OGH 13Os148/82

OGH13Os148/8214.10.1982

Der Oberste Gerichtshof hat am 14.Oktober 1982

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Horak, Dr. Schneider und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Müller-Dachler als Schriftführerin in der Strafsache gegen Mohammed A und Khan B wegen des Verbrechens wider die Volksgesundheit nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG. und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten Khan B gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 18.Mai 1982, GZ. 6 a Vr 2576/82-30, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung sowie die Berufung des Angeklagten Mohammed A nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, der Ausführungen der Verteidiger Dr. Doczekal und Dr. Ploderer und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Ersten Generalanwalts Dr. Nurscher, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der iranische Staatsangehörige Mohammed A und der pakistanische Staatsbürger Khan B wurden (zu I) des Verbrechens wider die Volksgesundheit nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG. (und zwar B als Anstifter nach § 12 StGB) und (zu II) des Finanzvergehens des Schmuggels nach § 35 Abs 1 FinStrG (B wieder als Anstifter nach § 11 FinStrG) schuldig erkannt.

Darnach haben sie:

(zu I) Mohammed A am 24.Februar 1982

520 Gramm Heroin aus Jugoslawien aus- und nach Österreich eingeführt, Khan B den Mohammed A zur Einfuhr des Suchtgifts nach Österreich aufgefordert und ihm Ratschläge betreffend die Möglichkeit, das Suchtgift zu verbergen, erteilt und (zu II) durch die oben (zu I) geschilderten Tathandlungen eingangsabgabenpflichtige Waren, nämlich das oben (zu I) angeführte Heroin, dem österreichischen Zollverfahren entzogen. Den ihn betreffenden Schuldspruch bekämpft der Angeklagte Khan B aus den Z. 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO mit Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Für unzureichend und widersprüchlich begründet (§ 281 Abs 1 Z. 5 StPO) hält er das Urteil deshalb, weil es sich nicht damit auseinandersetze, daß das gesamte Rauschgift nach dem Tatplan in Wien dem - unbekannt gebliebenen - Pakistani D übergeben werden sollte. Das Erstgericht gehe darauf nicht ein, sondern spreche, obgleich hiefür keine Anhaltspunkte hervorgekommen seien, aus, es sei den Angeklagten klar gewesen, daß sie die Verbreitung des Rauschgifts und die damit verbundenen Gefahren weder kontrollieren noch einschränken könnten. Ob der (allenfalls bedingte) Vorsatz des Beschwerdeführers auch die Herbeiführung einer Gemeingefahr umfaßt habe, ergebe sich aber weder aus den Beweisergebnissen noch aus den Feststellungen des Erstgerichts.

Indes: Den Vorsatz des Beschwerdeführers, die von den Angeklagten aus Belgrad nach Österreich geschmuggelten 520 Gramm Heroin dem nicht ausgeforschten 'D' zu übergeben, hat das Schöffengericht ausdrücklich konstatiert (S. 166, 167, 170). Durch die übergabe des Rauschgifts an 'D' aber hätten sie sich, was ihnen nach den Urteilsfeststellungen klar war, jeder weiteren Einflußnahme auf das Schicksal des Heroins, das mehr als das Tausendfache der sogenannten Grenzmenge (bei Heroin 0,5 Gramm) ausmachte, völlig begeben (S. 167, 170). Die daraus gezogene Schlußfolgerung, daß durch das Verhalten der Angeklagten in größerer Ausdehnung eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen konnte, ist einleuchtend und demnach mängelfrei.

In seiner Rechtsrüge (§ 281 Abs 1 Z. 10 StPO) meint der Beschwerdeführer, die Entwicklungsstufe der Vollendung des Suchtgiftverbrechens sei nicht erreicht worden, weil das Rauschgift in einem Schließfach deponiert gewesen sei und lediglich die Absicht bestanden habe, es dem 'D' zu übergeben, womit der Abnehmerkreis noch nicht bestimmt gewesen sei.

Auch mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer nicht im Recht. Nach dem Schuldspruch liegt dem Beschwerdeführer - in der Erscheinungsform der Anstiftung - zur Last, das Suchtgift aus Jugoslawien aus- und nach Österreich eingeführt zu haben, wobei nach der Vorstellung der beiden Täter das Suchtgift über 'D' an einen größeren Abnehmerkreis gelangen sollte, den sie von vornherein weder zu überblicken noch zu begrenzen vermochten. Der Verantwortung des A, er habe 'D' (nach der übergabe des Suchtgifts) bei der Polizei anzeigen wollen, hat das Schöffengericht in freier Beweiswürdigung nämlich den Glauben versagt (S. 169). Wann ein Delikt vollendet ist, bestimmt sich grundsätzlich nach dem in dem betreffenden Tatbestand verwendeten Tätigkeitswort. Mit der Ausführung der im Gesetz beschriebenen Tathandlung (Tätigkeit) ist jedweder Tatbestand objektiv erfüllt, das Delikt 'technisch vollendet' (LSK. 1981/184 zu § 15 StGB).

Im § 12 Abs 1 SuchtgiftG. sind es die Worte 'Suchtgifte .. ... einführt, ausführt', mit denen die den beiden Angeklagten zur Last liegende, von ihnen auch eingestandene Tätigkeit zutreffend umschrieben ist. Das Gericht hat darüber hinaus auf zureichender Beweisgrundlage den Gefährdungsvorsatz festgestellt, für den beim Verbrechen nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG. Eventualvorsatz (§ 5 Abs 1, letzter Satz, StGB)

genügt (S. 170, 171).

Der vom Beschwerdeführer angestrebten (§ 281 Abs 1 Z. 10 StPO) Beurteilung seiner Tat nach § 14 Abs 1

SuchtgiftG. stellt sich die Alternativität (oder Verdrängbarkeit) dieser Bestimmung gegenüber dem hier angenommenen Verbrechen nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG. entgegen. Wie der Oberste Gerichtshof bereits in seiner Entscheidung vom 3.Dezember 1981, 13 Os 176/80, ausgesprochen hat, ist der Tatbestand des § 14 (früher § 8) SuchtgiftG. (Bandenbildung und Komplott) ein typisches Vorbereitungsdelikt und wird gleich allen derartigen, selbständig vertypten Vorbereitungshandlungen von der materiellen Vollendungsvertypung (hier: von der Verwirklichung des Tatbestands des § 12 Abs 1 SuchtgiftG.) verdrängt (ein Fall der unechten oder scheinbaren Realkonkurrenz).

Schließlich wendet sich der Beschwerdeführer aus dem Grund des § 281 Abs 1 Z. 9 lit a StPO gegen seine Verurteilung wegen des Finanzvergehens des Schmuggels (II).

Er meint, es fehle die gerichtliche Zuständigkeit, weil der Wertbetrag die Grenze von 200.000 S nicht übersteige (§ 53 Abs 2 lit a FinStrG). Zur Ermittlung desselben dürften nämlich nur die hinterzogene Einfuhrumsatzsteuer (149.760 S) und der Ausfuhrförderungsbeitrag (2.340 S) herangezogen werden, der hinterzogene Zoll (52.000 S) hingegen habe außer Betracht zu bleiben.

Auch dieser Einwand versagt. Das Schöffengericht hat den gesamten hinterzogenen Eingangsabgabenbetrag mit 204.100 S festgestellt (S. 171) und deshalb die gerichtliche Zuständigkeit bejaht. Angesichts dieser - rechnerisch zutreffenden - Feststellung ist offenkundig, daß es sich bei dem auf S. 167 enthaltenen Ausspruch, der Zoll betrage 520.000 S (statt 52.000 S) und der Zollwert sei 480.000 S (statt 780.000 S), um offenkundige Schreibfehler handelt. Die auf geschmuggelte Suchtgifte entfallenden Abgaben (§ 35 Abs 4 FinStrG) umfassen den als Gewichtszoll nach den Bestimmungen der 9. Zolltarifgesetznovelle, BGBl. 1976/669, zu berechnenden Zoll, die Einfuhrumsatzsteuer und im Hinblick auf die Tatzeit vom 24.Februar 1982

zufolge der seit 1.Jänner 1982 in Geltung stehenden Novelle zum Außenhandelsförderungsbeitragsgesetz, BGBl. 1981/484, auch den Außenhandelsförderungsbeitrag (13 Os l40/81). Da alle drei Abgaben, die als hinterzogene Eingangsabgaben bei der Bestimmung des Wertbetrags nach § 53 Abs 2 lit a FinStrG insgesamt heranzuziehen sind, zusammen 200.000 S übersteigen, ist die gerichtliche Zuständigkeit gegeben.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Der im Urteil (S. 171) vorkommende Klammerausdruck '(zuzüglich einer 2-%igen Steuer auf den nunmehrigen Gesamtbetrag von S 204.100,--)' nötigt allerdings zu dem Hinweis, daß es sich hiebei nicht um eine Steuer, sondern um einen zweiprozentigen Säumniszuschlag gemäß § 217, 219 BAO. handelt (siehe S. 128). Das gibt wiederum Anlaß zur grundsätzlichen, wenngleich hier nicht entscheidungswesentlichen Klarstellung, daß Verspätungszuschläge (§ 135 BAO.) und Säumniszuschläge (§ 217 ff. BAO.) keine Abgaben, sondern, wie schon die gesetzlichen Benennungen aussagen, zusätzlich zu irgendwelchen Abgabenschuldigkeiten auferlegte Leistungen sind. Verspätungs- und Säumniszuschläge können darum niemals in einen Abgabenverkürzungsbetrag (strafbestimmenden Wertbetrag) einfließen und scheiden aus jedweder strafrechtlichen überlegung aus (13 Os 177/80). Der angeführte Klammerausdruck ist daher, will man ihn nicht überhaupt als unverständlich betrachten, jedenfalls bedeutungslos.

Das Schöffengericht verhängte über die Angeklagten gemäß § 12 Abs 1 SuchtgiftG. Freiheitsstrafen von je fünf Jahren, ferner gemäß § 35 Abs 4 FinStrG Geldstrafen zu je 100.000 S, im Fall der Uneinbringlichkeit gemäß § 20 FinStrG Ersatzfreiheitsstrafen von je drei Monaten. Bei Bemessung dieser Strafen waren erschwerend die große Menge des importierten Suchtgifts und die damit verbundene Gemeingefahr, bei B überdies, daß seine 'Mittäterschaft' (intellektuelle Beihilfe, richtig: Anstiftung) sowie das Beibringen der zum Festbinden (des Suchtgifts an den Beinen unter den Socken) notwendigen Leinenstreifen wesentlich für das Gelingen der Tat war.

Mildernd hingegen waren die bisherige Unbescholtenheit in Österreich und das Geständnis (in objektiver Richtung umfassend bei A, des Tatsächlichen bei B), bei B überdies, daß er nur als 'Mittäter' in Erscheinung trat.

Mit ihren Berufungen streben die Angeklagten die Herabsetzung der Freiheitsstrafen, Khan B auch die der über ihn verhängten Geldstrafe an.

Der Angeklagte B fühlt sich durch die Verhängung der Höchststrafe nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG. belastet, übersieht dabei jedoch, daß diese Norm bei Tatbegehung nicht als Mitglied einer Bande (wie hier) einen ersten, gleitenden Strafsatz mit beweglicher Obergrenze statuiert, wobei die erste Strafstufe mit fünf Jahren ihre Grenze findet, der Strafsatz als solcher aber (zweite Strafstufe) bis zu 10 Jahren reicht. Bei erschwerenden Umständen, die hier zu Recht in der großen Menge des qualit ativ hochwertigen Suchtgifts, das importiert wurde (S. 173) und der dementsprechend hohen Gemeingefahr erblickt wurden, ist bei der Strafbemessung von diesem ersten Strafsatz des § 12 Abs 1 SuchtgiftG., der auch die zweite Strafstufe mitumfaßt, auszugehen.

So gesehen kann eine Freiheitsstrafe im Mittelmaß von fünf Jahren als durchaus angemessen bezeichnet werden, dies auch dann, wenn man in der Sicherstellung des Suchtgifts einen weiteren mildernden Umstand erblickt und den Tatbeitrag des Angeklagten B (der ja Voraussetzung seines Schuldspruchs ist) nicht eigens als erschwerend ansieht. Daß er 'nur als Mittäter (gemeint Anstifter) in Erscheinung' trat, kann andererseits für sich noch nicht mildernd sein. Interpretiert doch die funktionale Einheitstäterschaft dogmatisch unterschiedliche Täterschaftsformen (Erscheinungsformen des Verbrechens) als untereinander vollkommen gleichrangig und erlaubt, ungeachtet der rechtlichen Artung des jeweiligen Tatbeitrags, eine Bestrafung des Delinquenten je nach seiner ihn persönlich treffenden Schuld, die der Schöffensenat bei B verhältnismäßig hoch veranschlagte ('... vor allem über Betreiben des Khan B ...'; S. 166). Der Einwand, daß der Angeklagte B nur als 'Mittäter' (richtig: Anstifter) auftrat, beruht auf einer formalistischen Betrachtungsweise, die bei Abwägung der Schuld mehrerer Tatbeteiligter fehl am Platz ist (13 Os 34/82). Von einem Versuch des Suchtgiftdelikts kann ferner, wie schon in Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde dargetan, keine Rede sein. Besondere Gründe, die für eine Reduzierung der ohnehin tief unter dem gesetzlichen Höchstmaß geschöpften Geldstrafe sprächen, werden vom Berufungswerber nicht aufgezeigt und liegen auch nicht vor, sodaß es auch bei dieser Strafe und der für sie verhängten Ersatzfreiheitsstrafe zu bleiben hatte.

Der Angeklagte A legt seiner Berufung seine vom Erstgericht als unglaubwürdig abgelehnte Verantwortung zugrunde, daß er den Mitangeklagten hätte zur Anzeige bringen wollen (S. 169). Fehlt es aber an einer solchen Fallgestaltung, so kann von einer Tatbegehung in einer heftigen, allgemein begreiflichen Gemütsbewegung keine Rede sein. Zu einer Herabsetzung der über ihn verhängten Freiheitsstrafe besteht, auch wenn man ihm die Zustandebringung der Droge als mildernd zugute hält, ebensowenig eine Veranlassung wie bei B.

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