Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Sunday Okoli O***** wird zurückgewiesen.
Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde (§ 290 Abs 1 StPO) wird das angefochtene Urteil, dass im Übrigen unberührt bleibt, in Ansehung des Schuldspruches I. in der rechtlichen Unterstellung der festgestellten Tatsachen unter § 28 Abs 3 erster Fall SMG und demzufolge im Strafausspruch sowie im Umfang der Entscheidung über die Abschöpfung der Bereicherung gemäß § 20 Abs 1 Z 1 StGB (nicht aber hinsichtlich des Beschlusses auf Einziehung des sichergestellten Suchtmittels nach § 34 SMG) aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung verwiesen.
Dem Angeklagten fallen auch die auf seine erfolglose Nichtigkeitsbeschwerde entfallenden Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Sunday Okoli O***** wurde des Verbrechens (richtig der Verbrechen) nach § 28 Abs 2 vierter Fall und Abs 3 erster Fall SMG (I.) und des Vergehens nach § 27 Abs 1 (zu ergänzen zweiter Fall) SMG (II.) schuldig erkannt. Danach hat er in Graz den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift
I. in einer großen Menge (§ 28 Abs 6 SMG) gewerbsmäßig in Verkehr gesetzt, indem er
1. im Zeitraum Ende November 2002 bis Ende Jänner 2003 insgesamt zumindestens 60 Gramm Heroin und 2 Gramm Kokain an Arno S*****,
- 2. Anfang Jänner 2003 insgesamt 2 Gramm Heroin an Oliver G*****,
- 3. im Zeitraum Oktober 2002 bis 20. Jänner 2003 ca 120 Gramm Heroin an Hans Oliver M***** und
4. im Zeitraum Juli/August 2002 bis 25. Jänner 2003 insgesamt 40 Gramm Heroin an Wilhelm R***** gewinnbringend verkaufte;
II. am 30. Jänner 2003 besessen, indem er ein Gramm Heroin mit sich führte.
Rechtliche Beurteilung
Der aus Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu. Die Mängelrüge (Z 5) erschöpft sich zunächst im unzulässigen Versuch, die Glaubwürdigkeit der den Angeklagten belastenden Zeugen in Frage zu stellen und die von den Tatrichtern als nicht überzeugend bewertete eigene leugnende Verantwortung in den Vordergrund zu rücken, ohne eine Undeutlichkeit im Sinne der geltend gemachten Z 5 (erster Fall) aufzuzeigen. Das Schöffengericht setzte sich entgegen den inhaltlich eine Unvollständigkeit (Z 5 erster Fall) vorbringenden Beschwerde mit der leugnenden Einlassung des Angeklagten, insbesondere auch mit seiner Behauptung, in Graz gebe es viele Schwarzafrikaner, die von Europäern nicht unterschieden werden können, umfassend auseinander, schenkte ihr aber in Anbetracht der übereinstimmenden Angaben der als Zeugen vernommenen Suchtgiftkonsumenten keinen Glauben (US 7 f). Soweit der Beschwerdeführer erstmals im Rechtsmittel ausführt, dass die vom Zeugen S***** als bloß einer (und daher iSd § 281 Abs 1 Z 5 und 5a StPO nicht erheblicher; vgl Ratz in WK-StPO § 281 Rz 409 f) der Anhaltspunkte für die Wiedererkennung genannten auffälligen Narben des Angeklagten ein in Nigeria verbreitetes Stammeskennzeichen seien, bringt er eine im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde unzulässige Neuerung vor, auf die nicht weiter einzugehen war. Die Tatsachenrüge (Z 5a) wiederholt lediglich die bereits in der Mängelrüge vorgetragene Beweiswürdigungskritik, ohne sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrundegelegten entscheidenden Tatsachen aufzuzeigen.
Die teils nicht prozessordnungsgemäß ausgeführte, teils offenbar unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - bereits bei nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§ 285a Abs 1 Z 1 und Z 2 StO).
Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde war jedoch - wie von der Generalprokuratur zutreffend angeregt - gemäß § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO von Amts wegen der dem Angeklagten zum Nachteil gereichende Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 10 StPO wahrzunehmen, weil die Feststellungen des Erstgerichtes keine ausreichende Grundlage für eine rechtliche Beurteilung als gewerbsmäßige Begehung der Tat bieten.
Insoweit konstatierte das Schöffengericht lediglich die nicht weiter substantiierte Absicht des Angeklagten, sich durch die wiederkehrende Begehung derartiger (in Detailverkäufen abgewickelter) Suchtgiftgeschäfte eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (US 5 und 8). Zugleich hielt das Erstgericht fest, dass der zumindest bedingte Vorsatz des Angeklagten auch den an die bewusst kontinuierliche Begehung geknüpften Additionseffekt mitumfasste, weshalb die Mengen der einzelnen Tathandlungen zusammenzuzählen waren (US 9).
Für die Erfüllung der Qualifikation nach § 28 Abs 3 erster Fall SMG fordert das Gesetz, dass der Täter in der Absicht handelt (§ 5 Abs 2 StGB), sich durch wiederkehrendes Inverkehrsetzen einer jeweils großen Menge (das ist die in § 28 Abs 2 SMG bezeichnete Tat) eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Unerheblich ist dabei jedoch, ob die von der Absicht des Täters auf fortlaufende Einnahmegewinnung umfassten großen Suchtgiftmengen auf einmal oder bewusst kontinuierlich in Teilmengen in Verkehr gesetzt werden sollen. Es kann daher auch ein fortlaufendes - der Zielsetzung des § 70 StGB entsprechendes - Tatgeschehen, bei dem die Grenzmenge überschritten wurde, dem § 28 Abs 3 erster Fall SMG zu unterstellen sein, sofern der qualifizierte (§ 5 Abs 2 StGB) Vorsatz des Täters beim Inverkehrsetzen kleiner, unter der Grenzmenge iSd § 28 Abs 6 SMG liegender Suchtgiftmengen darauf gerichtet war, die Tat durch weitere Teilakte, die jeweils zur Summierung des Suchtgiftes zu großen Mengen führen sollen, zu wiederholen (vgl 13 Os 10/03; 11 Os 145/02; 14 Os 166, 167/01; 15 Os 139/00). Mit dem einer Subsumtion unter den Grundtatbestand des § 28 Abs 2 SMG genügenden, auf den Additionseffekt bezogenen bedingten Vorsatz brachte das Erstgericht jedoch die zur Annahme der Qualifikation nach § 28 Abs 3 erster Fall SMG erforderliche (von Anfang an bestehende) Absicht, sich durch wiederkehrendes Inverkehrsetzen zwar nicht im Einzelnen die Grenzmenge iSd § 28 Abs 6 SMG erreichender, aber in Summe jeweils großer Suchtgiftmengen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, nicht zum Ausdruck. Daher war der Schuldspruch I. in Ansehung der vom Erstgericht angenommenen Gewerbsmäßigkeitsqualifikation aufzuheben und in diesem Umfang die Verfahrenserneuerung anzuordnen. Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf dieses kassatorische Erkenntnis zu verweisen.
Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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