OGH 13Os148/18s

OGH13Os148/18s13.2.2019

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. Februar 2019 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart der AAss Schaffhauser als Schriftführerin in der Strafsache gegen Igal Z***** und einen weiteren Angeklagten wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 erster, zweiter und vierter Fall sowie Abs 2, 148 zweiter Fall, § 12 dritter Fall und § 15 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Arafat M***** sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Schöffengericht vom 12. September 2018, GZ 601 Hv 8/18d‑135, weiters die Beschwerde dieses Angeklagten gegen den zugleich ergangenen Beschluss auf Widerruf einer bedingten Strafnachsicht nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0130OS00148.18S.0213.000

 

Spruch:

 

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde werden das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch wegen des Vergehens der kriminellen Vereinigung nach § 278 Abs 1 zweiter Fall StGB (B/II), in der Subsumtion der zu B/I angelasteten Taten auch nach § 148 zweiter Fall StGB, in der zu diesem Schuldspruch gebildeten Subsumtionseinheit und demgemäß auch im Arafat M***** betreffenden Strafausspruch sowie der zugleich ergangene Beschluss auf Widerruf einer bedingten Strafnachsicht aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Korneuburg verwiesen.

Arafat M***** und die Staatsanwaltschaft werden mit ihren Rechtsmitteln auf diese Entscheidung verwiesen.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde – soweit hier von Bedeutung – Arafat M***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 erster, zweiter und vierter Fall sowie Abs 2, 148 zweiter Fall, § 12 dritter Fall und § 15 StGB (B/I) und des Vergehens der kriminellen Vereinigung nach § 278 Abs 1 zweiter Fall StGB (B/II) schuldig erkannt.

Danach hat er

(B) ungefähr vom 22. bis zum 30. November 2017 in W***** und an anderen Orten

I) gewerbsmäßig und mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, in vier Fällen zur Ausführung im Urteil näher bezeichneter strafbarer Handlungen namentlich genannter Personen beigetragen, die im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 erster Fall StGB) Angestellte von Autovermietungsunternehmen durch die Vorgabe, gemietete Fahrzeuge nach Beendigung der Mietdauer zurückzustellen, unter Benützung falscher Urkunden, unbarer Zahlungsmittel und Daten, nämlich falscher Ausweise, einer falschen Kreditkarte und fingierter Identitäten bei Bestellungen über das Internet, zum Abschluss von Mietverträgen und zur Überlassung von Fahrzeugen, mithin zu Handlungen, welche die im Urteil genannten Unternehmen im 5.000 Euro übersteigenden Betrag von mehr als 65.800 Euro schädigten oder schädigen sollten, verleiteten oder zu verleiten versuchten, indem er die falschen Urkunden zur Verfügung stellte und die Fahrzeuge zur Anmietung online reservierte, und

II) sich durch die zu B/I beschriebenen Handlungen als Mitglied an einer kriminellen Vereinigung beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Gegen den Schuldspruch B/II und die Annahme der Gewerbsmäßigkeit zum Schuldspruch B/I richtet sich die aus den Gründen der Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Arafat M*****.

Aus deren Anlass überzeugte sich der Oberste Gerichtshof von nicht geltend gemachten Rechtsfehlern (Z 10) zum Nachteil dieses Angeklagten, die von Amts wegen wahrzunehmen waren (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO):

Gewerbsmäßigkeit (hier § 148 StGB iVm § 70 StGB) verlangt neben bestimmten objektiven Kriterien die Absicht des Täters, sich durch die wiederkehrende Begehung der in Rede stehenden strafbaren Handlung längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen zu verschaffen. Dem gewerbsmäßig handelnden Täter muss es also darauf ankommen, sich eine zumindest für einen längeren Zeitraum wirksame Einkommensquelle zu erschließen, welche Voraussetzung die Rechtsprechung anhand einer Einzelfallbetrachtung anhand folgender Überlegung beurteilt: Je höher die Frequenz der (bereits erfolgten oder geplanten) Angriffe ist, desto geringer sind die Anforderungen an die beabsichtigte zeitliche Ausdehnung des Einnahmeflusses und vice versa (13 Os 121/14i; Jerabek/Ropper in WK 2 StGB § 70 Rz 7).

Die Entscheidungsgründe enthalten (zum Schuldspruch B/I) keine Feststellungen zur zeitlichen Komponente der Intention des Beschwerdeführers, sich durch wiederkehrende Delinquenz eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.

Auch der Tatbestand der kriminellen Vereinigung (Schuldspruch B/II) setzt nach der Legaldefinition des § 278 Abs 2 StGB voraus, dass der Zusammenschluss von mehr als zwei Personen (mit der im Tatbestand bezeichneten Ausrichtung) auf längere Zeit angelegt ist (RIS‑Justiz RS0125232, RS0119848; Plöchl in WK 2 StGB § 278 Rz 8). Dazu finden sich in den Entscheidungsgründen ebenfalls keine Konstatierungen.

Die mehrfache substratlose Verwendung der verba legalia („längere Zeit“) zu beiden Schuldsprüchen (US 10, 14, 23 und 24) bleibt ohne Sachverhaltsbezug und vermag das Feststellungsdefizit nicht auszugleichen (RIS‑Justiz RS0119090). Dieses erfordert – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – die sofortige Aufhebung der betroffenen Subsumtionen, der zum Schuldspruch B/I gebildeten Subsumtionseinheit, des darauf beruhenden Strafausspruchs und des Beschlusses auf Widerruf einer bedingten Strafnachsicht (RIS‑Justiz RS0100194).

Darauf waren der Angeklagte Arafat M***** und die Staatsanwaltschaft mit ihren Rechtsmitteln zu verweisen.

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