Spruch:
In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Strafausspruch aufgehoben und in diesem Umfang in der Sache selbst zu Recht erkannt:
Gerhard L***** wird unter Bedachtnahme auf das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 5. Juli 2005, GZ 8 Hv 20/05p-18, in Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach § 147 Abs 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren als Zusatzstrafe verurteilt.
Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen.
Mit seiner gegen den Ausspruch über die Strafe gerichteten Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Seiner Berufung gegen den Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche wird Folge gegeben und es werden die Privatbeteiligten Friederike G*****, Hubert G***** und Maria S***** mit ihren Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg verwiesen.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Freispruch enthält, wurde Gerhard L***** des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB (A) und des Vergehens der Untreue nach § 153 Abs 1 StGB (B) schuldig erkannt.
Danach hat er in Graz oder an anderen im Urteil genannten Orten
A. mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz nachgenannte Personen durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitet, die diese an ihrem Vermögen in einem insgesamt 50.000 Euro übersteigenden Betrag schädigten, und zwar
1. am 17. November 2004 und am 17. Dezember 2004 Friederike und Hubert G***** durch die Vorgabe geplanter hochverzinster Veranlagung von Bargeld in deren Namen zur Übergabe von insgesamt 60.000 Euro (Schaden: 5.000 Euro bei Friederike G***** und 55.000 Euro bei Hubert G*****
2. am 7. Juni 2001 Maria S***** durch die Vorgabe seiner Rückzahlungsfähigkeit und -willigkeit und seiner Absicht, der Genannten auf einer ihm gehörenden, im Urteil näher genannten Liegenschaft ein Pfandrecht als Sicherheit einzuräumen und dessen Eintragung im Grundbuch zu veranlassen, zur Gewährung eines Darlehens in Höhe von 3.200.000 S (Schaden: 232.553,07 Euro);
3. am 24. Juni 2002 Maria S***** durch die Vorgabe, den vereinbarten Kaufpreis von 363.000 Euro zu bezahlen, zur Unterfertigung eines „Übergabevertrags" betreffend vier im Urteil näher genannte Liegenschaften „und Übergabe" dieser Liegenschaften (Schaden: 363.000 Euro);
B. am 10. Februar 2003 und am 11. Juli 2003 in zwei Fällen (B/1 und 2) die ihm durch Generalvollmacht vom 14. Jänner 2003 eingeräumte Befugnis, über das Vermögen der Maria S***** zu verfügen, dadurch wissentlich missbraucht und der Genannten einen Vermögensnachteil in nicht näher bekannter Höhe zugefügt, dass er im Zug des Abschlusses von Kaufverträgen hinsichtlich zweier der unter Punkt A/3 genannten Liegenschaften die Löschung der aus Anlass des Abschlusses des Übergabevertrags vom 24. Juni 2002 zu Gunsten der Vollmachtsgeberin eingetragenen Fruchtgenussrechte im Grundbruch veranlasste.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus den Gründen der Z 5 und 11 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist teilweise berechtigt.
Die Mängelrüge behauptet, das Erstgericht habe zum „wesentlichen Umstand", ob der Beschwerdeführer Bargeld und Liegenschaften „in betrügerischer Absicht herausgelockt" oder von Maria S***** geschenkt erhalten habe (A/2 und 3), „undeutliche und unvollständige Feststellungen getroffen bzw. für die getroffenen Feststellungen zum Teil keine oder nur unzureichende Gründe angegeben". Sie orientiert sich mit den nachfolgenden Ausführungen aber keineswegs an den Anfechtungskategorien des in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgrundes.
Der Beschwerdeführer ignoriert zunächst die zentralen Erwägungen der Tatrichter, die ihre Überzeugung von täuschungsbedingter selbstschädigender Vermögensverfügung durch Maria S***** im Wesentlichen aus deren für glaubwürdig erachteten Angaben im Kontext mit weiteren detailliert erörterten Verfahrensergebnissen ableiteten und in einer Gesamtschau dieser Beweisergebnisse auch Täuschungs-, Bereicherungs- und Schädigungsvorsatz des Beschwerdeführers bejahten (US 20 ff), was aus dem Blickwinkel der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden ist (Z 5 vierter Fall).
Dass sich der Angeklagte aufgrund von ihm allenfalls erkannter Geistesschwäche oder einsetzender Demenz des Tatopfers zu den festgestellten Betrugshandlungen zu dessen Nachteil entschloss, ist als im Hinblick auf entscheidende Tatsachen unerhebliche Erwägung des Erstgerichts einer Anfechtung aus Z 5 zweiter und vierter Fall entzogen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 421, 453).
Die Aussage, die Geistesschwäche der Maria S***** sei Ursache für das Gelingen des betrügerischen Tatplans gewesen, ist den Entscheidungsgründen gar nicht zu entnehmen. Im Übrigen schließt Leichtgläubigkeit des Opfers (US 10) eine Täuschung nicht aus (vgl Kienapfel/Schmoller StudB BT II § 146 Rz 107; Leukauf/Steininger, Komm³ § 146 Rz 24 f, Kirchbacher/Presslauer in WK² § 146 [2006] Rz 17, 129, je mwN).
Die Verantwortung des Angeklagten, Maria S***** habe ihm die in Rede stehenden Vermögenswerte geschenkt, wurde mit logischer und empirisch einwandfreier Begründung für widerlegt erachtet (US 20 ff). Zu einer extensiven und isolierten Auseinandersetzung mit dem vollständigen Inhalt seiner Aussage im Detail bestand keine Verpflichtung (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 428).
Dass Maria S***** ihrem Sohn Johann K***** „nichts hinterlassen wollte" (BS 3), steht nicht im Widerspruch zu den - eine Schenkung unter Lebenden an den Beschwerdeführer verneinenden - Überlegungen des Erstgerichts und war daher nicht erörterungsbedürftig iSd Z 5 zweiter Fall.
Mit dem weiteren Einwand, das Erstgericht habe nicht festgestellt, „wer die Versorgung der Maria S***** übernommen hat", die nach den Urteilsannahmen seit dem Jahr 2002 „zusehends auf fremde Hilfe angewiesen war", spricht die Beschwerde erneut keine entscheidende Tatsache an. Dass sich der Angeklagte „aufopferungsvoll um Frau S***** gekümmert habe", wird ohne Bezugnahme auf diesbezüglich angeblich übergangene Verfahrensergebnisse (Z 5 zweiter Fall) bloß behauptet.
Mit der im Gutachten der Sachverständigen Dr. Eva K***** zitierten Bemerkung des Tatopfers Maria S***** („Herr L***** ist meine Vertrauensperson, er kümmert sich um mich."; S 117/I) haben sich die Tatrichter - der Beschwerde zuwider - ausführlich auseinandergesetzt. Dass sie diese Äußerung - mit Gesetzen logischen Denkens und grundlegenden Erfahrungssätzen nicht widersprechender Begründung - als unglaubwürdig und unter manipulativem Eindruck der Mutter des Angeklagten zustande gekommen (US 21) beurteilten, statt daraus den vom Rechtsmittelwerber gewünschten Schluss auf eine Schenkung von Liegenschaften zu ziehen, stellt keinen Begründungsmangel iSd Z 5 des § 281 Abs 1 StPO her (vgl im Übrigen aaO: „Es stimmt allerdings, dass ich die Liegenschaften verkauft habe, und zwar an Herrn L*****.").
In diesem Umfang war die Nichtigkeitsbeschwerde daher zu verwerfen.
Im Recht ist hingegen die Sanktionsrüge (Z 11) mit ihrem Einwand, das Erstgericht hätte gemäß § 31 StGB auf das (seit dem 9. November 2005 rechtskräftige) Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 5. Juli 2005, AZ 8 Hv 20/05p (mit dem der Angeklagte wegen des Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 15, 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2 StGB zu einer Geldstrafe in Höhe von 200 Tagessätzen und einer viermonatigen bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe verurteilt wurde), Bedacht nehmen und eine Zusatzstrafe verhängen müssen, weil die der gegenständlichen Verurteilung zugrunde liegenden Taten nach der Zeit ihrer Begehung schon im früheren Verfahren hätten abgeurteilt werden können (vgl dazu auch US 28). Die Nichtanwendung des § 31 StGB (trotz Erwähnung der Vorverurteilung in den Entscheidungsgründen; US 7) bewirkt Nichtigkeit aus Z 11 erster Fall (WK-StPO § 281 Rz 670).
Der Nichtigkeitsbeschwerde war daher insoweit Folge zu geben, das Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Strafausspruch aufzuheben und gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst wie aus dem Spruch ersichtlich zu erkennen.
Bei der Strafneubemessung waren das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen, die Höhe des die Wertgrenze des § 147 Abs 3 StGB vielfach übersteigenden Schadens (ca 650.000 Euro) sowie der Umstand, dass der Angeklagte gezielt das Vertrauen des zu Beginn des (mehrjährigen) Tatzeitraums rund 80jährigen geistesschwachen Opfers Maria S***** erschlichen (US 8 - 10) und diese Vertrauensposition rücksichtslos ausgenützt hat (§ 32 Abs 3 StGB), als erschwerend zu werten, als mildernd hingegen das Geständnis zum Schuldspruch A/1 und der bisher ordentliche Lebenswandel.
Für ein ernstliches Bemühen des Angeklagten um Schadensgutmachung ist kein Anhaltspunkt ersichtlich. Die schriftlich dokumentierte Bereitschaft eines Dritten, dem Ehepaar G***** „einen Gesamtbetrag von 70.000 Euro ... zu bezahlen ..." (Beilage ./4 zu ON 40), reicht für die Annahme des Milderungsgrundes nach § 34 Abs 1 Z 15 StGB nicht aus.
Bei einer Strafdrohung von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe (§ 147 Abs 3 StGB) war unter Bedachtnahme auf die genannte Verurteilung eine Zusatzstrafe von vier Jahren schuldangemessen und dem Unrechtsgehalt der Taten entsprechend.
Mit seiner Berufung gegen den Ausspruch über die Strafe war der Angeklagte auf die Strafneubemessung zu verweisen.
Seiner - unausgeführt gebliebenen (ON 47) - Berufung gegen den Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche (ON 45) war schon deshalb Folge zu geben, weil nach den Urteilsannahmen im November 2007 der Konkurs über das Vermögen des Angeklagten eröffnet wurde (US 6; vgl auch ON 36 und RS zu S 3g verso) und sämtliche Forderungen der Privatbeteiligten davor entstanden sind (§ 51 Abs 1 KO).
Während eines anhängigen Konkursverfahrens ist nämlich dem Konkursgläubiger der direkte Weg der Rechtsverfolgung verschlossen (§ 6 Abs 1 KO): Er ist auf das Anmeldungs- und Prüfungsverfahren im Konkurs verwiesen (§§ 102 - 113 KO). Im Strafverfahren ist ihm zwar ein Teilnahme- bzw Beteiligungsanspruch zuzuerkennen (Spenling, WK-StPO Vor §§ 365-379 Rz 40; SSt 55/77). Der Privatbeteiligte muss jedoch - sofern (wie im vorliegenden Fall) im Zeitpunkt der Urteilsfällung im Strafverfahren der Konkurs nicht bereits (rechtskräftig) wieder aufgehoben ist - mit seinen Ansprüchen, selbst dann, wenn sie der Beschuldigte (§ 48 Abs 2 StPO) anerkennt (S 183/III; Spenling, WK-StPO § 365 Rz 20 mwN), nach § 366 Abs 2 StPO auf den Zivilrechtsweg verwiesen werden (vgl zum Ganzen auch 11 Os 27/07s).
Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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