European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0130OS00011.21Y.0414.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde gegen den Beschluss auf Widerruf bedingter Strafnachsichten werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Mariusz L***** des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB schuldig erkannt.
[2] Danach hat er am 10. April 2020 in W***** Renata K***** zu töten versucht, indem er ihr mehrere Faustschläge gegen das Gesicht versetzte, sie würgte und ihr mit einem Messer mit einer Klingenlänge von 16 cm einen kräftigen Stich in den Hals versetzte.
Rechtliche Beurteilung
[3] Gegen das Urteil richtet sich die auf § 345 Abs 1 Z 1 und 6 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.
[4] Indem die Besetzungsrüge (Z 1) – in Übereinstimmung mit dem ungerügten Protokoll über die Hauptverhandlung (ON 71) – zugesteht, dass Mag. Andreas B***** und MMag. Roman P***** als beisitzende Richter an der Hauptverhandlung teilgenommen haben, aber einwendet, dass in der Urteilsausfertigung (§ 270 Abs 2 StPO) anstatt Mag. Andreas B***** der im Verfahren ausgeschlossene (ON 66) Mag. Dr. Stefan A***** als beisitzender Richter angeführt worden ist, behauptet sie keinen Besetzungsmangel im Sinn des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes.
[5] Hinzugefügt sei, dass die Vorsitzende des Schwurgerichtshofs den angesprochenen Fehler der Urteilsausfertigung mit Beschluss vom 22. Dezember 2020 berichtigt hat (ON 86). Das in der gegen diesen Beschluss erhobenen Beschwerde erstattete Vorbringen, es sei „nicht klar“, wer „nun tatsächlich an der Urteilsausfertigung mitgewirkt“ habe, hat auf sich zu beruhen, weil die Ausfertigung des Urteils nicht in den Schutzbereich des § 345 Abs 1 Z 1 StPO fällt (vgl Ratz , WK-StPO § 281 Rz 122 und 130). Die Beschwerde ist damit, ohne einer inhaltlichen Erwiderung zu bedürfen, erledigt (RIS-Justiz RS0126057 [T2]).
[6] Die gesetzeskonforme Ausführung einer Fragenrüge (Z 6) verlangt unter anderem die deutliche und bestimmte Bezeichnung der vermissten Fragen (RIS-Justiz RS0117447 [T1]).
[7] Diesem Kriterium wird die Rüge nicht gerecht. Denn sie bezeichnet das Fragenschema pauschal als „verfehlt“, kritisiert das Unterbleiben der Stellung einer Zusatzfrage nach „ein[em] Strafausschließungsgrund“, weil „eine Verletzung auf ein Handeln des Opfers Renata K***** zurückzuführen“ gewesen sei, und verlangt unter neuerlichem Hinweis auf angebliches „eigenes Verhalten“ des Opfers „eine entsprechende Zusatzfrage/Eventualfrage“.
[8] Sollte letzteres Vorbringen im Sinn der gänzlichen Verneinung rechtswidrigen und schuldhaften Verhaltens des Angeklagten zu verstehen sein, übersieht die Beschwerde, dass ein Tatsachenvorbringen, das im Fall seiner Wahrheit bereits infolge Verneinung der Hauptfrage zum Freispruch führen würde, nicht zum Anlass einer weiteren Fragestellung genommen werden kann (RIS-Justiz RS0100582 [T8]).
[9] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 344, 285d Abs 1 StPO).
[10] Über die Berufung und die Beschwerde gegen den Beschluss auf Widerruf bedingter Strafnachsichten hat das Oberlandesgericht zu entscheiden (§§ 344, 285i; 498 Abs 3 StPO).
[11] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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