OGH 13Os100/92

OGH13Os100/9226.8.1992

Der Oberste Gerichtshof hat am 26.August 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kießwetter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hörburger, Dr.Kuch, Dr.Rzeszut und Dr.Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Hetlinger als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Klaus Ludwig P***** wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach dem § 88 Abs. 1 StGB über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen die Entscheidung des Bezirksgerichtes Hernals vom 13.Dezember 1991, GZ 10 U 953/91-3, in öffentlicher Verhandlung nach Anhörung des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Presslauer, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die gemeinsam mit der Strafverfügung vom 13.Dezember 1991, GZ 10 U 953/91-3, getroffene Entscheidung des Bezirksgerichtes Hernals über das Unterbleiben des Widerrrufs der dem Klaus Ludwig P***** im Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 2.August 1988, GZ 37 Vr 1236/87-50, gewährten bedingten Strafnachsicht und über die Verlängerung der Probezeit auf fünf Jahre verletzt das Gesetz in dem sich aus dem § 498 StPO ergebenden Verbot, nach (wenn auch noch nicht rechtskräftiger) Beschlußfassung über die Endgültigkeit der Strafnachsicht (außerhalb eines diesen Beschluß betreffenden Verfahrens) in der Sache nochmals zu entscheiden.

Diese gemeinsam mit der unberührt bleibenden Strafverfügung ergangene Entscheidung wird aufgehoben, und es wird der Antrag des Bezirksanwaltes beim Bezirksgericht Hernals vom 6.Dezember 1991, GZ 10 U 953/91-1, auf Verlängerung der Probezeit abgewiesen.

Text

Gründe:

I./ Klaus Ludwig P***** wurde mit dem rechtskräftigen Urteil des Einzelrichters des Landesgerichtes Innsbruck vom 2.August 1988, GZ 37 Vr 1236/87-50, wegen des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 2 StGB unter Anwendung des § 43 a Abs. 2 StGB zu einer Geldstrafe sowie einer gemäß § 43 Abs. 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten verurteilt. (Bei diesem Strafausspruch wurde der vom Gericht ebenfalls zitierte § 37 StGB ersichtlich nicht angewendet und außerdem entgegen § 19 Abs. 3 StGB die Festsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe unterlassen.)

Mit Beschluß vom 25.Oktober 1991, GZ 37 Vr 1236/87-65, erklärte das Landesgericht Innsbruck die bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten für endgültig nachgesehen. Der Aktenlage zufolge wurde diese Entscheidung der zuvor angehörten Staatsanwaltschaft (S 210) zunächst nicht zugestellt, weshalb die Beschlußfassung vorläufig keine Rechtskraft erlangte. Die Zustellung erfolgte erst mit Wirkung vom 27.Februar 1992 durch Aktenübersendung unter Bezugnahme auf die Urschrift des Beschlusses (S 212). Danach wurde der Beschluß mit Ablauf der Beschwerdefrist rechtskräftig.

II./ Am 13.Dezember 1991 erließ das Bezirksgericht Hernals gegen Klaus Ludwig P***** wegen einer am 2.Juli 1991 begangenen fahrlässigen Körperverletzung nach dem § 88 Abs. 1 StGB die in Rechtskraft erwachsene Strafverfügung GZ 10 U 953/91-3, mit welcher eine Geldstrafe verhängt wurde. Gleichzeitig traf das Bezirksgericht Hernals im Sinne des § 494 a Abs. 6 StPO die Entscheidung, vom Widerruf der bedingten Nachsicht im Verfahren AZ 37 Vr 1236/87 des Landesgerichtes Innsbruck ausgesprochenen Freiheitsstrafe abzusehen und die dort bestimmte Probezeit auf fünf Jahre zu verlängern. Vor der Entscheidung hatte das Bezirksgericht sich (entgegen der Vorschrift des § 494 a Abs. 3 StPO) keine Kenntnis davon verschafft, ob die bedingte Strafnachsicht endgültig geworden war.

Rechtliche Beurteilung

III./ Die Entscheidung des Bezirksgerichtes Hernals über das Absehen vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht und die Verlängerung der Probezeit verstieß gegen die vom Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 25.Oktober 1991, GZ 37 Vr 1236/87-65, über die Endgültigkeit der bedingten Strafnachsicht ausgehende rechtliche Sperrwirkung. Dieser Beschluß war bereits ab seiner Erlassung insoweit mit Bindungswirkung ausgestattet, als er nur mehr der Behebung oder Abänderung im Wege der in den Prozeßgesetzen vorgesehenen Rechtsmittel (oder Rechtsbehelfe) unterlag, weswegen weder das erkennende, noch ein anderes Gericht ohne vorangegangene Kassation dieses Feststellungsbeschlusses über den Entscheidungsgegenstand neuerlich absprechen durfte (JBl 1989, 400 = EvBl 1989/64; 15 Os 117/91).

Demgemäß durfte das Bezirksgericht Hernals trotz des Umstandes, daß es Klaus Ludwig P***** wegen einer Straftat verurteilte, die während der mit Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 2.August 1988, GZ 37 Vr 1236/87-50, bestimmten Probezeit verübt worden war, eine die in diesem früheren Verfahren gewährte bedingte Strafnachsicht betreffende Entscheidung nicht mehr vornehmen. Mit der Feststellung der Gesetzesverletzung war die dem Verurteilten zum Nachteil gereichende Entscheidung ersatzlos aufzuheben.

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