OGH 13Os105/88

OGH13Os105/888.9.1988

Der Oberste Gerichtshof hat am 8.September 1988 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Brustbauer, Dr. Kuch und Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Manquet als Schriftführers in der Strafsache gegen Karl M*** wegen des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs 1, 2 und 3 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 6.Juni 1988, GZ 5 d Vr 3449/87-23, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Gemäß § 285 i StPO werden die Akten zur Entscheidung über die Berufung dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Text

Gründe:

Die Staatsanwaltschaft legte dem am 3.März 1960 geborenen Hilfsarbeiter Karl M*** schweren gewerbsmäßigen (richtig: gewerbsmäßig schweren) Diebstahl (§§ 127 Abs 1 und 2 Z. 3, 128 Abs 2, 130 Abs 1, zweiter Fall, StGB) von 31 Fenstern und 25 Türen im Wert von zusammen ca. 180.000 S zum Nachteil der Fa. H***, begangen in Wien zwischen 1984 und Juli 1986, zur Last (ON. 6). Das Schöffengericht erkannte den Angeklagten des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs 1, Abs 2 und Abs 3, letzter, gemeint:

vierter oder vorletzter Fall, StGB schuldig. Darnach hat er gewerbsmäßig zwischen Juni 1984 und Ende 1985 in Deutsch-Wagram 20 Türen und 13 Fenster in einem 25.000 S, nicht aber 500.000 S übersteigenden Wert, die Winfried H*** durch eine strafbare Handlung gegen fremdes Vermögen zum Nachteil der Fa. H*** erlangt hatte, durch Einlagerung im Keller seines Wohnhauses an sich gebracht und verheimlicht. In bezug auf die restlichen, von der Anklage erfaßten Fenster und Türen erging keine Entscheidung (siehe § 281 Abs 1 Z. 7 StPO). Mangels Anfechtung durch den Staatsanwalt ist dieser Teil der Anklage als durch rechtskräftigen Freispruch erledigt anzusehen (SSt. 24/1, EvBl 1959/68).

Rechtliche Beurteilung

Karl M*** ficht den Schuldspruch mit Nichtigkeitsbeschwerde aus § 281 Abs 1 Z. 4, 5, 5 a, 9 lit a und 10 StPO an.

Nicht berechtigt ist die Verfahrensrüge (Z. 4). In der Hauptverhandlung am 6.Juni 1988 änderte der Beschwerdeführer seine bisherige Verantwortung dahin, daß er drei Türen (eine M 60 und zwei M 70) von Walter W*** gekauft habe (S. 359). In der gleichen Hauptverhandlung beantragte der Verteidiger die Einvernahme des Zeugen W*** zum Beweis dafür, daß "die im Akt befindlichen, beim Angeklagten sichergestellten zwei M 70 R Türen sowie eine M 60 L Tür durch den Angeklagten ordnungsgemäß von Herrn Walter W*** bezogen und auch an diesen bezahlt wurden" (S. 374). Das Schöffengericht wies mit Zwischenerkenntnis gemäß § 238 StPO diesen Antrag ab, weil die Einvernahme des Zeugen W*** zur Klärung der Schuldfrage nicht erforderlich sei und nur eine weitere Verzögerung des Verfahrens bewirken würde (S. 378). In den Gründen des Urteils wird hiezu ergänzend ausgeführt, unter den beim Nichtigkeitswerber sichergestellten Türen und Fenstern - und nur diese seien Gegenstand des Schuldspruchs - befänden sich keine zwei M 70 R und auch keine M 60 L Tür (S. 389). Da sohin die im Beweisantrag genannten Türen erklärtermaßen nicht vom Schuldspruch erfaßt sind, wurden durch die Ablehnung der begehren Beweisaufnahme Verteidigungsrechte nicht verkürzt.

Unbegründet ist auch die Mängelrüge (Z. 5), weil sie keinen Begründungsmangel bezüglich entscheidungswesentlicher Tatsachen aufzuzeigen vermag. Warum gerade im gegenständlichen Fall eine Detaillierung der vom Schuldspruch erfaßten Türen und Fenster geboten gewesen wäre, wird nicht zur Darstellung gebracht. Hinweise in der Beschwerde auf die vom Zeugen K*** vorgenommene Artikelbezeichnung (S. 73 bis 75) sowie auf die Aussagen der Zeugen Leopoldine M***, Christine S***, Ernst P***, Marek D***, Karl L***, Johann M*** und Johann K***, aus denen sich die Möglichkeit ergibt, daß die verfahrensgegenständlichen Türen und Fenster in den Abverkauf der Fa. H*** gelangten und demnach redlich erworben sein konnten, erweisen sich in Wahrheit als unzulässiger Angriff auf die schöffengerichtliche Beweiswürdigung. Daß das Erstgericht nicht begründet hat, weshalb es dem Angeklagten die Einlagerung der Türen und Fenster bei seiner Mutter nicht als Hehlerei angelastet hat (womit diese Nichterledigung der Anklage als Freispruch anzusehen ist), gereicht dem Beschwerdeführer nicht zum Nachteil.

Unzutreffend ist der Einwand, dem Urteil sei nicht zu entnehmen, auf Grund welcher Umstände das Gericht zur Überzeugung gelangte, daß die urteilsgegenständlichen Sachen durch eine mit Strafe bedrohte Handlung gegen fremdes Vermögen zum Nachteil der Fa. H*** erlangt worden seien; insbesondere werden Tatzeitpunkt und Täter vermißt.

Das Schöffengericht hat festgestellt, daß die im Spruch angeführten Türen und Fenster Winfried H*** durch eine strafbare Handlung zum Nachteil der Fa. H*** erlangt hat (S. 384). Es hat diese Annahme - der Beschwerde zuwider - zutreffend begründet (S. 387, zweiter Absatz). Wann allerdings Winfried H*** selbst das vom Beschwerdeführer verhehlte Gut in Besitz genommen hat, ist nicht entscheidend und brauchte folglich nicht festgestellt zu werden. Keineswegs aktenwidrig ist die Urteilsannahme, der Rechtsmittelwerber hätte in der Hauptverhandlung vom 11.Februar 1988 zugegeben, "gewußt" zu haben, daß die Sachen gestohlen seien (S. 385, erster Absatz). Findet doch diese Konstatierung in der - wenn auch später widerrufenen (S. 356, 358) - Verantwortung des Nichtigkeitswerbers im Protokoll über die erwähnte Hauptverhandlung (S. 306 oben i.V.m. S. 355 unten) volle Deckung. Die in der Beschwerde aufgestellte Behauptung, der Angeklagte hätte "nur den Vorhalt des Richters bestätigt - es wäre sinnwidrig, davon auszugehen, daß der Angeklagte nunmehr seine Kenntnis zugibt, wenn er wiederholt ausgeführt hat, daß er vom unredlichen Erwerb keine Kenntnis hatte", ist angesichts der klaren Einlassungen S. 306 oben mit S. 355 unten, nicht verständlich.

Dabei ist der im forensischen Alltag nicht seltene Widerruf dieses Geständnisses auf S. 356, 358 in der Beurteilung seiner Beweiskraft hier auch nicht im Rahmen der Z. 5 a zu erörtern. Der betreffenden Rüge gebricht es nämlich an Hinweisen, woraus sich ergäbe, daß das Gericht seine Pflicht zur amtswegigen Erforschung der materiellen Wahrheit in einer Weise vernachlässigt habe, daß hiedurch gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrundegelegten entscheidenden Tatsachen erhebliche Bedenken erweckt werden müßten (vgl. 11 Os 44/88, 12 Os 53/88, 13 Os 68/88). Die Rechtsrüge (Z. 9 lit a) läßt eine prozeßordnungsgemäße Ausführung vermissen, weil sie nicht den Urteilssachverhalt mit dem darauf angewendeten Strafgesetz vergleicht. Sie moniert mangelnde Feststellungen zur subjektiven Tatseite und zur gewerbsmäßigen Tatbegehung.

Das Schöffengericht hat beim Beschwerdeführer bedingt vorsätzliches Wissen um die unredliche Herkunft der Türen und Fenster angenommen, weil er aus Gesprächen mit Arbeitskollegen von "unreellen Geschäften" des H*** erfahren hat und "damals auch bereits den Verdacht hegte, daß er die Ware gestohlen hat" (S. 384 f. mit Beziehung auf S. 121 und 306). Ausdrücklich stellt das Urteil abschließend zur subjektiven Tatseite fest, daß der Nichtigkeitswerber die Herkunft dieser Sachen aus einem Vermögensdelikt zumindest ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden hat (S. 390). Aus der Zitierung der Seite 121 in den Entscheidungsgründen (S. 384 unten) erhellt, daß sich das Wort "damals" auf die Tatzeit und das vorausgegangene Jahr bezieht. All diese Feststellungen aber negiert die Beschwerde, wenn sie ausführt, unreelle Geschäfte müßten nicht jene sein, die § 164 StGB zugrundezulegen seien und "damals" sei keine ausreichende Urteilsannahme betreffend den Zeitpunkt, zu dem der Rechtsmittelwerber Verdacht gehegt hat.

Unsubstantiiert bleibt die Rechtsrüge, sofern sie "Feststellungen" vermißt, "weshalb" der Tatbestand nach § 164 Abs 1 Z. 2 StGB als erwiesen angenommen wurde, denn sie vermengt Feststellungen (die als erwiesen angenommenen Tatsachen) mit den Überlegungen, aus welchen der Gerichtshof die tatbestandsessentiellen Sachverhaltselemente als bewiesen angesehen hat.

§ 164 Abs 1 Z. 3 StGB wird dem Angeklagten nicht angelastet, daher wären Urteilsfeststellungen in dieser Richtung geradezu widersinnig gewesen. Letztlich behauptet die Rechtsrüge Feststellungsmängel in bezug auf gewerbsmäßige Tatbegehung. Dabei übergeht sie aber die Konstatierung, daß der Beschwerdeführer die strafbaren Handlungen in der Absicht vorgenommen hat, sich durch ihre wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (S. 385, zweiter Absatz).

Gleichfalls prozeßordnungswidrig ausgeführt ist die Subsumtionsrüge (Z. 10). Wenn zum Teil vorgebracht wird wie in der Rechtsrüge, genügt ein Hinweis auf die obigen Erwiderungen. Sofern jedoch die Heranziehung des Fahrlässigkeitstatbestands des § 165 StGB angestrebt wird, übergeht die Beschwerde die schon zuvor zur Z. 9 lit a zitierten Urteilsfeststellungen Seiten 384, 385, 390 bezüglich des bedingten Vorsatzes des Angeklagten.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils gemäß § 285 Abs 1 Z. 2 StPO als offenbar unbegründet, teils gemäß § 285 d Abs 1 Z. 1 StPO i.V.m. § 285 a Z. 2 StPO als nicht gesetzmäßig ausgeführt schon in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

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