OGH 13Ns16/06s

OGH13Ns16/06s3.5.2006

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. Mai 2006 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Ratz, Hon. Prof. Dr. Schroll, Mag. Hetlinger und Mag. Lendl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Dachler als Schriftführerin in der Privatanklagesache des Privatanklägers Klaus E***** gegen Hon. Prof. Dr. Konrad Brustbauer und andere wegen § 111 Abs 1 StGB, AZ 17 U 113/06s des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien, über den Ablehnungsantrag des Klaus E***** in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Antrag wird, soweit davon der gesamte Oberste Gerichtshof (einschließlich seines Präsidenten) betroffen ist, als unzulässig zurückgewiesen.

Die Ablehnung des Oberlandesgerichtes Wien (einschließlich seines Präsidenten) ist nicht zulässig.

Zur Entscheidung über die Ablehnung anderer Gerichte im Sprengel des Oberlandesgerichtes Wien werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Text

Gründe:

Klaus E***** erklärte im Zusammenhang mit einer von ihm gegen die „Bediensteten des Obersten Gerichtshofes Konrad Brustbauer, Gunther Rouschal, Thomas Philipp, Hans Valentin Schroll und Kurt Kirchbacher" erhobenen Privatanklage wegen § 111 StGB unter anderem die Ablehnung „der im Raum Wien, Niederösterreich und Burgenland gelegenen Gerichte und Instanzen, also einschließlich des in Wien als Dienststelle von Brustbauer, Rouschal, Philipp, Schroll und Kirchbacher ansässigen Obersten Gerichtshofes im Sinne der §§ 72 ff StPO". Zur Begründung führte er zusammengefasst aus, die Genannten hätten in der zu 13 Ns 82/05w-5 ergangenen Entscheidung des Obersten Gerichtshofes „die Privatanklage gegen die Straftäterin Ulrike Psenner, über die sie im Rahmen des Beschlusses keinerlei inhaltliche Absprache- und Beurteilungskompetenz hatten, ... nicht sachlich und wertfrei angeführt, sondern demonstrativ unter Anführungszeichen gesetzt und damit ein negativ wertendes, dem Privatankläger unehrenhaftes Verhalten unterstellendes Vorgehen gewählt sowie sich um eine präjudizierende Richtungsvorgabe gegenüber den (untergeordneten) Richtern bemüht, sodass eine unbefangene Vorgangsweise von Richtern niedrigerer Gerichte realistisch nicht erwartet werden könne (insbesonders nicht im Raum Wien, Niederösterreich und Burgenland wegen einer dort stärkeren devoten Einstellung von Richterinnen und Richtern)". Der Oberste Gerichtshof (einschließlich seines Präsidenten) sei „weiters auch deshalb abzulehnen, weil von der Qualität verletzter Rechtsnormen her gesehen die verfassungswidrige Unterstützung für Verhetzungsinhalte (Minderwertigkeit des jüdischen Volkes, besondere jüdische Anfälligkeit für Geisteskrankheiten etc.) von Ulrike Psenner und Mittätern auffallend stark mitgetragen worden ist und sich der OGH-Vizepräsident Brustbauer mit Mittätern auffallend stark um die Vermittlung des Eindrucks bemüht, dass der Oberste Gerichtshof der Republik Österreich eisern hinter Psenner steht".

Rechtliche Beurteilung

Der Antrag auf (pauschale) Ablehnung aller Mitglieder des Obersten Gerichtshofs ist unstatthaft und war daher als unzulässig zurückzuweisen (Lässig, WK-StPO § 74 Rz 4).

Festzuhalten ist, dass durch den unzulässigen Ablehnungsantrag und seine Entscheidung die Frage einer allfälligen - sogar von amtswegen wahrzunehmenden (§ 70 StPO) - Ausschließung (§§ 67 f StPO) einzelner Mitglieder des Obersten Gerichtshofes im Privatanklageverfahren nicht berührt wird, weil eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst nicht heransteht.

Logische Voraussetzung für eine Ablehnung oder Ausschließung ist die Wirksamkeit des (der) betreffenden Organwalter(s) als Richter in dieser Sache (§ 68 StPO). In Ansehung des Oberlandesgerichtes Wien ist eine Zuständigkeit zur Entscheidung über die Zulässigkeit der Ablehnung der ihm untergeordneten Gerichtshöfe erster Instanz, insbesonders des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, welches wiederum (in einer Versammlung von drei Richtern als Ratskammer) über die Ablehnung des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien zu entscheiden hat (Lässig, WK-StPO § 74 Rz 2), aktuell gegeben (§ 74 Abs 2 zweiter Halbsatz StPO).

Gemäß § 72 Abs 1 StPO kann der Angeklagte Mitglieder des Gerichtes ablehnen, wenn er außer den in den §§ 67 bis 69 StPO bezeichneten Fällen (der Ausschließung) andere Gründe anzugeben und darzutun vermag, die geeignet sind, die volle Unbefangenheit des Abzulehnenden in Zweifel zu setzen. Diese Ablehnungsgründe müssen genau angegeben und nach Möglichkeit bescheinigt werden (§ 73 zweiter Satz StPO). Die Ablehnung eines Richters ist nur dann gerechtfertigt, wenn Umstände vorliegen, die aus objektiver Sicht zur Befürchtung Anlass geben, der Abgelehnte könnte sich bei seiner Entscheidung von anderen als sachlichen Gründen leiten lassen (RIS-Justiz RS0096774). In der Ablehnungserklärung werden jedoch keine konkreten Tatsachen angegeben, die geeignet wären, die volle Unbefangenheit von Richtern des Oberlandesgerichtes Wien oder dessen Präsidenten in Zweifel zu setzen (§ 72 Abs 1 StPO), weil die Behauptung zu erwartender Voreingenommenheit - insbesonders von Richterinnen und Richtern im Raum Wien, Niederösterreich und Burgenland wegen deren „stärker devoten Einstellung" - eine unsubstantiierte Pauschalverdächtigung darstellt, die jeder realen Grundlage entbehrt.

Die Ablehnung des Oberlandesgerichtes Wien (einschließlich seines Präsidenten) ist daher nicht zulässig.

Über die dem Oberlandesgericht Wien untergeordnete Gerichtshöfe I.Instanz (insbesondere das Landesgericht für Strafsachen Wien) betreffende Ablehnungserklärung wird der genannte Gerichtshof II.Instanz zu entscheiden haben (§ 74 Abs 2 zweiter Halbsatz StPO).

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