 § 12 Rz 87 - 92).
Wird eine solche Beitragstäterschaft verneint, ist zu prüfen, ob der Angeklagte seinerseits durch die Veräußerung der bezogenen Zigaretten einen Verstoß gegen die hier maßgebenden Gebote oder Verbote über das Tabakmonopol begangen und solcherart - als unmittelbarer Täter (§ 11 erster Fall FinStrG) - den Tatbestand des § 44 Abs 1 lit a FinStrG idF vor BGBl I 2010/104 verwirklicht hat. Dabei ist zu beachten, dass hinsichtlich der sichergestellten Zigaretten nur das Deliktsstadium des Versuchs (§ 13 FinStrG) in Betracht käme, welche Annahme aber Konstatierungen zur erforderlichen Ausführungsnähe voraussetzen würde (13 Os 108/11y). Ein bloßes „Bereitlegen“ der Zigaretten (US 9) reicht insoweit nicht hin.
Im Fall eines Schuldspruchs wegen des als Beitragstäter (§ 11 dritter Fall FinStrG) begangenen Finanzvergehens nach § 44 Abs 1 lit a FinStrG idF vor BGBl I 2010/104 infolge Ankaufs der von den Lieferanten importierten Zigaretten wäre eine - allenfalls durch deren (vollendete oder versuchte) Weiterveräußerung verwirklichte - Monopolhehlerei (§ 46 Abs 1 FinStrG) als straflose Nachtat (dazu Ratz in WK2 Vorbem zu §§ 28 - 31 Rz 66) konsumiert (RIS-Justiz RS0086489; vgl auch [zum allgemeinen Strafrecht] Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 164 Rz 4).
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