Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Milos R***** jeweils mehrerer Verbrechen der Vergewaltigung nach §§ 201 Abs 1, 15 StGB, in einem Fall nach § 201 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB, in zwei weiteren Fällen nach § 201 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB (I und II), der Vergewaltigung nach §§ 201 Abs 2, 15 StGB idF BGBl 1989/242, in einem Fall nach § 201 Abs 2 und Abs 3 erster und zweiter Fall StGB idF BGBl 1989/242 (III) sowie mehrerer (richtig:) Vergehen der geschlechtlichen Nötigung nach §§ 202 Abs 1, 15 StGB idF BGBl 1989/242 (IV) schuldig erkannt.
Danach hat er an verschiedenen Orten im Bezirk Bregenz
(I) von 1984 bis 1989 Violeta R***** (nunmehr Re*****) mit Gewalt oder durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) mehrfach, zeitweise fast täglich, zur Duldung des Beischlafs genötigt oder zu nötigen versucht, indem er sie jeweils gegen ihren Widerstand festhielt, sie fallweise schlug oder ihr ein Messer vorhielt und dann gegen ihren Willen mit ihr den Vaginalverkehr vollzog oder zu vollziehen versuchte, wobei eine der Taten eine schwere Körperverletzung im Sinn einer länger als 24 Tage dauernden Gesundheitsschädigung, nämlich eine posttraumatische Belastungsstörung und eine andauernde Persönlichkeitsänderung durch Extrembelastung und zwei weitere Taten Schwangerschaften zur Folge hatten;
(II) von 1990 bis 1996 Silvana S***** durch gegen sie gerichtete Drohungen mit gegenwärtiger schwerer Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB), nämlich durch Vorhalten oder Ansetzen eines Messers, in einem Fall auch durch im Urteil näher bezeichnete verbale Drohung, in mehr als zehn Fällen zur Duldung des Beischlafs genötigt oder zu nötigen versucht;
(III) von 1990 bis 1996 außer dem Fall des Abs 1 (des § 201 StGB idF BGBl 1989/242) Silvana S***** mehrfach, zeitweise fast täglich, dadurch, dass er sie gegen ihren Widerstand festhielt, ihre Beine gewaltsam auseinander drückte, sie an den Haaren zog und teilweise kräftig schlug, mit Gewalt zur Duldung des Beischlafs oder dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlungen genötigt, indem er seinen Penis ein Stück weit in ihre Scheide einführte, wo er auch ejakulierte, einen Finger einführte sowie den Analverkehr mit ihr vollzog, oder zu nötigen versucht, wobei Silvana S***** anlässlich einer Tat durch über eine halbe Stunde fortgesetzte Schläge mit den Fäusten gegen ihren Kopf und zweimaligen Vollzug des Vaginalverkehrs längere Zeit hindurch in einen qualvollen Zustand versetzt wurde und die Tat eine schwere Körperverletzung im Sinn einer länger als 24 Tage dauernden Gesundheitsschädigung in Form posttraumatischer Belastungsstörungen und Angststörungen zur Folge hatte;
(IV) von 1990 bis 1996 Silvana S***** außer den Fällen des § 201 StGB (idF BGBl 1989/242) mehrfach, zeitweise fast täglich, dadurch, dass er sie gegen ihren Widerstand festhielt, ihre Beine auseinander drückte, sie an den Haaren zog und sie schlug, mit Gewalt zur Vornahme oder Duldung geschlechtlicher Handlungen genötigt, indem er seinen Penis bis zum Samenerguss an ihrer Scheide rieb, ihre Hand gewaltsam zu seinem Penis führte, an dem sie Onanierbewegungen durchführen musste, oder sie im äußeren Scheidenbereich massierte, oder zu nötigen versucht.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 3 sowie 9 lit a und b StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten schlägt fehl.
Entgegen der Verfahrensrüge (Z 3) liegt im Ausschluss der Öffentlichkeit zu Beginn der Hauptverhandlung (ON 141 S 2) kein Nichtigkeit begründender Verstoß gegen § 228 StPO. Bei Prüfung der tatsächlichen Voraussetzungen der kritisierten (hier ersichtlich auf § 229 Abs 1 Z 2 StPO gestützten) Beschlussfassung ist auf deren Zeitpunkt abzustellen. Eine Erörterung des persönlichen Lebensbereichs des Angeklagten und der Opfer durch die bevorstehende Vernehmung des Angeklagten und die in Aussicht genommenen Beweisaufnahmen war vom Erstgericht damals schon mit Blick auf den Verhandlungsgegenstand zwanglos anzunehmen. Die (erkennbar) herangezogene Sachverhaltsgrundlage wird vom Beschwerdeführer (zu Recht) gar nicht bekämpft (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 49 f und 256). Ob die unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchgeführten Verfahrensschritte tatsächlich den von § 229 Abs 1 Z 2 StPO angesprochenen Inhalt hatten, ist aber unter dem Aspekt der Z 3 ebenso unbeachtlich (RIS-Justiz RS0098875, RS0098868) wie übrigens der - hier ohnehin nicht kritisierte - Umstand, dass laut Protokoll über die Hauptverhandlung der Beschluss nicht samt Gründen (vgl § 229 Abs 3 StPO) verkündet wurde (vgl RIS-Justiz RS0098132, RS0109959).
Die Behauptung der Rechtsrüge (Z 9 lit a), „den Tatbestand des § 201 StGB“ habe es im zum Schuldspruch I maßgeblichen Tatzeitraum „nicht gegeben“, ist unverständlich. Die daraus abgeleitete Forderung nach einem (Teil-)Freispruch entfernt sich von den Feststellungen, wonach der Beschwerdeführer (auch) sämtliche Elemente des damals in Geltung stehenden Tatbestands der Notzucht nach § 201 StGB idF BGBl 1974/60 (einschließlich der Qualifikationen des Abs 2 erster und zweiter Fall) erfüllte (US 10). Die Anwendung des § 201 StGB idgF ist Folge des auf dieser Grundlage gemäß §§ 1, 61 StGB vorgenommenen Günstigkeitsvergleichs (US 34 ff).
Der - im Übrigen auch § 58 Abs 2 StGB vernachlässigende - Einwand, die vom Schuldspruch I erfassten Taten seien „als schwere Nötigung gemäß § 106 StGB“ oder als „Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen gem § 85 StGB“ zu qualifizieren, weshalb sie „gemäß § 57 Abs 3 StGB verjährt“ seien, bleibt gleichermaßen ohne Bezug zum Urteilssachverhalt und entzieht sich daher einer inhaltlichen Erwiderung.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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