OGH 13Os124/15g

OGH13Os124/15g25.11.2015

Der Oberste Gerichtshof hat am 25. November 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Weißnar als Schriftführerin in der Strafsache gegen Peter W***** wegen des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 und 3 vierter Fall StGB sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Ried im Innkreis als Schöffengericht vom 29. Juni 2015, GZ 21 Hv 4/15a‑78, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0130OS00124.15G.1125.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Peter W***** mehrerer Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (1/a), des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 und 3 vierter Fall StGB (1/b), mehrerer Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (2) sowie jeweils mehrerer Vergehen der pornographischen Darstellung Minderjähriger nach § 207a Abs 1 Z 1 und Abs 2 erster Fall StGB (3), nach § 2 Abs 1 lit c Pornographiegesetz (4) und des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 Z 1 StGB (5) schuldig erkannt.

Danach hat er in W***** und an einem anderen Ort

(1) mit dem am 16. Mai 2007 geborenen, sohin unmündigen Pontus W***** eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung, nämlich gegenseitigen Oralverkehr, unternommen, und zwar

a) vom Frühjahr 2012 bis zum 24. Oktober 2014 in wiederholten Angriffen sowie

b) einmal im August 2014, wobei er Pontus W***** durch Ejakulation in dessen Mund in besonderer Weise erniedrigte,

(2) vom Frühjahr 2012 bis zum 24. Oktober 2014 in zahlreichen Angriffen außer dem Fall des § 206 StGB eine geschlechtliche Handlung, nämlich gegenseitige Masturbation, an dem am 16. Mai 2007 geborenen, sohin unmündigen Pontus W***** vorgenommen und von ihm an sich vornehmen lassen,

(3) vom September 2012 bis zum 13. Oktober 2014 in wiederholten Angriffen im Urteil näher beschriebene pornographische Darstellungen des am 16. Mai 2007 geborenen, sohin minderjährigen Pontus W***** zum Zweck der Verbreitung hergestellt und via Internet verbreitet,

(4) vom September 2012 bis zum 24. Oktober 2014 in mehreren Angriffen wissentlich im Urteil näher beschriebene Bilder und Videos aus dem Internet, die geeignet sind, die gesundheitliche Entwicklung jugendlicher Personen durch Reizung der Lüsternheit oder Irreleitung des Geschlechtstriebs zu gefährden, einer Person unter 16 Jahren, nämlich dem am 16. Mai 2007 geborenen Pontus W*****, vorgeführt und

(5) durch die zu 1 und 2 dargestellten Handlungen mit einer mit ihm in absteigender Linie verwandten minderjährigen Person, nämlich seinem am 16. Mai 2007 geborenen Sohn Pontus W*****, geschlechtliche Handlungen vorgenommen und von ihm an sich vornehmen lassen.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) erklärt nicht, welche über die hinsichtlich der Schuldsprüche 1, 2 und 5 zur subjektiven Tatseite getroffenen hinausgehenden Feststellungen subsumtionsrelevant sein sollen, und entzieht sich solcherart einer inhaltlichen Erwiderung (RIS‑Justiz RS0095939, RS0117247 und RS0118342).

Hinzugefügt sei, dass die in Rede stehenden Tatbestände keine besondere Vorsatzform verlangen, womit insoweit bedingt vorsätzliches Handeln genügt (§ 7 Abs 1 StGB iVm § 5 Abs 1 StGB).

Indem das Erstgericht zu den relevierten Schuldsprüchen qualifizierte Vorsatzformen feststellt (US 5), nämlich zu den Grundtatbeständen jene der Absichtlichkeit (arg „Es kam ihm ... darauf an“ [§ 5 Abs 2 StGB]) und zur Qualifikation jene der Wissentlichkeit („mitbewusst“ [§ 5 Abs 3 StGB]), schafft es eine hinreichende Subsumtionsbasis, weil die qualifizierten Vorsatzformen den bedingten Vorsatz einschließen (RIS‑Justiz RS0088886).

Dabei sei auch festgehalten, dass ein festgestelltes Wollen die Wissenskomponente (RIS‑Justiz RS0088850, RS0089034 sowie RS0089250) und ein festgestelltes Wissen (§ 5 Abs 3 StGB) die Willenskomponente (13 Os 100/09v, SSt 2010/34; RIS‑Justiz RS0088835 [T4]) des bedingten Vorsatzes inkludiert.

Der Einwand offenbar unzureichender Begründung der Konstatierungen zur subjektiven Tatseite (der Sache nach Z 5 vierter Fall) betrachtet die tatrichterliche Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) nicht in ihrer Gesamtheit (US 7 bis 12) und ist deswegen einer meritorischen Erledigung nicht zugänglich (RIS‑Justiz RS0119370).

Die Feststellung, der Beschwerdeführer habe seinen Sohn durch die vom Schuldspruch 1/b umfasste Tat zumindest bedingt vorsätzlich in besonderer Weise erniedrigt (US 5), und die beweiswürdigende Überlegung, wonach das Erstgericht insoweit nicht von absichtlicher besonderer Erniedrigung ausgehe (US 9), widersprechen einander keineswegs (der Sache nach Z 5 dritter Fall).

Das Wesen der Subsumtionsrüge (Z 10) besteht darin, anhand methodischer Ableitung aus dem Gesetz (12 Os 52/02, SSt 64/31; RIS‑Justiz RS0116565 und RS0116569) darzulegen, dass der vom Erstgericht festgestellte Sachverhalt (RIS‑Justiz RS0099810) eine von der bekämpften Entscheidung abweichende rechtliche Beurteilung verlange, wobei die angestrebte Subsumtion ausdrücklich zu bezeichnen ist (RIS‑Justiz RS0118415 [T3]).

Indem die Beschwerde aus den ‑ vom Erstgericht umfassend gewürdigten (US 7 bis 12) ‑ Verfahrensergebnissen (§ 258 Abs 1 StPO) anhand eigener Beweiswerterwägungen für den Beschwerdeführer günstige Schlüsse ableitet, wird sie diesen Anfechtungskriterien nicht gerecht.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufung kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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