OGH 14Os25/95

OGH14Os25/9520.6.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 20.Juni 1995 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Walenta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Massauer, Mag.Strieder, Dr.Ebner und Dr.Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Stöckelle als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Erich Josef S***** wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 30.November 1994, GZ 34 Vr 66/94-39, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin des Generalprokurators, Generalanwältin Dr.Bierlein, des Privatbeteiligtenvertreters Dr.Tews, des Angeklagten und seiner Verteidigerin Mag.Tretzmüller-Szauer zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.

Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Erich Josef S***** des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er in der Zeit von April 1990 bis Dezember 1993 in Sch***** die ihm durch Rechtsgeschäft von Dr.Max H***** und Elfriede H***** eingeräumte Befugnis, über deren Vermögen in der Höhe von 7,5 Mio S zu verfügen, dadurch wissentlich mißbraucht, daß er einen Betrag von 5,946.634,22 S auftragswidrig nicht auf Sparguthaben einbezahlte, sondern diesen Betrag für sich selbst zur Durchführung von Spekulationsgeschäften verwendete, wodurch er dem Dr.Max H***** und - nach dessen Ableben am 16.Mai 1990 - dessen Witwe und Alleinerbin Elfriede H***** einen Vermögensnachteil zugefügt hat, der den Betrag von 500.000 S übersteigt.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde aus den Gründen der Z 4, 5, 5 a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO, die jedenfalls im zuletzt bezeichneten Punkt begründet ist.

Mit Recht macht nämlich der Beschwerdeführer als materiellrechtlichen Feststellungsmangel (Z 9 lit a) geltend, daß in den Entscheidungsgründen des Urteils keine Ausführungen zu finden sind, wonach der Angeklagte eine ihm durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über das Vermögen der Eheleute H***** zu verfügen, wissentlich mißbraucht hätte.

Das Erstgericht stellte fest, daß der Angeklagte das von ihm größtenteils durch eine Barabhebung übernommene (US 5/6) Kapitalvermögen auf mehrere Sparbücher und sonstige Konten bei der von ihm geleiteten Raiffeisenkasse Sch***** eingezahlt hat. Auftragsgemäß hätte er dieses Kapitalvermögen weiter zu verwahren und zu verwalten, insbesondere gewinnbringend anzulegen gehabt und von diesem Geld auch Rechnungen und sonstige Ausgaben der Elfriede H***** begleichen sollen. Diese Verwaltungstätigkeit habe er aber nur scheinhalber wahrgenommen und bis zum Jahr 1993 lediglich einzelne Rechnungen der Elfriede H***** beglichen. Über den Restbetrag in Höhe von 5,946.634,22 S habe er auftragswidrig nicht im Sinne der Elfriede H*****, sondern so verfügt, als wäre er selbst dessen Eigentümer. Tatsächlich habe er diesen Betrag widerrechtlich für sich verwendet, um sich durch die Zueignung unrechtmäßig zu bereichern (US 6/7).

Damit ist zwar festgestellt, daß der Angeklagte kraft Rechtsgeschäftes an sich befugt gewesen wäre, im Rahmen der ihm übergebenen Geldbeträge über das Vermögen des Dr.Max H***** bzw der Witwe und Alleinerbin Elfriede H***** als deren Machthaber zu verfügen, nicht aber, daß er Dritten gegenüber tatsächlich als Machthaber der Genannten aufgetreten ist, geschweige denn, daß er dabei seine Vertretungsmacht wissentlich mißbraucht, also eine im Außenverhältnis den Machtgeber bindende Vermögensverfügung in dem Bewußtsein getroffen hätte, daß er dazu im Innenverhältnis nicht berechtigt war. Nach den Urteilsausführungen hat es vielmehr den Anschein, als hätte der Angeklagte, ohne daß es dazu des Einsatzes seiner Vertretungsmacht bedurft hätte, ein Gut, das ihm persönlich anvertraut worden ist, nämlich den Betrag von 5,946.634,22 S, sich mit dem Vorsatz zugeeignet, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern, wodurch aber der Tatbestand des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB erfüllt wäre. Dem steht keineswegs entgegen, daß der Angeklagte aus den übernommenen Geldern auftragsgemäß zum Teil Rechnungen für Elfriede H***** bezahlt hat, kann doch ein Anvertrauen im Sinne des § 133 StGB auch mit der Verpflichtung verbunden sein, das anvertraute Gut an Dritte weiterzuleiten. Dadurch allein wird der Gewahrsamsträger noch nicht zum Machthaber (zur Abgrenzung von Veruntreuung und Untreue siehe Kienapfel BT II3 RN 105 ff; Leukauf-Steininger Komm3 RN 49 ff; Bertel-Schwaighofer BT1 RN 8 f; Liebscher in WK Rz 31 ff, jeweils zu § 153).

Eine Entscheidung in der Sache selbst konnte mangels eindeutiger und ausreichender Feststellungen in der einen oder anderen Richtung noch nicht ergehen, weshalb das Urteil zur Gänze zu kassieren und ein zweiter Rechtsgang anzuordnen war (§ 288 Abs 2 Z 3 StPO).

Damit sind die beiderseitigen Berufungen gegenstandslos.

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