OGH 13Os110/97

OGH13Os110/976.8.1997

Der Oberste Gerichtshof hat am 6.August 1997 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel, Dr.Rouschal, Dr.Habl und Dr.Ratz als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Freundorfer als Schriftführer, in der Strafsache gegen Christian E***** wegen des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 9.Jänner 1997, GZ 12 Vr 2412/95-14/96-124, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Wasserbauer, des Vertreters der Privatbeteiligten R***** reg.GenmbH, Dr.Ralf Höfler, des Angeklagten Christian E***** und des Verteidigers Mag.Gerhard Stingl zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe wird nicht Folge gegeben.

Hingegen wird der Berufung wegen des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche Folge gegeben und die Privatbeteiligte R***** reg.GenmbH mit ihren Ansprüchen gemäß § 366 Abs 2 StPO auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die durch den erfolglos gebliebenen Teil seiner Rechtsmittel verursachten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Christian E***** wurde der Vergehen der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB (A) und der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB (B) sowie des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB (C) schuldig erkannt.

Danach hat er - verkürzt wiedergegeben - in Feldbach

(zu A) ein ihm anvertrautes Gut in einem 25.000 S, nicht jedoch 500.000 S übersteigenden Gesamtwert, sich mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz durch Verwendung für eigene Zwecke zugeeignet, und zwar

1. im Zeitraum 30.Jänner 1991 bis 2.Dezember 1994 wiederholt die für die Bezahlung von Druckkosten eines Pfarrblattes bestimmten Beträge in der Höhe von insgesamt 150.590 S,

2. im Zeitraum 2.April 1993 bis 29.Dezember 1994 wiederholt Mitgliedsbeiträge des "S***** - richtig: St***** sh. ON 79, 110) - in der Gesamthöhe von 96.300 S;

3. am 4.Mai 1995 und 23.Mai 1995 auf einem Sparbuch erliegende Gelder des St***** in der Höhe von insgesamt 150.000 S;

(zu B) von Anfang 1991 bis Mitte 1993 die ihm als Verantwortlichem für finanzielle Belange im Zusammenhang mit der Herausgabe des Pfarrblattes von Pfarren des D***** rechtsgeschäftlich eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, dadurch wissentlich mißbraucht, daß er sich die von dem die Druckarbeiten ausführenden Peter Sch***** gewährten Preisnachlässe zuwendete und dadurch den Pfarren einen Vermögensnachteil in der Höhe von mindestens 50.000 S zufügte;

(zu C) am 2.Juni 1995 mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz den Angestellten der R*****, Josef P***** durch die Vorgabe, Verfügungsberechtigter über Spareinlagen des Walter Kl***** sen. zu sein, mithin durch Täuschung über Tatsachen, zur Realisierung von sechs, im Urteilsspruch näher bezeichneten (anonymen) Sparbüchern des Genannten mit einer Gesamteinlage von 1,399.115,18 S und zur Ausfolgung eines neueröffneten Sparbuches mit einer Einlage von 1,000.000 S sowie zur Auszahlung eines Betrages von 399.115,18 S an ihn, somit zu Handlungen verleitet, die Walter Kl***** sen. am Vermögen in der angeführten Höhe schädigten.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte bekämpft diese Schuldsprüche mit einer auf die Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, die unbegründet ist.

Die gegen die vom Erstgericht festgestellten Schadensbeträge gerichtete Mängelrüge (Z 5) betrifft keine Tatsachen, die für die Unterstellung der Tat unter das Gesetz bzw für die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes von Bedeutung sind, weil die von der Beschwerde unbekämpft gebliebenen Qualifikationsgrenzen von 25.000 S (A, B) und 500.000 S (C) in jedem Fall weit überschritten wurden.

Dessenungeachtet ist dem Beschwerdevorbringen zu erwidern: Der dem Angeklagten zu A 1 angelastete Schaden gründet sich auf die für unbedenklich erachteten gutächtlichen Ausführungen des Buchsachverständigen Dr.Franz Kr***** in der Hauptverhandlung vom 9. Jänner 1997 (S 31/VII; US 13, 29). Die nach Deliktsvollendung erfolgte Einzahlung von 100.000 S auf das Pfarrblattkonto am 12.Juni 1995 bewirkte - der Beschwerdeauffassung zuwider - keine Reduktion des strafrechtlich relevanten Schadens, sondern stellt lediglich eine nachträgliche Schadensgutmachung dar (US 13). Mit dem Beschwerdeeinwand, der St***** sei bloß um 96.300 S geschädigt worden, übersieht die Beschwerde, daß sich die vom Erstgericht angenommene Summe aus den zu A 2 und A 3 angeführten Schadensbeträgen (96.300 S + 150.000 S) zusammensetzt.

Schließlich scheitert auch der Versuch, aus der im Ersturteil (S 21) angeführten Verwendung der betrügerisch erlangten Gelder die Höhe des ihm (zu C) angelasteten Betrugsschadens in Frage zu stellen, weil die Addition US 21,22 trotz zweimaliger Anführung eines Betrages von 100.000 S (betreffend 5.Juli 1995) rechnerisch richtig ist (sh zwei Einzahlungen von 100.000 S am 6.Juni 1995) und - wie der Beschwerdeführer selbst einräumt - die Verwertung eines Beuteteiles nicht geklärt werden konnte, was auch gar keine wesentliche Tatsache betrifft.

Die Subsumtionsrüge (Z 10) strebt eine Tatbeurteilung zum Schuldspruch Pkt A 1 in Richtung des Vergehens der Untreue nach § 153 StGB und zum Schuldspruch Pkt B in Richtung des Vergehens der Geschenkannahme durch Machthaber nach § 153 a StGB an.

Der Einwand, die mißbräuchliche Verwendung der Gelder durch den Angeklagten sei wegen der ihm übertragenen Aufgabe, für die Herausgabe des Pfarrblattes Sorge zu tragen, als Untreue und nicht als Veruntreuung zu beurteilen, stellt nicht auf den maßgeblichen Urteilssachverhalt ab, demzufolge seine Verfügungsgewalt über die Geldbeträge auf eine ganz bestimmte Verwendungspflicht (hier:

Weiterleitung an die Druckerei; US 11 ff, 36 f) beschränkt war. Die ihm im Rahmen seiner Heraus- gebertätigkeit von den Pfarren zugekommenen Gelder, über die er bloß eine faktische Verfügungsmöglichkeit hatte, die er zur widmungswidrigen Verwendung ausnützte, sind als ihm anvertraut im Sinn des § 133 StGB anzusehen (Leukauf/Steininger Komm3 § 133 RN 35; § 153 RN 49; ÖJZ-LSK 1976/363; 14 Os 25/95). Ausgehend von diesen Urteilsannahmen wurde das gegenständliche Tatverhalten des Angeklagten zutreffend als Veruntreuung beurteilt.

Verfehlt ist schließlich auch die Auffassung des Beschwerdeführers, die ihm angelastete Zuwendung gewährter Preisnachlässe (B) erfülle nicht den Tatbestand der Untreue (§ 153 StGB), sondern den der Geschenkannahme durch Machthaber (§ 153 a StGB). Er läßt bei seinem (nicht näher begründeten) Vorbringen außer acht, daß die (durch das StRÄG 1987 neugeschaffene) Strafbestimmung des § 153 a StGB nur dann zur Anwendung kommt, wenn die Vermögenszuwendung an den Machthaber keinerlei Nachteile für den Machtgeber zu entfalten vermochte (JBl 1989, 122 = NRsp 1988/257). Der im Zusammenhang mit dem Abschluß des Rechtsgeschäftes (Druckauftrag) vom Geschäftspartner (Peter Sch*****) gewährte Preisnachlaß stand als aus dem Geschäft entspringender Nutzen (§ 1009 ABGB) dem Machtgeber zu. Deshalb lag in der zwischen dem Angeklagten und dem Auftragnehmer getroffenen Vereinbarung eines den Machtgeber schädigenden Preisnachlasses ein Mißbrauch der dem Machthaber eingeräumten Verpflichtungsbefugnis.

Die im vorliegenden Fall durch einen Befugnismißbrauch bewirkte Vermögensschädigung der Machtgeber (US 15) steht deshalb der vom Beschwerdeführer begehrten Unterstellung unter § 153 a StGB entgegen.

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Christian E***** war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach § 147 Abs 3 StGB unter Bedachtnahme auf § 28 Abs 1 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren. Als erschwerend wurden gewertet das Zusammentreffen von zwei Vergehen mit einem Verbrechen, zu den Fakten A 1 und 2 der lange Deliktszeitraum, der Umstand, daß durch die hohen Schadenssummen die Qualifikationsgrenzen beträchtlich überstiegen wurden, der besondere Vertrauensmißbrauch aufgrund seiner besonderen Stellung als Bankdirektor durch den Zugriff auf Spareinlagen und ihm anvertrautes Geld sowie schlußendlich der Umstand, daß seine verbrecherische Tathandlung den Geschädigten Walter Kl***** sen. in den Selbstmord getrieben hätte, als mildernd hingegen der bisher ordentliche Lebenswandel, hinsichtlich der Vergehen die vollständige und hinsichtlich des Verbrechens eine geringfügige Schadensgutmachung.

Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten weiters, gemäß § 369 Abs 1 StPO der Privatbeteiligten "Raiffenkasse Feldbach", richtig:

R***** regGenmbH, "an Schadenersatz für ihr entstandene Kosten" den Betrag von 153.450 S sowie "auf Grund der Haftung der Einlagen des Walter Kl***** sen." einen Betrag von 1.000 S "vorbehaltlich weiterer Ansprüche" zu bezahlen.

Sowohl gegen den Strafausspruch als auch gegen jenen über die privatrechtlichen Ansprüche richtet sich die Berufung des Angeklagten.

Die Strafberufung, welche eine Herabsetzung des Strafausmaßes und eine (teil-)bedingte Strafnachsicht begehrt, ist nicht berechtigt.

Das Schöffengericht hat die Strafzumessungsgründe im wesentlichen aktenkonform festgestellt (sh auch US 17 und 25) und richtig gewichtet, sodaß die Freiheitsstrafe sowohl der Persönlichkeit des Täters als auch der Sozialschädlichkeit der angelasteten Taten entspricht.

Unter Berücksichtigung auch der allgemeinen Strafzumessungsgründe (§ 32 StGB) und vor allem der jahrelang aufgewendeten kriminellen Energie des Angeklagten verbieten sich nicht nur eine Strafherabsetzung, sondern auch die Annahme einer besonders günstigen Verhaltensprognose im Sinne des § 43 a Abs 4 StGB. Der Strafberufung war sohin zur Gänze ein Erfolg zu versagen.

Berechtigt ist hingegen die Berufung wegen des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche.

Zwar wurde entgegen der Berufungsbehauptung in der Hauptverhandlung Gelegenheit gegeben, sich zu den Ansprüchen der Privatbeteiligten zu äußern (was auch erfolgte, siehe S 47/VII), doch handelt es sich bei den zugesprochenen Schaden von 153.450 S für Revisionskosten nicht um den im Spruch genannten und nach Durchführung eines ausführlichen Beweisverfahrens gesichert festgestellten Deliktsschaden, sodaß es zu seiner Abklärung noch einer weiteren, ausführlicheren Überprüfung der bloßen Anspruchs- behauptung (Beilage ./1) bedurft hätte.

In Stattgebung der deswegen erhobenen Berufung war der Privatbeteiligte hinsichtlich dieser Forderung auf den Zivilrechtsweg zu verweisen. Dies trifft auch für den weiteren Zuspruch von 1.000 S "aus dem Titel der Haftungserklärung, die die Privatbeteiligte gegenüber den Geschädigten aus dem Verlaß nach Walter Kl*****" (US 41) zu. Stellt doch das Erstgericht hiezu nicht einmal fest, daß die Privatbeteiligte aufgrund ihrer Haftungserklärung in Anspruch genommen wurde, ein (Folge-)Schaden daher überhaupt schon eingetreten ist oder mit Sicherheit eintreten wird.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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