European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1993:0130OS00115.9300000.0929.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Den Berufungen und den Beschwerden wird nicht Folge gegeben.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde der am 19.März 1966 geborene Markus S* des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach den §§ 15, 142 Abs. 1, 143, zweiter Fall, StGB schuldig erkannt, weil er am 29.November 1992 in Wien versucht hatte, der Nicoline K* dadurch, daß er in den Büroraum des Restaurants "C*" stürmte und ihr ein Messer an der linken Halsseite anhielt, um sich die Tageslosung nehmen zu können, durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache, nämlich einen Bargeldbetrag von etwa 50.000 S unter Verwendung einer Waffe mit dem Vorsatz wegzunehmen, sich durch Zueignung des Geldes unrechtmäßig zu bereichern.
Der am 21.Februar 1968 geborene Mitangeklagte Hans Jürgen P* wurde des Verbrechens des versuchten schweren Raubes als Beteiligter nach den §§ 12, dritter Fall, 15, 142 Abs. 1, 143, zweiter Fall, StGB und des Vergehens der gefährlichen Drohung nach dem § 107 Abs. 1 StGB schuldig erkannt, weil er zum versuchten Raub des Markus S* dadurch beigetragen hat, daß er mit ihm die Tatausführung besprach, ihn zum Tatort begleitete und dort Aufpasserdienste leistete, und er außerdem den Genannten am 10.Dezember 1992 in Wien durch die Äußerung: "Egal in welches Haus du kommst, ich moch di!", zumindest mit einer Verletzung am Körper bedroht hatte, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen.
Die Geschworenen hatten die anklagekonformen Hauptfragen nach versuchtem schweren Raub (Hauptfrage 1 betreffend S*) bzw. nach Beteiligung daran (Hauptfrage 2 betreffend P*) und nach gefährlicher Drohung (Hauptfrage 3 betreffend P*) jeweils stimmeneinhellig bejaht; weitere Fragen sind nicht gestellt worden.
Rechtliche Beurteilung
Nur der Angeklagte Hans Jürgen P* bekämpft dieses Urteil mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 6, 8 und 10 a des § 345 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, die sich allein gegen den Schuldspruch wegen Beteiligung am Raubversuch richtet.
Die Nichtigkeitsbeschwerde ist in keinem Anfechtungspunkt begründet.
Zu Unrecht sucht der Beschwerdeführer eine Urteilsnichtigkeit nach der Z 6 des § 345 Abs. 1 StPO mit der Behauptung darzutun, daß in der Fragestellung seine Verantwortung unberücksichtigt geblieben sei, wonach ihm die Verwendung eines Messers bei dem von S* versuchten Raub "ganz und gar unabsehbar" und der inkriminierte Waffeneinsatz des unmittelbaren Täters demzufolge "in keiner Weise von irgendeinem Vorsatz" des Beschwerdeführers erfaßt gewesen sei. Dazu genügt der Hinweis, daß die Geschworenen seiner die Raubqualifikation nach dem zweiten Fall des § 143 StGB bestreitenden Verantwortung bei der Beantwortung der ihn betreffenden ‑ dem Beschwerdestandpunkt zuwider insoweit durchaus ausreichenden ‑ Hauptfrage 2 hätten ohnedies Rechnung tragen können. Denn sowohl in der den Geschworenen erteilten allgemeinen Rechtsbelehrung (StPO‑Form RMB 1) als auch in der besonderen Rechtsbelehrung (S 9) wurden sie ausdrücklich darauf hingewiesen, daß sie eine Frage auch nur teilweise ("ja, aber nicht mit diesen oder jenen in der Frage enthaltenen Umständen") bejahen dürfen (§ 330 Abs. 2 StPO). Demnach stand ihnen die Möglichkeit offen, die in der Hauptfrage enthaltene strittige Tatqualifikation durch eine entsprechende Einschränkung bei Bejahung dieser Frage auszunehmen.
Der Instruktionsrüge (Z 8) ist zwar einzuräumen, daß die Rechtsbelehrung zu der den Beschwerdeführer betreffenden Hauptfrage 2 keinen ausdrücklichen Hinweis enthält, unter welchen rechtlichen Voraussetzungen der Beitragstäter für die Verwendung einer Waffe durch den unmittelbaren Täter strafrechtlich haftet. Der Beschwerdeführer läßt aber unberücksichtigt, daß der den Rechtsbegriff der Beitragstäterschaft im Sinne des § 12, dritter Fall, StGB allgemein und richtigerweise ohne Bezugnahme auf den zu beurteilenden konkreten Sachverhalt (Mayerhofer‑Rieder StPO3 E 14 zu § 345 Abs. 1 Z 8) erläuternden Belehrung mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen ist, daß der (zumindest bedingte) Vorsatz des Beitragstäters darauf gerichtet sein muß, "daß der unmittelbare Täter die Straftat ausführen wird" (S 6 und 7 der Rechtsbelehrung). Solcherart wurde aber den Geschworenen im Zusammenhang mit der die Hauptfrage 1 betreffenden, die Voraussetzungen der Qualifikation eines durch Verwendung einer Waffe beschwerten Raubes klarstellenden Rechtsbelehrung auch in bezug auf den Beschwerdeführer unmißverständlich vor Augen geführt, daß die Zurechnung der hier aktuellen Verwendung eines Messers seitens des unmittelbaren Täters auch einen entsprechenden Vorsatz des Beitragstäters voraussetzt. So gesehen kann aber nicht gesagt werden, daß insoweit eine zu Mißverständnissen oder Irrtümern der Geschworenen Anlaß gebende Unvollständigkeit der Rechtsbelehrung, die von den Geschworenen in ihrem gesamten Inhalt zur Kenntnis zu nehmen ist (vgl. Mayerhofer‑Rieder StPO3, E 49, 50 zu § 345 Z 8), vorliegt.
Nicht zielführend ist aber auch die Tatsachenrüge (Z 10 a), mit welcher erhebliche Bedenken gegen das Verdikt über den vom Beschwerdeführer geleisteten Tatbeitrag, insbesondere seine Aufpasserdienste, geltend gemacht werden. Die in Zweifel gezogenen Konstatierungen finden nämlich in den eigenen Angaben des Beschwerdeführers, wonach es "ausgemacht" war, daß er "aufpassen" würde (AS 17 in ON 10), im Zusammenhang mit der eindeutig und umfassend belastenden Aussage des Mitangeklagten Markus S* (AS 208 ff), derzufolge gemeinsam beschlossen wurde, diesen Raub zu begehen, der Beschwerdeführer das Messer getragen hat und den "Bugl" machen wollte, sowie nach der Flucht vom Tatort ausdrücklich erklärte, die vor der Tat zugesagten Aufpasserdienste auch tatsächlich geleistet zu haben (AS 51 a verso), eine unbedenkliche Beweisgrundlage.
Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war sohin zu verwerfen.
Das Geschworenengericht verhängte über die Angeklagten nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB, bei Hans Jürgen P* unter Bedachtnahme auf den § 28 Abs. 1 StGB, Freiheitsstrafen in der Dauer von je fünf Jahren. Dabei wertete es als erschwerend bei beiden Angeklagten die zahlreichen einschlägigen (bei P* rückfallsbegründenden) Vorstrafen, bei S* die Verletzung des Raubopfers und bei P* das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen; als mildernd hingegen bei beiden Angeklagten, daß der Raub beim Versuch geblieben ist, bei S* dessen umfassendes Geständnis, mit dem er auch zur Überführung des Hans Jürgen P* beigetragen hat und bei P*, daß er sich lediglich an der Straftat eines anderen beteiligt hat.
Gemäß dem § 494 a Abs. 1 Z 4 StPO widerrief das Erstgericht die bedingte Nachsicht des Teiles von 12 (richtig: 16) Monaten der über den Angeklagten Hans Jürgen P* mit dem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 26.Februar 1992, GZ 1 d Vr 530/91‑54, verhängten Freiheitsstrafe von 18 Monaten (richtig: zwei Jahren), sowie die bedingte Entlassung des Angeklagten Markus S* laut Beschluß des Kreisgerichtes Korneuburg vom 12.Februar 1988, AZ 14 BE 63/88 (Strafrest 2 Monate und 10 Tage) und laut Entschließung des Bundespräsidenten vom 18.Dezember 1990 im Verfahren zu AZ 5 b E Vr 12.172/86 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (Strafrest 3 Monate 6 Tage und 5 Stunden).
Mit ihren Berufungen begehren die Angeklagten eine Herabsetzung der Freiheitsstrafen, der Angeklagte Markus S* zudem die bedingte Nachsicht eines Teiles der Freiheitsstrafe. Ihre Beschwerden gegen die Widerrufsbeschlüsse zielen auf ein Absehen vom Widerruf ab.
Die Berufungen sind unbegründet.
Das Erstgericht hat die Strafbemessungsgründe im wesentlichen richtig und vollständig aufgezählt. Keiner der beiden Berufungswerber vermag entscheidende zusätzliche Milderungsgründe aufzuzeigen oder darzutun, daß Erschwerungsumstände zu Unrecht angenommen worden wären. Den Ausführungen des Angeklagten Hans Jürgen P* ist zu entgegnen, daß seine bloße ‑ aber keineswegs untergeordnete ‑ Beteiligung am Raub ohnedies als mildernd gewertet wurde. Zu Recht blieb auch seine Selbststellung als mildernder Umstand unberücksichtigt, weil seine Entdeckung bereits unmittelbar bevorstand (Leukauf‑Steininger Komm3 § 34 StGB RN 25). Schließlich genügt es darauf hinzuweisen, daß seine Vorverurteilungen durchwegs auf einen Hang zu Gewalttätigkeiten zurückzuführen sind, sohin auf der gleichen schädlichen Neigung im Sinne des § 71 StGB beruhen, zumal auch das dem Urteil des Kreisgerichtes St.Pölten vom 30.August 1984, AZ 14 Vr 836/84, zugrundeliegende Verbrechen nach dem § 207 Abs. 1 StGB gewalttätig eingeleitet wurde. Der Einwand, bislang "praktisch nicht" wegen Vermögensdelikten verurteilt worden zu sein, geht zufolge seiner Verurteilungen auch wegen Sachbeschädigung und Erpressung, aber auch deshalb ins Leere, weil beim Raub die Gewaltkomponente überwiegt. Zu Recht wurde daher den Vorstrafen besonderes Gewicht beigemessen (§ 39 StGB).
Auch die vom Angeklagten Markus S* hervorgehobene Suchtgiftabhängigkeit und seine daraus resultierende Motivation zur Tat vermag zu keiner günstigeren Beurteilung seiner Schuld (§ 32 StGB) führen. Jedenfalls kann bei keinem der beiden Angeklagten von einem die Erschwerungsgründe beträchtlichen Überwiegen der Milderungsgründe und einer begründeten Aussicht künftigen Wohlverhaltens auch bei Verhängung einer das gesetzliche Mindestmaß unterschreitenden Freiheitsstrafe (§ 41 StGB) die Rede sein. Der Oberste Gerichtshof sah sich daher nicht veranlaßt, die verhängten Mindeststrafen zu reduzieren. Damit erübrigt sich aber ein Eingehen auf das weitere Berufungsbegehren des Angeklagten S*, ihm einen Teil dieser ‑ sohin die gesetzliche Grenze von drei Jahren übersteigenden (§ 43 a Abs. 4 StPO) - Freiheitsstrafe bedingt nachzusehen.
Den Berufungen konnte demnach kein Erfolg beschieden sein. Ein solcher mußte aber auch den Beschwerden der Angeklagten versagt bleiben, weil es wegen des Gewichtes des ihnen nunmehr zur Last liegenden Verbrechens des zusätzlichen Vollzuges der über sie früher verhängten und bloß auf Probe ausgesetzten Strafen (Strafreste) bedarf, um sie von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten (§ 53 Abs. 1 StGB).
Die Kostenentscheidung ist in der bezogenen Gesetzesstelle begründet.
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