OGH 13Os127/86

OGH13Os127/869.10.1986

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.Oktober 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Horak, Dr. Felzmann und Dr. Brustbauer (Berichterstatter) als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Kuras als Schriftführers in der Strafsache gegen Franz S*** und eines weiteren Angeklagten wegen des Verbrechens des Diebstahls nach §§ 127 ff. StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Franz S*** gegen das Urteil des Kreisgerichts St.Pölten als Schöffengerichts vom 21.März 1986, GZ 15 Vr 599/85-46, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalts Dr. Hauptmann, und des Verteidigers Dr. Laimer, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Franz S*** die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der am 8.September 1958 geborene, zuletzt als Versicherungsvertreter tätig gewesene Franz S*** wurde des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1 und 2 Z. 1, 128 Abs 1 Z. 4, 129 Z. 1 und 2 StGB und § 12 (dritter Fall) StGB schuldig erkannt. Darnach hat er in St.Pölten in der Nacht zum 27.Oktober 1984 in Gesellschaft seines mitangeklagten Bruders Christian S*** und des gesondert verfolgten Franz S*** dem Erich D*** zwei Hasen im Gesamtwert von 500 S (A I 3 a) sowie allein am 22.März 1985 der Firma K*** einen von Pauline S*** gemieteten Videorecorder Marke Philips VR 2840 im Wert von 19.272 S (A II) gestohlen. Ferner hat er in St.Pölten durch Hinweis auf die Tatgelegenheit und Bestärken des Willens der jeweiligen Täter sowie mittels Durchführung von Transportdiensten mit seinem Personenkraftwagen zur Ausführung von Einbruchsdiebstählen durch andere beigetragen, und zwar in der Nacht zum 27.Oktober 1984 zu einem von den oberwähnten Komplizen durch Aufbrechen eines Zigarettenautomaten begangenen Diebstahl von 14 Packungen Zigaretten im Gesamtwert von 387 S zum Nachteil des Walter S*** (B I iVm A I 3 b), in der darauffolgenden Nacht zu dem von den nämlichen Tätern durch Einbruch verübten Diebstahl von 15.955,30 S Bargeld zum Nachteil des Gustav S*** (B II) und in der Nacht zum 11. November 1984 zu den von den insoweit gesondert verfolgten Christian S*** und Andreas W*** durch Einbruch begangenen Diebstählen von zwei elektronischen Feuerzeugen und von Zigaretten im Gesamtwert von 1.600 S zum Nachteil der Firma Werner K*** und von 12.455,20 S Bargeld verschiedener Währung zum Nachteil der Firma Ing.Franz P*** (B III).

Gegen diese Schuldsprüche wendet sich Franz S*** aus § 281 Abs 1 Z. 5 und 9 (lit a und c) StPO.

Rechtliche Beurteilung

Der Mängelrüge (Z. 5) zuwider schließt der Umstand, daß der Beschwerdeführer von seinem mitangeklagten Bruder Christian S*** niemals der Diebsgenossenschaft an der Urteilstat A I 3 a bezichtigt worden ist, keineswegs aus, daß die bezüglichen Angaben der Brüder S*** erst in den letzten Tagen vor der Hauptverhandlung während ihrer Unterbringung in derselben Zelle (S. 297) genauer aufeinander abgestimmt worden sind (S. 357). Christian S***, der vor der Polizei auf die in diesem Zusammenhang von seinem Bruder Franz gespielte Rolle überhaupt nicht eingegangen war, hat nämlich erst in der Hauptverhandlung (S. 294, letzter Absatz) - in auffallender Übereinstimmung mit der kurz danach vom Beschwerdeführer deponierten Verantwortung (S. 298) - betont, daß der Rechtsmittelwerber die Täter zwar bis zum Tatort begleitete, dann jedoch keine Aufpasserdienste leistete, sondern weiterging und sie erst vor dem Haustor seines Wohnhauses wieder traf. Die Annahme einer Verabredung der Angeklagten S*** hinsichtlich dieser wesentlichen, in früheren Angaben nicht aufscheinenden Details ist denkfolgerichtig begründet, erfahrungsgemäß nicht ausgeschlossen und sonach das Ergebnis zulässiger Beweiswürdigung.

Soweit der Angeklagte einen inneren Widerspruch der Urteilsfeststellungen hinsichtlich seiner Beteiligung am Diebstahl A I 3 a darin erblickt, daß diese einerseits als ein Aufpassen im langsamen Weitergehen, andererseits aber, in einem Klammerausdruck, dahin beschrieben wird, er sei Schmiere gestanden, bezieht er sich auf unentscheidende Einzelheiten; denn ob er die Aufpasserdienste im langsamen Gehen oder im Stehen geleistet hat, ist für den Schuldspruch ohne Belang. Die vom Beschwerdeführer vermißte Auseinandersetzung mit den entlastenden Angaben Christian S*** und Andreas W*** zum Faktum B III ist in der Urteilsbegründung besonders ausführlich vorhanden (S. 360 bis 362 oben). Auf die betreffende erstgerichtliche Argumenation geht der Nichtigkeitswerber überhaupt nicht ein. Die Ausführungen sind nichts als eine gegen kollegialgerichtliche Urteile unzulässige Schuldberufung.

Ebensowenig ist die Rechtsrüge (Z. 9 lit a) prozeßordnungsgemäß ausgeführt, soweit sie in Ansehung des Faktums B I nicht vom Urteilssachverhalt ausgeht. Darnach war das Aufbrechen des Zigarettenautomaten vom Tatentschluß des Angeklagten umfaßt. Im übrigen muß der Vorsatz des Gehilfen gleichwie derjenige des Anstifters zwar auf eine individuell bestimmte und vorgestellte Haupttat gerichtet sein, doch genügt es, daß diese Tat ihm ihrer Art nach und in groben Umrissen bekannt ist (vgl. EvBl 1979 Nr. 230 u.a.). Es hätte also der dem Beschwerdeführer vom Gericht ohnehin unterstellten Kenntnis des genauen Ziels des diebischen Angriffs gar nicht bedurft.

Soweit der Rechtsmittelwerber aber vermeint, seine Förderung dieser Tat sowie der Urteilstaten B II und B III durch Leistung von Transportdiensten sei keine strafbare Beihilfe, weil er die Komplizen nicht unmittelbar zum Tatort gebracht und sie nach der Tat auch nicht von dort, sondern von anderen Orten - teilweise erst nach telephonischer Verständigung - abgeholt habe, ist ihm zu erwidern, daß Beihilfe (anders als Diebs- oder Raubgenossenschaft) keine Anwesenheit am Tatort zur Tatzeit erfordert. Der Beitrag (§ 12, dritter Fall, StGB) kann ebenso fernab vom Tatort geleistet werden, und zwar auch schon vor der der Tatausführung (siehe insbesondere Kienapfel in AT E 5 RN 20 m.w.N.).

Der Rechtsrüge zufolge habe der "Tip" des Beschwerdeführers bezüglich der Urteilstat B III lediglich den Werkzeugdiebstahl bei der Firma K***, nicht jedoch einen Bargelddiebstahl zum Nachteil der Firma Ing.P*** umfaßt, weshalb letztere Tat als Exzeß der unmittelbaren Täter nicht dem Rechtsmittelwerber anzulasten gewesen wäre. Indes weicht der Beschwerdeführer zum einen vom Urteilssachverhalt ab, wonach er auf Grund seiner Vertrautheit mit dem Tatort vorschlug, bei beiden dort ansässigen Firmen einzubrechen, zum anderen stützt er sich auf die urteilsfremde Annahme eines auf die Erbeutung von Werkzeug beschränkten Vorhabens. Schließlich versagt auch jene gegen den Schuldspruch A II 1 gerichtete, auf § 281 Abs 1 Z. 9 lit c StPO gestützte Rechtsrüge, womit eine Beurteilung der Wegnahme des Videorecorders als Vergehen nach § 166 StGB - welches mangels Privatanklage der Gattin Pauline S*** nicht verfolgt werden könnte - angestrebt wird. Maßgebende Voraussetzung der Privilegierung eines Vermögensdelikts nach § 166 StGB ist die Begehung zum Nachteil eines dort bezeichneten Angehörigen. Dabei kommt es nicht - wie der Beschwerdeführer mit dem Hinweis auf den Gewahrsam seiner Gattin an dem Gerät zum Ausdruck bringt - auf das Verwandtschaftsverhältnis des Täters zum Besitzer der Sache, sondern auf seine familiäre Beziehung zu deren Eigentümer an (LSK. 1975/54 u.a.). Da der Videorecorder nicht der Pauline S*** gehörte, sondern im Vorbehaltseigentum einer Elektrofirma stand, sind die Voraussetzungen des § 166 StGB nicht erfüllt. Mit seinen abschließenden, auf eine Bedachtnahme gemäß § 31 StGB auf eine frühere Verurteilung abzielenden Beschwerdeausführungen bringt der Angeklagte keinen Nichtigkeitsgrund zur gesetzmäßigen Darstellung. Einen solchen (Z. 11) könnte er in diesem Zusammenhang nur geltend machen, wenn die Summe der Strafen aus den in Betracht kommenden Urteilen die Höchststrafe des mit der schwersten Strafe bedrohten Delikts überstiege; dies wird vom Beschwerdeführer nicht einmal behauptet. Das bezügliche Vorbringen gehört in den Bereich der Strafberufung.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Die Berufung, mit welcher der Angeklagte eine Strafherabsetzung sowie die Gewährung bedingter Strafnachsicht anstrebt, trifft das gleiche Schicksal.

Über Franz S*** wurde nach § 129 StGB unter Anwendung des § 28 StGB eine achtzehnmonatige Freiheitsstrafe verhängt, wobei als erschwerend die (insgesamt zehn) einschlägigen Vorstrafen sowie die Mehrzahl der Angriffe und der äußerst rasche Rückfall (letzte Verurteilung zu 3 c Vr 9338/84 des Kreisgerichts St.Pölten am 13. Februar 1985, neue Straftat am 22.März 1985) gewertet wurden; als mildernd fielen das Teilgeständnis des Angeklagten sowie seine geständige Verantwortung vor der Polizei und die teilweise Zustandebringung der Beute ins Gewicht.

Eine Berücksichtigung der letzten Vorstrafe des Berufungswerbers vom 13.Februar 1985 gemäß § 31 StGB kam nicht in Betracht, weil er (wie schon oben zu den Erschwerungsgründen erwähnt) nach dieser Verurteilung erneut eine strafbare Handlung gesetzt hat, die Gegenstand der nunmehrigen Aburteilung ist.

Der Wert der Diebsbeute betrug 50.169,50 S. Daraus resultiert eine sehr beachtliche Schädigung der Bestohlenen, wenn man noch dazu die jeweiligen, bei den Einbruchsdiebstählen verursachten Sachbeschädigungen mitberücksichtigt. Der Tatbeitrag des Berufungswerbers war auch nicht "ausführungsfern". Teils war er Alleintäter (A II), teils war er als Diebsgenosse nächst dem Tatort, teils hat er mit seinen Transportdiensten zur Tatvollstreckung entscheidend beigetragen. Zwei Einbruchsdiebstähle kamen überhaupt auf Anraten des Beschwerdeführers zustande (S. 353 f.), was zusätzlich als erschwerend zu berücksichtigen gewesen wäre (§ 33 Z. 4 StGB).

Die verhängte Strafe ist keineswegs überhöht. Sie bedarf der unmittelbaren Vollziehung, weil der Angeklagte trotz mehrerer Vorstrafen sehr rasch und wiederholt rückfällig geworden ist. Es fehlen damit besondere Gründe, welche bei bloßer Strafandrohung Gewähr böten, daß Franz S*** nicht mehr straffällig wird (§ 43 Abs 2 StGB).

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