Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Text
Gründe:
Friedrich Martin L***** wurde gemäß § 21 Abs 1 StGB in eine Anstalt für geistig-abnorme Rechtsbrecher eingewiesen, weil er in einem der Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustand (§ 11 StGB), der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht,
1.) am 14. Jänner 2002 in Grünau, seinen fünfjährigen Neffen Sebastian A***** durch die Äußerung: "Dich bring ich um", wobei er dem Kind eine Spielzeugpistole an den Kopf hielt und den Abzug betätigte, sohin mit dem Tod gefährlich bedroht, um Sebastian A***** und die anwesenden Angehörigen Marianne L***** und Gertraud P***** in Furcht und Unruhe versetzen,
2.) am 20. Jänner 2002 in Grünau seinen Schwager Alois A***** durch die am Telefon gemachte Äußerung: "Wenn mir nicht bald das St***** und die Baugründe vererbt werden, dann werde ich deine Frau und deinen Sohn beseitigen", nachdem er kurz zuvor zweimal zum Haus der Familie A***** gekommen war und am Zählerkasten einen Zettel mit dem Inhalt angebracht hatte: "... das St***** und die Gründe dazu (als Reserve) 2002 Notar bald - oder ich verliere nichts mehr, im Leben, aber manche später alles. Es ist als Versicherung im weitesten für die Zukunft für euch gedacht. Gefängnis ist eingeplant (mehrere)" und dabei Schweizerkracher abfeuerte, sohin durch gefährliche Drohung mit dem Tod zu einer Handlung zu nötigen versucht, nämlich die Übertragung der ihm vermeintlich zustehenden Eigentumsrechte an der angeführten Liegenschaft,
und hiedurch Taten begangen hat, die ihm wäre er zur Tatzeit zurechnungsfähig gewesen, als das Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 1. Fall StGB und das Verbrechen der versuchten schweren Nötigung nach §§ 15 Abs 1, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB zuzurechnen gewesen wären.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf Z 4, 5, 5a, 9 lit a und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO gestützte, vom Verteidiger gegen den Willen des Betroffenen, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde (§ 431 Abs 3 StPO, auch Ratz in WK-StPO § 282 Rz 31, 32) die jedoch fehl geht. Die vom Verteidiger erstattete Äußerung gem. § 35 Abs 2 StPO, dass der Betroffene bei Abgabe seines Rechtsmittelverzichts "das Urteil nicht verstanden habe", weshalb seine Erklärung nicht wirksam sei, ist damit gegenstandslos.
Die Verfahrensrüge (Z 4) moniert die Ablehnung der Vernehmung der Zeugin Mag. Charlotte A***** und Mag. Friedrich R***** (US 18 iVm S 287), welche "über die persönliche Entwicklung, insbesondere auch über das Verhalten des Betroffenen entsprechende Aussagen machen können".
Durch die Ablehnung dieses Beweisantrages wurden jedoch Verteidigungsrechte nicht beeinträchtigt. Abgesehen davon, dass der Beweisantrag kein bestimmtes Beweisthema enthält und auf einen unzulässigen Erkundungsbeweis abzielt, hätte er weitere Ausführungen darüber bedurft, aus welchen Gründen diese Zeugen über das Verhalten des Betroffenen andere Angaben machen könnten als solche entsprechend der Befundung durch den Sachverständigen; dass sie über das Agieren des Betroffenen gegenüber seiner Hauptzielgruppe, dem Familienkreis, brauchbare Angaben machen könnten, wurde nicht behauptet. Im Übrigen sind als "beantragte Zeugen" laut Einspruchsentscheidung ON 29 die im Unterbringungsantrag genannten zu verstehen.
Den weiteren Rügen wegen unterbliebener Einholung von Krankengeschichten des AKH Wien des Betroffenen aus den Jahren 2000/2001 und auf Beiziehung eines anderen Sachverständigen fehlt es an der prozessualen Voraussetzung: diese Anträge wurden nämlich im Einspruch gegen den Unterbringungsantrag gestellt, in der Hauptverhandlung jedoch nicht wiederholt.
Die Mängelrüge (Z 5) meint, dass die vom Betroffenen gebrauchte Spielzeugpistole, "auch wenn sie einer Waffe täuschend ähnlich sehe", nicht geeignet sei, bei jemandem Furcht und Unruhe hervorzurufen, widerspricht sich mit diesem Vorbringen selbst (vgl auch S 263 oben) und vernachlässigt hiezu die mit dem Ansetzen der Spielzeugpistole an den Kopf des Kindes verbundenen (drohenden) Äußerungen. Soweit die Beschwerde vorbringt, der Betroffene hätte das Kind nur "im Spaß" erschrecken wollen, und es hätte somit an der Ernstlichkeit der Drohung gefehlt, bekämpft sie nach Art einer unzulässigen Schuldberufung die diesbezügliche Beweiswürdigung der Tatrichter. Die Ausnahme der Ernstlichkeit der Drohung wurde mit ausführlichen Konstatierungen zur Tatsituation einwandfrei begründet. Gleiches trifft auf die Tatsachenrüge (Z 5a) zu, welche sich ebenfalls gegen den Bedeutungsinhalt der Drohungen richtet, jedoch keine sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der die Anlasstaten betreffenden Tatsachenfeststellungen aufzeigt.
Die Rechtsrüge nach Z 9 lit a StPO entbehrt ebenfalls einer prozessordnungsgemäßen Darstellung, weil sie einmal mehr die Richtigkeit der tatrichterlichen Feststellungen zu den Anlasstaten in Zweifel zieht.
Der unter Z 9 lit b erhobene Einwand, der Nichtigkeitswerber habe nicht vorsätzlich gehandelt, geht von anderem - und somit nicht prozesskonform - als den ausdrücklich getroffenen Feststellungen aus. Die weitere - inhaltlich einen Widerspruch in der Urteilsbegründung behauptende - Argumentation, dass die Konstatierung eines vorsätzlichen Handelns bei gleichzeitiger Annahme der Zurechnungsfähigkeit "kaum verständlich" sei, verwechselt die Fähigkeit, überhaupt einen Willen zu bilden, von jener, diesen (gebildeten) Willen verantwortlich an den Rechtsnormen auszurichten (Fuchs AT IV 169, 13 Os 77/01).
Die weitere Argumentation zur Gefährlichkeitsprognose, diese sei nicht richtig, ist (nur) ein Berufungsvorbringen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war demnach bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d), sodass über die Berufung das Oberlandesgericht Linz zu entscheiden hat (§ 285 i StPO).
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