OGH 13Os105/17s

OGH13Os105/17s11.10.2017

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. Oktober 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Wetter als Schriftführer im Verfahren zur Unterbringung des Oskar H***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 6. Juli 2017, GZ 26 Hv 41/17z‑43, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0130OS00105.17S.1011.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde gemäß § 21 Abs 1 StGB die Unterbringung des Oskar H***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher angeordnet.

Danach hat er am 4. August 2015 in L***** unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustands (§ 11 StGB), der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad, und zwar paranoider Schizophrenie, beruht, den Polizeibeamten Horst E***** mit Gewalt an einer Amtshandlung, nämlich seiner Anhaltung, Personenkontrolle, Vernehmung und Festnahme, zu hindern versucht, indem er ihn zur Seite drängte sowie wiederholt von sich stieß,

und hiedurch das Vergehen des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 erster Fall StGB begangen.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus „Z 5 und 5 a (iVm Z 11)“ des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen geht fehl.

Die Beschwerde wendet sich ausschließlich gegen die vom Erstgericht angestellte Gefährlichkeitsprognose.

Allfällige Fehler der diesbezüglichen Entscheidung ressortieren im System der Nichtigkeitsgründe in den Regelungsbereich des zweiten Falles des § 281 Abs 1 Z 11 StPO. Konkret liegt Nichtigkeit aus Z 11 zweiter Fall dann vor, wenn die Prognoseentscheidung zumindest eine der in § 21 Abs 1 StGB genannten Erkenntnisquellen (Person, Zustand des Rechtsbrechers und Art der Tat) vernachlässigt oder die aus diesen Erkenntnisquellen gebildete Feststellungsgrundlage die Prognoseentscheidung als willkürlich erscheinen lässt (RIS‑Justiz RS0113980 und RS0118581; Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 715–718), was hier nicht behauptet wird.

Eine Bekämpfung aus Z 5 oder 5a des § 281 Abs 1 StPO steht in Verbindung mit dem ersten Fall, nicht jedoch mit dem – hier der Sache nach angesprochenen – zweiten Fall des § 281 Abs 1 Z 11 StPO offen (RIS‑Justiz RS0118581; Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 669). Die aus dem Blickwinkel von Mängel‑ und Tatsachenrüge erhobene Kritik an der Prognoseentscheidung geht somit schon im Ansatz fehl.

Hinzugefügt sei, dass der wiederholt vorgetragene Einwand, das Erstgericht habe im Rahmen der Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) nicht auf Einschätzungen von Zeugen Bedacht genommen, das Wesen des Zeugenbeweises verkennt. Gegenstand dieses Beweises sind nämlich nur Wahrnehmungen von Tatsachen, nicht jedoch Schlussfolgerungen oder Wertungen (EvBl 1992/189, 797; RIS‑Justiz RS0097540; Kirchbacher , WK‑StPO § 154 Rz 7 f).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

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